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Freitag, 16 Februar 2024 10:59

Die Mikroelektronik der Zukunft – Neue Projekte der US-Technologieagentur DARPA

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Geschätzte Lesezeit: 9 - 17 Minuten
Abb. 2: JUMP 2.0 ist breit angelegt und reicht von der Mikroelektreonik bis hin zu Informations- und Kommunikationstechnologien Abb. 2: JUMP 2.0 ist breit angelegt und reicht von der Mikroelektreonik bis hin zu Informations- und Kommunikationstechnologien Bild: JUMP

Basierend auf ERI, der 2017 von der US-Regierung beschlossenen ‚Electronics Resurgence Initiative' (ERI), verstärkt durch den 2022 ebenfalls von der Regierung beschlossenen Chips and Science Act, hat die US-Technologieagentur DARPA 2022 und 2023 mehrere wichtige Programme gestartet, die der Sicherung der Zukunft der Mikroelektronik in den USA dienen. In diesem Beitrag werden mehrere Projekte kurz vorgestellt.

Abb. 1: Hauptquartier der DARPA in Baliston (Virginia)Abb. 1: Hauptquartier der DARPA in Baliston (Virginia)Die Defense Advanced Research Projects Agency (DARPA) des US-Verteidigungsministeriums (DoD) ist die weltweit fortschrittlichste Forschungsagentur. Das belegt die große Anzahl und Art der von ihr initiierten bzw. geleiteten Forschungsthemen. Sie sind auf die Lösung vieler militärischer als auch ziviler Probleme ausgerichtet, die gegenwärtig in den USA als wichtig für die Sicherheit und Weiterentwicklung des Landes angesehen werden (Abb. 1). Die in Baliston (Virginia) ansässige Forschungsagentur hat zwar nur um 250 Mitarbeiter, die aber in der Regel zu den Besten wissenschaftlichen ‚Beamten' des Landes gehören [1].

Die von der DARPA in Zusammenarbeit mit zahlreichen Universitäten, privaten Forschungslabors und Unternehmen des Landes bearbeiteten Aufgaben haben vor allem ein Ziel: Den Anspruch des Landes auf Vormachtstellung in der Welt sichern zu helfen. Mit einem Budget-Antrag von 4,1 Mrd. $ für das Haushaltsjahr 2023 steht die Agentur weitgehend hinter kompromisslosen Verteidigungs- und zivilen Forschungsbemühungen, einschließlich Mensch-Maschine-Schnittstellen, Künstlicher Intelligenz und Raumfahrt. Die DARPA ist eines der wichtigsten wissenschaftlich-technischen „Gehirne“ der USA im technischen als auch IT-Sektor. In diesem Beitrag werden einige Beispiele von laufenden Forschungsthemen vorgestellt, die sowohl grundlegende Lösungen für die generelle Weiterentwicklung der Mikroelektronik im Land als auch spezifische Themen der Elektronik zum Inhalt haben.

Die vorgestellten Vorhaben basieren fast alle auf der 2017 von der US-Regierung beschlossenen und daraufhin von der DARPA mit konkreten untersetzenden Programmen in Umsetzung genommenen Electronics Resurgence Initiative (ERI), also die Initiative zur Wiederbelebung der Elektronik der USA. Sie ist faktisch der wichtigste umfassende Rahmen für die Forschungs- und Entwicklungsarbeiten zur Elektronik in den USA. Die DARPA reagierte mit ERI auf landesweite Bedenken zur damaligen Situation im Bereich der Mikroelektronik. Ziel von ERI ist, grundlegend mitzuhelfen, dass die Führungsrolle der USA in der funktionsübergreifenden Mikroelektronikforschung, -entwicklung und -herstellung der nächsten Generation sichergestellt wird. Im Jahr 2022 wurde ERI auf ERI 2.0 aktualisiert mit neuen erweiterten Zielstellungen.

