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Freitag, 24 November 2023 10:59

Die Zukunft der Leiterplatte ist dreidimensional – Bericht über das SGO-Leiterplattenseminar in Uitikon

von Heinrich Sturm
Geschätzte Lesezeit: 4 - 7 Minuten
Kontakte knüpfen und Netzwerken: Das SGO-Leiterplattenseminar in Uitikon, Schweiz, ist Pflichttermin für die Branche Kontakte knüpfen und Netzwerken: Das SGO-Leiterplattenseminar in Uitikon, Schweiz, ist Pflichttermin für die Branche

Auf dem ‚Traditionellen Leiterplattenseminar' in Uitikon wurden in diesem Jahr wieder aktuelle Trends und neue Produkte aus der PCB-Branche vorgestellt.

Romeo Premerlani, Organisator des SGO-LeiterplattenseminarsRomeo Premerlani, Organisator des SGO-LeiterplattenseminarsFragte man einzelne Besucher des traditionellen Leiterplattenseminars der Schweizerischen Gesellschaft für Oberflächentechnik (SGO), warum sie gekommen waren, dann antworteten die meisten, dass sie sich inspirieren und sich über aktuelle Entwicklungen in der PCB-Branche informieren lassen wollten. Auch fürs Kontakte knüpfen und Netzwerken ist das Seminar, das in diesem Jahr wieder im Tagungszentrum Uediker-Huus im nahe Zürich gelegenen Uitikon stattfand, offenbar ein idealer Ort.

Während der Begrüßung der rund 70 Teilnehmer erinnerte der Organisator der Seminars, Romeo Premerlani, daran, dass das erste Patent zu gedruckten Schaltungen 1943 beim britischen Patentamt von einem Österreicher im Londoner Exil angemeldete wurde. (siehe: ‚Paul Eislers Leben mit der Leiterplatte', PLUS 9/2023) Die Erfindung des in Wien geborenen Paul Eisler sollte sich aber erst später durchsetzen, weil seinerzeit Frauenarbeit noch günstiger war und es sich offenbar lohnte, die elektrische Schaltungen weiterhin von Hand zu verdrahten. Erst als die US-amerikanische Militärindustrie Eislers Erfindung entdeckte und zur Serienreife weiterentwickelte, trat die Leiterplatte, um die sich an diesem Nachmittag im schweizerischen Uitikon alles drehte, ihren Siegeszug in der Elektrotechnik an.

„Die Corona-Krise ist im Großen und Ganzen überstanden“
Remo Fischer, Hofstetter PCB

Remo FischerRemo FischerNeben den Fachvorträgen gehört es zur Tradition des SGO-Leiterplattenseminars, dass die Besucher zu Beginn der Veranstaltung einen Überblick über die aktuelle Marktsituation der Leiterplatten-Branche in Europa und besonders der DACH-Region erhalten. Dabei konnte Remo Fischer von einer „leichten Erholung” der europäischen Leiterplattenindustrie nach der Corona-Pandemie berichten. „Wir sind ungefähr wieder auf dem Niveau von 2019. Die Corona-Krise ist im Großen und Ganzen überstanden“, sagte der Betriebsleiter und stellvertretende Geschäftsführer bei der Hofstetter PCB AG im schweizerischen Küssnacht. Allerdings ist trotz überwundener Krise, die Anzahl der europäischen Firmen in der Leiterplattenindustrie seit 2015 von 247 auf 172 gesunken, während der weltweite Umsatz der Leiterplattenindustrie seit 2015 und auch während der Pandemie angestiegen ist, wie dem vorgestellten Datenmaterial von Remo Fischer zu entnehmen war. Fischer erwartet, dass aufgrund der aktuellen Situation in der Ukraine, insbesondere der Bereich Verteidigung weiter anwachsen wird. Im Ländervergleich hat Deutschland mit der europaweit größten Leiterplattenindustrie die Nase vorn. Seit dem Einbruch in der Corona-Pandemie steigen die Umsätze der deutschen PCB-Unternehmen zwar wieder an, haben allerdings noch nicht die Werte von 2019 wieder erreicht. In Österreich und der Schweiz stieg der Umsatz der PCB-Branche nach einem Einbruch in 2020 deutlich über das Niveau von 2019 an.

