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Mittwoch, 06 Dezember 2023 10:59

Kolumne Anders gesehen: Widerstand!

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Geschätzte Lesezeit: 3 - 6 Minuten
Abb. 1: Aktivistengruppe ‚Anonymous‘ – eine neue Form des politischen Widerstands Abb. 1: Aktivistengruppe ‚Anonymous‘ – eine neue Form des politischen Widerstands Bild: David Shankbone/CC By 3.0 Deed

Politisch wird Widerstand als die Verweigerung des Gehorsams gegenüber der Obrigkeit beschrieben. Obgleich vorsichtig im Grundgesetz verankert, wird er von vielen Politikern nicht gerne erlebt, denn er rüttelt an ihrer Macht und ihrem Ansehen. Es liegt demnach in der Natur der Sache, wie Widerstand gesehen und beurteilt wird. Wer Widerstand in irgendeiner Form leistet, wird ihn anders sehen und bewerten als jener, der dem Widerstand ausgesetzt ist. Somit ist es meist eine Frage der Macht, wer dabei Gewinner und Verlierer ist. Es ist jedoch nicht unwahrscheinlich, dass beide Seiten am Ende als Verlierer dastehen. Nicht umsonst zeigt die mathematische Spieltheorie, dass Kooperation ‚besser' ist als Konfrontation. Elektrisch sieht die ganze Geschichte völlig anders aus …

In der Elektrik definiert der Quotient aus Spannung zu Stromstärke den elektrischen Widerstand, ein physikalisches Gesetz, das jedem Gymnasiasten wohl unter Ohms [1] Namen bekannt ist. Interessant für die Lötenden ist jedoch ein etwas anderer Zusammenhang, denn wenn durch den Strom im Widerstand (sprich z. B.: Draht) ein Spannungsabfall entsteht, wird elektrische Energie in thermische Energie umgesetzt. Der Draht erwärmt sich oder wird sogar heiß – bei Sicherungen brennt er letztendlich durch. Wo hinreichend viel Wärme entsteht kann man eventuell auch löten, sagen sich die Ingenieurinnen und schon haben sie das Widerstandslöten im Visier.

Abb. 2: Georg Simon Ohm (1789–1854)Abb. 2: Georg Simon Ohm (1789–1854)

plus 2023 11 051Abb. 3: Widerstandslötgerät – 100 Watt

Abb. 4: Widerstandslöten mehrerer Drähte an die Lötanschlüsse einer Schalteranordnung mittels LotdrahtAbb. 4: Widerstandslöten mehrerer Drähte an die Lötanschlüsse einer Schalteranordnung mittels Lotdraht

Abb. 5: Schematische Darstellung des Reflows mit alternierender elektromagnetischer StrahlungAbb. 5: Schematische Darstellung des Reflows mit alternierender elektromagnetischer StrahlungDazu wird ein elektrischer Strom direkt durch die beiden zu verbindenden Metallteile geleitet. Da die Menge des Stroms geregelt werden kann, bietet sich auch die Regelung der erzeugten Wärme an . Moderne Geräte erzielen so ausreichend hohe Temperaturen, um die meisten Lötlegierungen zu schmelzen und zum Fließen zu bringen. Inzwischen ist die Gesamtqualität und Wiederholbarkeit dieser Lötprozesse soweit verbessert worden, dass die Lötverbindungen fast völlig reproduzierbar sind und gleichzeitig wird die Wärme so lokalisiert, dass potenzielle thermische Schäden an hitzeempfindlichen Komponenten kaum mehr auftreten.

Lots in Form von Paste oder Vorformen werden zuerst in die Fügespalten gebracht und da sie fast immer den größten elektrischen Widerstand aufweisen schmelzen sie zuerst womit die Hitze gut lokalisierbar ist. Obgleich gelegentlich einige Stecker oder Pfosten auf Baugruppen mit Widerstand gelötet werden, bietet sich diese Technologie eher für Kabel, Verbindungen und ähnliche geometrische Anordnungen an, die separat gefertigt werden, also weitab von der empfindlichen Baugruppe. Hier ist Schnelligkeit und Qualität meist anderen Verfahren wie Flammen oder Lötkolben weit überlegen.

Zudem haben die Maschinenentwickler und Anbieter viel Aufmerksamkeit der Sicherheit eventueller Anwender gewidmet, sodass die kommerziell erhältlichen Geräte weitgehend unbedenklich in die Hände der Arbeiter übergeben werden können. Da aber viele Steckenpferdadepten ebenfalls diese Technologie – z. B. bei elektrischen Spielzeugen und Eisenbahnen – einsetzen, und dort sich Geräte selber basteln, muss die Möglichkeit eines Stromschlags immer im Auge behalten werden.

Eine verwandte Lötmethode ist das Induktionslöten. Verwandt deswegen, weil auch hier der Widerstand in der Lötverbindung genutzt wird. Simplifiziert erklärt sich der Vorgang dadurch, dass sich um einen Leiter, durch welchen Strom fließt ein Magnetfeld aufbaut (Ampère’sches Gesetz) [2]. Bewegt man einen anderen Leiter durch dieses Magnetfeld entstehen in diesem nun Wirbelströme. Man kann aber auch den Strom ändern, sodass sich dauernd Magnetfelder aufbauen und wieder zusammenbrechen. Ist dann der weitere Leiter nach wie vor in dem sich dauernd ändernden Magnetfeld, dann werden auch so Wirbelströme in ihm erzeugt. Hier kommt einem dann der Wechselstrom gelegen, der seine Richtung (Polung) schnell ändert und dafür sorgt, dass das umgebende Magnetfeld in Bewegung bleibt. Richtig gewählt entstehen die gewünschten Wirbelströme und im Zusammenspiel mit dem Widerstand in den Metallen und besonders dem Lot, entsteht dann die Wärme, die für das Schmelzen benötigt wird.