Eine gewisse Ironie der Geschichte ist, dass die DARPA im Jahr 1958 auf Weisung von Präsident Eisenhower gegründet wurde, nachdem die Sowjetunion 1957 den ersten Sputnik der Welt ins Orbit gebracht hatte und die USA den erkennbaren Rückstand in der Weltraumtechnik eliminieren wollten.

Start des JUMP 2.0-Programms

Im Jahr 2018 startete die DARPA das JUMP 1.0-Programm. JUMP ist die Abkürzung für ‚Joint University Microelectronics Program'. Nach dessen fünfjährigem Lauf wird es seit 2023 durch ähnlich wie bei ERI 2.0 als JUMP 2.0 weitergeführt. Es ist ein Programm der DARPA, das damals in Zusammenarbeit mit dem Non-Profit-Unternehmen Semiconductor Research Corporation (SRC) ins Leben gerufen wurde. Dabei handelt es sich um ein Konsortium von kostenbeteiligten Industriepartnern, welches die beschlossenen Arbeiten überwacht und zusammen mit der DARPA finanziert. Im Jahr 2018 waren mehr als 150 Mio. $ als Mindest-Basisbudget vorgesehen, wovon die DARPA 40 Prozent und die Konsortiumspartner insgesamt 60 % beisteuerten.

JUMP besteht aus einem halben Dutzend universitätsbasierter Forschungszentren, die sich jeweils mit einem spezifischen Technologiethema befassen, und zusammen die grundlegende Mikroelektronikforschung von Hunderten von professionellen Wissenschaftlern und ihren Studenten unterstützen. Das Ziel ist, Innovationen zur Steigerung der Leistung, Effizienz und Gesamtfähigkeiten breiter Klassen von Elektroniksystemen für kommerzielle und militärische Anwendungen zu katalysieren. Dadurch ist JUMP faktisch ein Rahmenprogramm für die praktische Zukunft der Elektronik bzw. Mikroelektronik unter dem Dach von ERI.

Das im Januar 2023 gestartete JUMP 2.0 ist sowohl von der Teilnehmerzahl als auch vom Inhalt her breiter als sein Vorgänger angelegt. Es berücksichtigt die in den letzten Jahren vonstattengegangene Weiterentwicklung der Elektronik selbst als auch der Informationstechnologien (Abb. 2). Folglich ist JUMP 2.0 darauf ausgerichtet, die Fortschritte der USA in den Informations- und Kommunikationstechnologien zu beschleunigen und deshalb ein sehr wichtiger Bestandteil von ERI 2.0 [2].

Das im Rahmen von JUMP 2.0 gegründete Konsortium wird aus Sicht der DARPA risiko-, aber hoffentlich ertragreiche Forschung in sieben thematisch strukturierten Zentren betreiben. Jedes multidisziplinäre Zentrum konzentriert sich auf ein übergreifendes Forschungsthema, das als Schlüssel zur Bewältigung neuer technischer Herausforderungen identifiziert wurde. Die in der Projektplanung definierten Interessen, die durch eine zunehmend vernetzte Welt und eine sich schnell verändernde Mikroelektroniklandschaft vorangetrieben werden, sollen durch langfristige als auch richtungsweisende zentralisierte Forschung realisiert werden. JUMP 2.0 soll dazu beitragen, dass die USA an der Spitze der Mikroelektronik bleiben und Durchbrüche im Verteidigungs- und Wissenschaftsbereich erreichen kann.

Das neue JUMP strebt an, die Leistung, Effizienz und Fähigkeiten einer Reihe elektronischer Systeme deutlich zu verbessern. Neuartige Materialien, Geräte, Architekturen, Algorithmen, Designs, Integrationstechniken und andere Innovationen stehen im Mittelpunkt der Problemlösungen für Informations- und Kommunikationsherausforderungen der nächsten Generation. Zu diesem Zweck werden sich die Zentren auf die sieben komplementäre, in JUMP 2.0 formulierte Forschungsthemen konzentrieren, die von folgenden universitätsgeführten Zentren geleitet werden:

  • Kognition: KI-Systeme und -Architekturen der nächsten Generation (Center for the Co-Design of Cognitive Systems, Georgia Institute of Technology)
  • Kommunikation und Konnektivität: Effiziente Kommunikationstechnologien für IKT-Systeme (Center for Ubiquitous Connectivity, Columbia University)
  • Intelligent Sensing to Action: Sensorfunktionen und eingebettete Intelligenz, um eine schnelle und effiziente Generierung von Aktionen zu ermöglichen (Center on Cognitive Multispectral Sensors, Georgia Institute of Technology)
  • Systeme und Architekturen für verteiltes Rechnen: Verteilte Rechensysteme und -architekturen in einer energieeffizienten Rechen- und Beschleunigerstruktur (Evolvable Computing for Next Generation Distributed Computer Systems, University of Illinois Urbana-Champaign)
  • Intelligent Memory and Storage: Neue Speicherchips und Speicherarrays für intelligente Speichersysteme (Center for Processing with Intelligent Storage and Memory, University of California San Diego)
  • Fortgeschrittene monolithische und heterogene Integration: Neuartige elektrische und photonische Verbindungsstrukturen und fortschrittliches Packging (Center for Heterogeneous Integration of Micro Electronic Systems, Penn State)
  • Hochleistungsfähige energieeffiziente Geräte: Neuartige Materialien, Geräte und Verbindungstechnologien, um digitale und analoge Anwendungen der nächsten Generation zu ermöglichen (SUPeRior Energy-efficient Materials and dEvices oder SUPREME, Cornell University).
  • Weitere Informationen zu JUMP 2.0 sind unter [3] zu finden.

NGMM – Wie geht es mit dem Packaging in der Mikroelektronik weiter?

Bereits im August 2022 hat die DARPA mit NGMM (Next-Generation Microelectronics Manufacturing) ein neues Programm angekündigt, welches als Schwerpunkt die Weiterentwicklung des Packaging von Halbleiterchips zum Inhalt hat und faktisch JUMP 2.0 bereits umsetzt bzw. mit ihm korreliert. Aufgabe von NGMM wird sein, Mikrosysteminnovationen über 2D-Beschränkungen hinaus in Richtung 3D voranzutreiben.

Mit Fokus auf die zukünftige Welle der Mikrosysteminnovationen hat die DARPA elf Organisationen ausgewählt und beauftragt, mit der Arbeit am NGMM zu beginnen. In einer Phase Null soll es um Grundlagenforschung gehen, um die nächsten Schritte zur Schaffung eines inländischen Zentrums für die Herstellung heterogen integrierter 3D-Mikrosysteme (3D heterogeneously integrated microsystems - 3DHI) zu unterstützen [4].

Die dafür ausgewählten Teilnehmer sind namhaft und bestehen aus folgenden Unternehmen und Universitäten: Applied Materials, Inc., Arizona State University, BRIDG, HRL Laboratories, Intel Federal, North Carolina State University, Northrop Grumman Space Systems, Northrop Grumman Mission Systems, PseudolithIC, Raytheon Technologies und Teledyne Scientific & Imaging. Es ist offensichtlich, dass dabei der Fokus entscheidend auf die Militärtechnik gerichtet wird, denn die genannten Firmen sind allesamt Spitzenfirmen der USA in diesem Sektor.

Dr. Carl McCants, Sonderassistent des DARPA-Direktors für die Electronics Resurgence Initiative (ERI) schätzte das neue Programm so ein: „Dies ist eine risikoreiche Mission, die Fertigungswissenschaft neu zu denken und die US-Infrastruktur für die Mikroelektronik von morgen zu schaffen, indem die damit verbundenen thermischen, elektrischen, mechanischen und gestalterischen Herausforderungen angegangen werden. Unsere Arbeit erfordert bedeutende Forschungsfortschritte, die direkt mit der Bereitschaft der DARPA einhergehen, Risiken für disruptive technologische Durchbrüche einzugehen.“

Die Phase-0-Performer von NGMM arbeiten daran, repräsentative 3DHI-Mikrosysteme zu definieren, zu analysieren und Expertenempfehlungen abzugeben. Darüber hinaus ermitteln sie die erforderliche Ausrüstung, die Prozesse, Hardware- und Softwaretools sowie Anlagenanforderungen zur Herstellung dieser Mikrosysteme. Die Ergebnisse der detaillierten Analysen werden in zukünftige Programmphasen einfließen.