Lieferengpässe und Nachwuchsprobleme

Hermann Reischer, Polar InstrumentsHermann Reischer, Polar InstrumentsIn der abschließenden SWOT-Analyse (Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken) zeigte Fischer auf, dass die europäische Leiterplattenindustrie einerseits stark ist im Bereich Prototyping, auf der anderen Seite aber Lieferengpässe bei der Materialbeschaffung bestehen. „Wenn das Basismaterial nicht vorhanden ist, kann ich keine Prototypen herstellen“, wies Fischer auf den Widerspruch hin. Ein weiterer Widerspruch besteht in der europäischen PCB-Branche offenbar beim Personal. Die Branche kann derzeit mit gut ausgebildeten Fachkräften aufwarten, könnte aber bald vor einem Nachwuchsproblem stehen. „Wir haben viel zu tun im Nachwuchsbereich“, meinte Fischer in Bezug auf die offenbar vom allgemeinen Fachkräftemangel betroffene Leiterplattenindustrie. Er rief die Unternehmen dazu auf, in den nächsten Jahren gemeinsam in eine Richtung zu stoßen. „Der Markt sollte nicht mehr viel kleiner werden. Er sei sonst nicht mehr in der Lage etwas zu bewirken”, meinte Fischer.

Der auf die Marktanalyse folgende Vortrag beschäftigte sich mit der Herausforderung, dass Materialien zur Leiterplattenherstellung nun auch für Übertragungsfrequenzen im Gigaherz-Bereich ausgelegt sein müssen, wenn sie beispielsweise für elektronische Bauteile für Hochgeschwindigkeits-Internetverbindungen eingesetzt werden. Hermann Reischer von Polar Instruments in Nußdorf, Österreich, das Software und Prüfsystemen für Leiterplatten erstellt, stellte dazu während seiner Präsentation das von Intel entwickelte Messverfahren mit dem Namen ‚Delta L 4.0' vor. Bei der Entwicklung des Hochfrequenz-Prüfverfahrens standen die Entwickler insbesondere vor der Herausforderung, dass der gesamte Messaufbau massiv in das Messergebnis eingeht. „Dabei stellen besonders die Anschlüsse ein Problem dar“, meinte Herrmann Reischer. Das von der Polar Instruments entwickelte Testsystem mit dem Namen ‚Polar ATLAS VNA Delta-L 4.0' kann die Materialtauglichkeit von Leiterbahnen auf Übertragungsfrequenzen von bis zu 43 GHz testen, aber auch höhere Frequenzen sind bereits möglich: „Es gibt eine weitere Variante von diesem Testsystem, das bis zu 70 GHz testen kann. Wir sehen allerdings momentan noch nicht den großen Bedarf auf dem Markt“, sagte Reischer.

mSAP und Biosensoren im Fokus

Hortense Gaya, CCI Eurolam GroupHortense Gaya, CCI Eurolam GroupIm Vortrag von Thomas Pliet ging es um den Einsatz der mSAP-Technologie (mSAP = Modified Semi Additive Process) um den stetig steigenden Anforderungen an die Leiterplattentechnik – besonders im Mobilfunk sowie in den Bereichen Automotive und Medizintechnik – gerecht zu werden. Dabei sind laut Pliet insbesondere die steigende Integrationsdichte, eine bessere Signalübertragung sowie ein besseres Wärmemanagement auf der Platine die Herausforderungen. Projektmanager Pliet, der als Mitarbeiter von Max Schlötter aus Geisslingen a.d. Steige nach Uitikon gekommen war, erläuterte wie mittels mSAP die oben genannten Anforderungen erfüllt werden können. Er stellte dabei das von der Max Schlötter entwickelte Kupferbad ‚SLOTOCOUP SF 50' zur galvanotechnischen Beschichtung von Leiterplatten vor, mit dem sowohl Innenlagen, Aufbau und Außenlagen beschichtet werden können. Das Verfahren optimiert laut Pliet die galvanische Kupferabscheidung und macht diese effizienter.

Die Leiterin des Geschäftsbereichs Printed Electronics und Dickschichtpasten bei der CCI Eurolam Group, Hortense Gaya, sprach in ihrer Präsentation über die Vorteile der Dickfilmtechnologie insbesondere bei der Entwicklung von flexiblen und dehnbaren Leiterplattenprojekten. Die Technologie kommt insbesondere bei Biosensoren, sogenannten Wearables oder bei medizinischen Hautelektroden und Pflastern zum Einsatz. Beim dem von Hortense Gaya besprochenen Verfahren werden leitfähige Pasten auf Substrate aus Kunststoffen wie PET, PI oder TPU gedruckt.