Abb. 6: Aus der Küche bekannt – InduktionsheizplattenAbb. 6: Aus der Küche bekannt – Induktionsheizplatten

In der Anwendung werden die Frequenzen grob in Mittelfrequenz (1000–10 000 Hz) und Hochfrequenz (0,1–5 MHz) eingeteilt, die natürlich weit von den 50 Hz entfernt sind, die man aus der europäischen Steckdose zapft. Je niedriger die Frequenz, desto tiefer dringt sie in das Metall ein. Hochfrequenzen erhitzen hauptsächlich nur die Oberfläche. Da der Erwärmungsvorgang direkt im Werkstück stattfindet, ist die mit Induktion erreichte Energiedichte bemerkenswert hoch: 104 W/cm2. Vergleicht man das mit der weitverbreiteten Konvektion: 0,5 W/cm2 oder Strahlung (Elektromuffelofen): 8 W/cm2 oder einem Lötkolben: 103 W/cm2 so ist es wenig erstaunlich, dass sich die Zeit für die Erstellung der Lötstelle stark verringert. Viel beim Erfolg der Induktionslötung hängt von der Induktionsspule ab. Je genauer sie an das vorliegende Problem angepasst wird, desto eher gelingt die Lötung ohne anderweitigen Schaden anzurichten. Hierzu muss man verstehen wie das Magnetfeld um die Spule geformt ist, sodass man es dorthin lenken kann wo man es haben will.

Induktionsspulen werden aus hochleitfähigen Kupferdrähten, -rohren oder -platten hergestellt je nach der Anwendung, der ausgewählten Frequenz, der Leistungsdichte und der angestrebten Heizzeit. Mit der Induktionsspule will man ein Magnetflussmuster erzeugen, sodass Wirbelströme im Werkstück entstehen und somit den zu lötenden Bereich der Baugruppe selektiv erwärmen.

Die Induktionsspule muss genau und reproduzierbar auf der Baugruppe positioniert werden, damit die angestrebte Erwärmung erreicht werden kann. Der Luft- bzw. Kopplungsraum zwischen Werkstück und Spuleninnerem sollte aus Effizienzgründen minimiert werden. Typische Konstruktionsspalte von 3,2 mm bis 6,3 mm sind für das Löten mit einer Spiralspule angemessen.

Obgleich die weit größte Anzahl an Induktionslötungen nichts oder kaum etwas mit der Baugruppe oder Elektronik zu tun hat, gibt es dennoch neben den Solarpanelen einige Beispiele, die Eigenschaften der Induktionslötung erfolgreich nutzten. Ein hoch interessantes neues Anwendungsgebiet istein innovatives Lot-Bumping-Verfahren mit lokaler Induktionserwärmung namens ISHR (Induction Self Heat Reflow). Damit kann man Lotbumps für die eutektischen SnPb-, SnAg- und SnAgCu-Lötkugeln auf dem Au/Ni/Cu-Pad herstellen ohne die Bauteile wie bei anderen Methoden thermisch zu belasten.

Abb. 7: Induktionslöten auf einer LeiterplatteAbb. 7: Induktionslöten auf einer Leiterplatte

Abb. 8: Gleichzeitiges Anlöten zweier SteckerAbb. 8: Gleichzeitiges Anlöten zweier Stecker

Abb. 9: Magnetisches Feld einer stromführenden SpuleAbb. 9: Magnetisches Feld einer stromführenden Spule

Prof. Armin Rahn

Zur Person

Prof. Rahn ist ein weltweit tätiger Berater in Fragen der Verbindungstechnologie. Sein Buch über ‚Spezielle Reflowprozesse‘ erschien beim Leuze Verlag. Er ist erreichbar unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, wohin auch Anfragen über In-Haus-Seminare gerichtet werden können.

Referenzen

[1] Georg Simon Ohm (1789–1854) deutscher Physiker. Er wies nach, dass in einem stromdurchflossenen metallischen Leiter die sich einstellende elektrische Stromstärke I dem Quotienten aus angelegter elektrischer Spannung U und dem jeweiligen elektrischen Widerstand R entspricht. Dieser physikalische Zusammenhang wird zu seinen Ehren als das Ohmsche Gesetz bezeichnet.
[2] André-Marie Ampère (1775–1836) französischer Mathematiker, Physiker, Chemiker und Philosoph.

Literatur

D. Marvin: How Induction Soldering Improves the Process and Quality of Coax and Interconnect Assembly, iTherm Technologies, 2014.
H.A. Chan; M.A. Oien: Localized Soldering By Inductive Heating, U.S. Patent US 4,983,804, December 21, 1989.
V. Nemkov; V. Vologdin: Inductors with Magnetic Flux Controllers for New Induction Brazing Installations'; Centre for Induction Technology, USA.
An Rong et al.: A New Solder Bumping Technology with Local Induction Heating, IEEE. 2005 6th International Conference on Electronic Packaging Technology.

Weitere Informationen

  • Ausgabe: 11
  • Jahr: 2023
  • Autoren: Prof. Armin Rahn

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