Die Entwicklung von 3DHI-Technologien schafft die Möglichkeit, separat hergestellte Komponenten – Chips oder Wafer, die aus verschiedenen Anlagen stammen und unterschiedliche Halbleiter und Materialien enthalten – nach dem Baukastenprinzip in einem einzigen Paket zu stapeln (Abb. 3, 4). Bei der Realisierung von 3DHI-Mikroelektronik, die verschiedene Materialien über Silicium hinaus umfasst, konzentriert sich NGMM auf revolutionäre Verbesserungen in Funktionalität und Leistung. Die Ergebnisse von NGMM sind damit entscheidend dafür, dass die USA die Chance für die Sicherung ihrer Führungsrolle in der modernen Mikroelektronik der Zukunft hat.

Abb. 3: NGMM will die Grenzen der abgebildeten 2D-Mikroelektronik überwindenAbb. 3: NGMM will die Grenzen der abgebildeten 2D-Mikroelektronik überwinden

Abb. 4: 3D-Chip-Module eröffnen neue Möglichkeiten der Integration und MiniaturisierungAbb. 4: 3D-Chip-Module eröffnen neue Möglichkeiten der Integration und Miniaturisierung

NGMM ist ebenso wie JUMP 2.0 ein Eckpfeiler in ERI 2.0. Der ERI-Gipfel 2023 der DARPA in Seattle vom 22. bis 24. August war ein wichtiges Forum für weitere Diskussionen zur Umsetzung sowohl von ERI 2.0 generell als auch speziell von NGMM [5]. Dort berichteten u. a. führende Vertreter von AMD, NVIDIA und Intel über den Stand ihrer Beiträge zu ERI 2.0 bzw. NGMM und zum im August 2022 beschlossenen Chips and Science Act der US-Regierung. Die Vielfalt der anzugehenden Themen widerspiegelt sich beispielsweise in folgenden Vorträgen:

  • Neue Anwendungen für komplexe 3D-Mikrosysteme (Intel)
  • 3DHI für Luft-/Raumfahrt- und Verteidigungsanwendungen: Modernstes Edge Computing und Kommunikation mit hoher Bandbreite (Boeing)
  • Low Cost- und Design-flexible 3D-IC-Packaging-Lösungen (Samsung Electronics U. S.)
  • Herausforderungen und Chancen beim 3D-IC-Test (Intel)
  • KI-Hardware der nächsten Generation für zukünftige Mikrosysteme (IBM)
  • Technische Innovationen zur Verbesserung der Lieferkettensicherheit (Qualcomm)
  • Die Materials Genome Initiative & Microelectronics: Design der nächsten Materialgeneration (National Institute of Standards and Technology - NIST).

Rückgewinnung von Seltenerdelementen aus Elektronikschrott – RPOD

Abb. 5: Das RPOD-Logo demonstriert, dass das US-Verteidigungsministerium zukünftig stärker auf das Recycling von notwendigen Wertstoffen setztAbb. 5: Das RPOD-Logo demonstriert, dass das US-Verteidigungsministerium zukünftig stärker auf das Recycling von notwendigen Wertstoffen setztMit den Veränderungen in der politischgen Situation der Welt ist die weitgehende Unabhängigkeit der US-Industrie von Rohstoffimporten insbesondere in der Elektronikindustrie zu einem brennenden Thema geworden. Dementsprechend wurde am 10. Juni 2022 von der DARPA das ‚Recycling at the Point of Disposal Program' (RPOD) ins Leben gerufen (Abb. 5), um die Herausforderung der Rückgewinnung kritischer Elemente aus Elektronikschrott (End-of-life Electronics Hardware, e-waste) intensiver als bisher anzugehen. Das Programm zielt darauf ab, technologische Plattformen mit geringem Platzbedarf (small footprint) zu entwickeln, die im Extraktionsprozess zudem wenig Energie verbrauchen und wenig Abfall erzeugen.