Miniaturisierung von Bauteilen um bis zu 70 %

Mit dem Einsatz von 3D-Druck bei der Entwicklung von Prototypen und schließlich auch in der Produktion von elektronischen Bauteilen beschäftigte sich der Vortrag von Valentin Storz, dem Geschäftsführer der europäischen Zentrale von Nano Dimensions in München.

Die 3D-Drucker des israelischen Unternehmens nutzen die sogenannte Additive Fertigung von Elektronik (AME), um elektronische Schaltkreise zu produzieren. Dabei werden Bauteile und Schaltungen durch schichtweises Auftragen von Materialien wie Leiterbahnen, Lötstellen und elektronischen Komponenten produziert. Der Einsatz von AME bei dem von Nano Dimensions entwickelten 3D-Druck-Verfahren ermöglicht es auch, dreidimensionale Teile zu produzieren – im Gegensatz zur klassischen zweidimensionalen Leiterplatte. „Nicht nur die Elektronik, sondern komplette Bauteile oder Produkte in nur einer Maschine zu produzieren und dafür nur noch die Daten vorzuhalten“, erläuterte Storz die Vision des Unternehmens. Wichtige Vorteile des Verfahrens bestehen darin, dass sich elektronische Bauteile um bis zu 70 % miniaturisieren lassen, auch könne die Technologie beim Erstellen von Prototypen Kosten einsparen und die Entwicklungszeit verringern. „Es wird in Zukunft mehr darum gehen, was wir regional produzieren können, ohne es mit dem Flugzeug um die Welt zu fliegen”, meinte der Geschäftsführer außerdem im Hinblick auf die Nachhaltigkeit seines 3D-Druck-Verfahrens.

 

Valentin Storz, Nano DimensionsValentin Storz, Nano Dimensions

Cyril Voisard, Coat-XCyril Voisard, Coat-X

Ehre, wem Ehre gebührt: Peter Weber und Hansruedi FischerEhre, wem Ehre gebührt: Peter Weber und Hansruedi Fischer

 

Im letzten Vortrag präsentierte Cyril Voisard, Coat-X, eine Technologie, mit der unter anderem kritische Komponenten wie Platinen, Sensoren oder Magneten beschichtet werden können. Dabei setzt das Unternehmen aus dem schweizerischen La Chaux-de-Fonds auf eine Beschichtung auf Basis von Parylen. Diese kann weniger als 10 µm dünn aufgetragen werden. Das biokompatible Material kann auch dann eingesetzt werden, wenn es darum geht, elektronische Bauteile in den menschlichen Körper zu implantieren wie etwa bei Herzschrittmachern, erläuterte Vertriebsleiter Voisard. Die Parylen-Beschichtung ist wasserabweisend und hält extremen Temperaturen bis plus 125 ° sowie minus 55 ° stand, war der Präsentation der Vertriebschefs zu entnehmen. Sie ist allerdings nicht kratzfest, wie Voisard auf Nachfrage aus dem Publikum erklärte.

Am Ende würdigte Romeo Premerlani seine beiden Vorgänger Peter Weber und Hansruedi Fischer – wie Premerlani einstmals Organisatoren und Moderatoren des SGO-Leiterplattenseminars, das seit Anfang der 1980er Jahre existiert. Die beiden erhielten aus seinen Händen jeweils einen Präsentkorb. „Sie haben dazu, beigetragen, dass dieses Event überhaupt möglich ist und auch so zahlreich besucht ist“, sagte Premerlani. Die Vortragenden, Teilnehmer und Organisatoren ließen den Seminartag beim Apéro und anschließend bei einem gemeinsamen Abendessen ausklingen.

Gelöste Stimmung: Zwischen den Pausen bestand die Gelegenheit für Networking und fachlichen AustauschGelöste Stimmung: Zwischen den Pausen bestand die Gelegenheit für Networking und fachlichen Austausch

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Sämtliche Bilder wurden von Heinrich Sturm (heinrichsturm.de) aufgenommen und der PLUS mit freundlicher Genehmigung zur Verfügung gestellt

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