Die DARPA berücksichtigt dabei, dass in der Welt jährlich um 50 Mio. Tonnen e-waste aus Konsum- und industrieller Elektronik entstehen. Deren Rohstoffwert wird auf etwa 62,5 Mrd. US-Dollar bzw. 55 Mrd. € geschätzt. Nur ein einstelliger prozentualer Bruchteil dieses Edelmetalle als auch seltene Erden enthaltenden e-waste wird bisher recycelt. Die jetzt eingesetzten Verfahren der Pyro- und Hydrometallurgie sind zwar gut erforscht, eignen sich aber nur für die Rückgewinnung von Elementen mit großvolumigen Anteilen im Elektroschrott, nicht aber für die Rückgewinnung multipler kleinsttonnagiger Elemente wie die Seltenen Erden. Zu Letzteren fehlt es an Wissen über chemische Verfahren, mit denen man diese dezentral in kleineren Anlagen wiedergewinnen kann.

RPOD wird die technische Machbarkeit zur Rückgewinnung (Trennung und Co-Extrahierung) von sieben kritischen chemischen Elementen mit kleinem Volumenanteil in Altelektronik wie Gold, Silber, Palladium usw. bewerten. Unter Trennung versteht man die Extraktion verschiedener Elemente nacheinander, und unter Co-Extraktion die gleichzeitige Extraktion einer bestimmten Liste von Elementen aus einem Ausgangsmaterial, das eine Mischung von Elementen mit anderen Bestandteilen enthält [6].

Hauptgrund für die Arbeiten ist, die Auswirkungen von Unterbrechungen in der Lieferkette solcher kritischer Elemente für die USA zu minimieren, die im Ausland beschafft oder verarbeitet werden und für leistungsstarke DoD-Hardware unerlässlich sind. Das Verteidigungsministerium hat dabei insbesondere die starke Abhängigkeit von China bei den Rohstofflieferungen im Auge.

Die am RPOD-Programm beteiligten Teams entwickeln neuartige Extraktionschemikalien und erforschen praktische Grenzen der Ausbeute, Extraktionseffizienz und Reinheit der ausgewählten Elemente, die aus einem Ausgangsmaterial zurückgewonnen werden sollen und die für den kommerziellen Elektronikschrott des Verteidigungsministeriums (DoD) repräsentativ sind. Die Technologie sowohl für die Trennung als auch für die Co-Extraktion der Elemente wird dann in einer Kleinanlage, Benchtop-Hardware-Prototyp genannt, demonstriert.

Zu den vom DoD bzw. der DARPA ausgewählten PROD-Forschungsteams gehören die Arizona State University, die Iowa State University und das Massachusetts Institute of Technology mit den folgenden Ansätzen:

  • Die Arizona State University wird in Zusammenarbeit mit TG Companies LLC ein verbessertes hydrometallurgisches Verfahren entwickeln, das auf einer Kombination aus selektiver Laugung und Elektrogewinnung basiert. Ihr Ansatz zielt darauf ab, mithilfe eines regenerativen Prozesses die Menge an Chemikalien und den damit verbundenen Abfällen zu reduzieren, die bei herkömmlichen Prozessen anfallen.
  • Die Iowa State University wird einen innovativen Ansatz für die Oberflächen- und Grenzflächentechnik entwickeln, um die Entmischung von Legierungen voranzutreiben und so die gewünschten Zielmaterialien zurückzugewinnen.
  • Das Massachusetts Institute of Technology wird die Selektivität und Spezifität der Bildung von Sulfiden aus einer Mischung von Elementen nutzen. Ziel ist es, mithilfe der elektrochemischen Reduktion hochreine, kritische Materialien zurückzugewinnen.

Die Forschungsarbeiten werden von Prof. Terence Musho (West Virginia University) geleitet. Stellvertreter ist Prof. Edward Sabolskyapart von derselben Universität, der bereits entsprechende wissenschaftliche Vorarbeiten für die Elementetrennung durchgeführt hat. Beide sind der Meinung, dass man durch Erzeugung sehr hoher Temperaturen in sehr kurzer Zeit ein modulares Baukastensystem schaffen kann, welches sich gut eignet, in Modulen von Recyclingplatz zu Recyclingplatz bewegt zu werden, z. B. durch Schiffe der US Navy [7]. Das entspräche auch den Vorstellungen des DoD.

Rohstoffe aus einheimischem Abraum – SPREE

Seltenerdelemente (Rare Earth Elements - REEs) werden in einer Reihe von Produkten und Herstellungsprozessen verwendet, darunter Permanentmagnete, Katalysatoren, Glasfasern und Leuchtstoffdisplays. Sie sind in modernen Technologien für Windkraftanlagen, Mobiltelefone und Elektrofahrzeuge von entscheidender Bedeutung.Die REEs bestehen aus 17 Elementen, darunter Scandium, Yttrium und der Lanthanoidenreihe. Die Gewinnung, Trennung und Reinigung von REE aus einem komplexen Ausgangsmaterial ist bisher umweltschädlich als auch energieineffizient und darum in den Vereinigten Staaten schwer zu genehmigen sein.

Die DARPA führte bereits am 25. Juli 2022 einen Hybrid-Workshop durch, in dem ein Überblick über die bezüglich der Seltenen Erden in den USA zu lösenden Aufgaben gegeben wurde, insbesondere zu den potentiellen Möglichkeiten der Trennung und Reinigung der Seltenerdelemente (Separation and Purification of Rare Earth Elements – kurz: SPREE) [8]. Gleichzeitig fand eine technische Diskussion über die Möglichkeiten statt, die sich im Rahmen des Advanced Research Concept (ARC) für die Forschungseinrichtungen und Unternehmen ergeben würden. Ziel der ARC-Initiative ist es, das Innovationstempo durch die schnelle Erforschung und Analyse einer großen Menge vielversprechender neuer Ideen zu beschleunigen.

Im Rahmen des SPREE ARC-Vorhabens wurden also Ideen zur Untersuchung der folgenden Frage gesucht: Wie können für das DoD relevante REEs mithilfe umweltverträglicher, energieeffizienter und kommerziell realisierbarer Techniken gereinigt werden, die vom US-amerikanischen Bergbausektor dort auch integriert werden können?

„Die Lösung der technologischen Herausforderung der Trennung Seltener Erden voneinander ist für den Aufbau einer sicheren inländischen Lieferkette strategischer Materialien von entscheidender Bedeutung und erfordert eine erneute Untersuchung der grundlegenden Physik und Chemie dieser Elemente“, stellte DARPA Innovation Fellow Dr. Rebecca Chmiel fest. Ziel des SPREE-Workshops war es, Regierung und Industrie Einblicke in das Fachgebiet und Informationen zur Bewerbung für ein SPREE-Projekt bereitzustellen und Forscher, die neue Ideen dazu haben, bei deren Realisierung zu unterstützen.

Von Mitte der 1960er bis Mitte der 1990er Jahre waren die Vereinigten Staaten der weltweit größte Lieferant von REEs. Heute importiert man fast 100 % der in kommerziellen Produkten verwendeten REE-Mineralien und exportiert einige im Inland geförderte REE-Mineralien zur wirtschaftlichen Verarbeitung ins Ausland.

Die Abhängigkeit von ausländischen Quellen für die Verarbeitung und Reinigung stellt eine erhebliche Schwachstelle für die US-amerikanische Lieferkette dar, die durch die Entwicklung einer inländischen Fertigungsindustrie zur Gewinnung und Reinigung von REE-Ressourcen gemindert werden könnte. Allerdings können weit verbreitete Methoden zur Gewinnung und Trennung von REEs ineffizient, energieintensiv und komplex sein und aufgrund der Verwendung giftiger Reagenzien und Lösungsmittel große Mengen gefährlichen Abfalls erzeugen. Dies führt zu inländischen Genehmigungsproblemen aufgrund der vorhergesagten Umweltauswirkungen. Diese stellen wiederum ein erhebliches kommerzielles Hindernis für den inländischen Abbau und die Raffinierung von REEs dar. Ziel von SPREE ist die Entwicklung neuartiger Ansätze zur Trennung REEs aus einem kommerziell nutzbaren Quellengemisch und Umwandlung in ein kommerziell nutzbares Produkt auf wirtschaftlich sinnvolle und umweltfreundliche Weise.

Abb. 6: SPREE hat Methoden zur Separierung und Reinigung einheimischer Seltenerdenelemente zum InhaltAbb. 6: SPREE hat Methoden zur Separierung und Reinigung einheimischer Seltenerdenelemente zum Inhalt

Wärmemanagement in 3D-Chipstapeln – MiniTherms3D

Ein schwieriges Problem bei der Realisierung von kompakten 3D-Chip-Stapelstrukturen ist, dass die erzeugte Wärme pro Volumeneinheit mit dem Integrationsgrad überproportional zunimmt. Das wiederum kann zu Zuverlässigkeitsproblemen führen, die insbesondere bei Einsatz der Elektronik unter erhöhter Umgebungstemperatur noch gesteigert werden können. Die Komplexität der zu lösenden Aufgaben veranlasste die DARPA, zusätzlich zu 3DHI ein Extraprogramm zu diesem Thema zu starten. Im neuen ‚MiniTherms3D-Program' sucht die Technologieagentur nach Lösungen für das Wärmemanagement, die die Hochleistungsverarbeitung vorantreiben und dabei Größen-, Gewichts- und Leistungsbeschränkungen in hochdichten, gestapelten Designs überwinden [9]. Insbesondere steht die Frage, wie ein Maximum an Chips bei Computing auf kleinstem Raum gepackt und die durch Hochleistungsverarbeitung entstehende Wärme zuverlässig abgeführt werden kann. Das ist eine Grundvoraussetzung für das Wachstum der Systemfähigkeiten beispielsweise in Hochfrequenzsystemen, Bildanalyse und Hochleistungsrechnern für taktischen Einsatz. MiniTherms3D ist ein 48-monatiges, dreiphasiges Programm.

Es wird zunehmend erkannt, dass 3DHI, wo verschiedene Schaltungstypen und Materialien in einem 3D-Stack von mehreren Ebenen integriert sind, enorme Leistungsvorteile verspricht. Allerdings schränken Wärmemanagementtechnologien derzeit die Umsetzung ein. Während das Stapeln von Chips ein entscheidender Teil der Zukunft der Datenverarbeitung sein wird, bleiben Herausforderungen bei der Ableitung der Wärme interner Verarbeitungskomponenten ein Hindernis für nennenswerte Fortschritte. MiniTherms3D ist somit ein zentraler Bestandteil dessen, was im Rahmen von ERI 2.0 erreicht werden soll.

Mehrere laufende DARPA-Projekte befassen sich mit der Realisierung neuer Lösungen im Bereich spezieller Bauteile oder Bauteilgruppen. Beispiele:

  • BRIDGES: Als erstes Thema im Rahmen der Initiative ‚Bringing Classified Innovation to Defence and Government Systems' (BRIDGES) bat die Technologieagentur im April 2023 um bahnbrechende Ideen von kleinen Unternehmen und nicht-traditionellen Verteidigungsunternehmen für neuartige Antennendesigns, dazugehörige Materialien, Herstellung oder Verarbeitung. Der Themenbereich zielt darauf ab, neue Designs zu erforschen, die im Vergleich zu aktuellen Lösungen eine deutlich höhere Leistung oder eine erhebliche Reduzierung von Größe, Gewicht, Leistung und Kosten (SWaP-C) bieten würden [10].
  • HOTS: Das im Mai 2023 begonnene neue Programm ‚High Operational Temperature Sensors' (HOTS) wird auf die Entwicklung mikroelektronischer Sensortechnologien hinarbeiten, die eine Signalerfassung mit hoher Bandbreite und hohem Dynamikbereich bei sehr harschen Bedingungen, z. B. extremen Temperaturen, ermöglichen [11]. Gegenwärtig ist es so, dass viele der Verteidigungs- und Industriesysteme, die auf Sensoren basieren, rauen Umgebungen ausgesetzt sind, die über die Leistungsfähigkeit heutiger leistungsstarker physikalischer Sensoren hinausgehen. Das bedeutet, dass diese Systeme mit reduzierter Leistung und übermäßigen Spielräumen entworfen und betrieben werden müssen. Sie sind durch die Unsicherheit ihrer thermischen Umgebung eingeschränkt.
  • ATOM: Ziel des im Juni 2023 bekannt gegebenen Forschungsgramms ATOM (Accelerating discovery of Tunable Optical Materials) ist die Entdeckung und Entwicklung neuer abstimmbarer optischer Materialien im sichtbaren sowie mittel- und langwelligen Infrarotbereich des elektromagnetischen Spektrums [12]. Das ultimative Ziel besteht darin, Festkörpermaterialien zu ermöglichen, die bei Bedarf über mehrere Spektralbereiche hinweg optisch abgestimmt werden können, ohne dass physikalische Filterung oder mechanische Eingaben erforderlich sind, um diese dynamische Funktionalität zu erreichen. Ein solcher Durchbruch könnte es optischen Geräten mit geringer Größe, geringem Gewicht und geringer Leistung ermöglichen, ein breites Spektrum an Kampfeinsätzen durchzuführen.

Diese Beispiele und viele weitere, die hier aus Platzgründen nicht aufgeführt werden können, unterstreichen die entscheidende Bedeutung der US-Technologieagentur DARPA für die zielgerichtete Weiterentwicklung strategisch wichtiger Wissenschafts- bzw. Technikbereiche in den USA. In Deutschland fehlt leider eine ähnliche Einrichtung, was für die deutsche Forschungslandschaft und Industrie nicht von Vorteil sein dürfte.

Referenzen

[1] https://en.wikipedia.org/wiki/DARPA (Abruf: 23.10.2023).
[2] www.darpa.mil/news-events/2023-01-04 (Abruf: 23.10.2023).
[3] www.src.org/program/jump2/ (Abruf: 23.10.2023).
[4] www.darpa.mil/news-updates/2023-07-20 (Abruf: 23.10.2023).
[5] https://eri-summit.darpa.mil/2023-agenda (Abruf: 23.10.2023).
[6] www.darpa.mil/program/recycling-at-the-point-of-disposal (Abruf: 23.10.2023).
[7] https://idstch.com/technology/electronics/darpa-rpod-developing-e-waste-recycling-to-address-supply-chain-disruptions-of-critical-elements/ (Abruf: 23.10.2023).
[8] www.darpa.mil/news-events/2023-07-12 (Abruf: 23.10.2023).
[9] www.darpa.mil/news-events/2023-01-25a (Abruf: 23.10.2023).
[10] www.darpa.mil/news-events/2023-04-14 (Abruf: 23.10.2023).
[11] www.darpa.mil/news-events/2023-05-12 (Abruf: 23.10.2023).
[12] www.darpa.mil/news-events/2023-06-07 (Abruf: 23.10.2023).

Weitere Informationen

  • Ausgabe: 2
  • Jahr: 2024
  • Autoren: Dr. Hartmut Poschmann

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