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Dienstag, 12 März 2024 12:00

Geeignete Werkstoffe für Geothermieanwendungen – Teil 1 –

von
Geschätzte Lesezeit: 4 - 7 Minuten
Geothermie-Kraftwerk Reykjanesvirkjun in Island mit hellblauem Abwassersee im Lavafeld Geothermie-Kraftwerk Reykjanesvirkjun in Island mit hellblauem Abwassersee im Lavafeld (Foto: stock.adobe.com/CHacker)

– Teil 1 – Einführung und Versuchsaufbau

Die Erdwärme ist eine Energiequelle, mit der fossile Brennstoffe ersetzt und CO2-Emissionen gesenkt werden können. Es gibt Technologien zur Nutzung geothermischer Energie, jedoch sind die Betriebsbedingungen in geothermischen Anlagen aufgrund der chemischen Zusammensetzung der hydrothermalen Flüssigkeiten und der hohen Temperaturen in vielen Fällen extrem korrosiv. Daher ist die Werkstoffauswahl auf der Grundlage einer vorausgehenden Werkstoffqualifizierung mittels Korrosionsuntersuchungen unerlässlich.

Einführung

Geothermalwässer haben sehr unterschiedliche Zusammensetzungen, so dass die Auswahl der geeigneten Werkstoffe von Fall zu Fall neu vorgenommen werden muss. Zur Vereinfachung des Auswahlprozesses wurde das Korrosionsverhalten verschiedener hochlegierter Werkstoffe in unterschiedlichen synthetischen Geothermalwässern untersucht. Die synthetischen Geothermalwässer spiegeln die Bedingungen einiger Standorte mit geothermischem Potenzial in Deutschland wider. Werte von zwei Messstellen in Indonesien wurden ebenso hinzugezogen, da eine ähnliche Zusammensetzung auch für Geothermalwässer an Standorten in Deutschland zu erwarten ist.

Voruntersuchungen des Deutschen GeoForschungsZentrums (GFZ) haben gezeigt, dass geothermische Fluide in Deutschland mit Temperaturen über 140 °C für die Erzeugung von elektrischer Energie genutzt werden können [1]. Daher hat das GFZ in Groß Schönebeck, einer ehemaligen Tiefbohrung im Norddeutschen Becken (NDB), eine Forschungseinrichtung für Geowissenschaften und Korrosion errichtet [2]. Auch für den Oberrheingraben (ORG) und das Molassebecken (MB) gibt es Anlagen, die für die Gewinnung von elektrischer Energie konzipiert wurden und bereits in Betrieb sind [3, 4].

Dennoch lagen bisher keine Daten zur Korrosionsbeständigkeit möglicher Konstruktionswerkstoffe in diesen unterschiedlich salzhaltigen Fluiden unter Betriebsbedingungen vor. Daher befasste sich ein Projekt in Deutschland mit der Bewertung des langfristigen Korrosionsverhaltens verschiedener metallener Werkstoffe, einschließlich niedriglegierter Stähle, austenitischer Stähle, nichtrostender Duplexstähle und Ni-Basis-Legierungen in verschiedenen, in Deutschland üblichen, Geothermalwässern, einschließlich NDB [5], ORG und MB. Ein zweites Projekt befasste sich mit der Situation in vulkanischen Solen in Indonesien [6].

In diesem Artikel werden aktuelle Erfahrungen aus Laborversuchen unter Betriebsbedingungen an verschiedenen Materialien in synthetischen Geothermalwässern mit unterschiedlicher chemischer Zusammensetzung dargestellt. Es wurde ein Katalog geeigneter Materialien für den Einsatz in deutschen Geothermiekraftwerken erstellt. Damit können Planungen zur Materialauswahl für ähnlich zusammengesetzte Fluide vereinfacht werden.

Versuchsaufbau Materialien und Bedingungen

Die Korrosionsbeständigkeit von

  • unlegiertem Kohlenstoffstahl 25CrMo4,
  • rostfreiem Stahl X2CrNiMo17-12-2,
  • rostfreiem Duplexstahl X2CrNiMo22-5-3,
  • Superduplex-Edelstahl X2CrNiMoCuWN25-7-4,
  • austenitischem rostfreien Stahl X1CrNiMoCu32-28-7 und
  • Nickelbasislegierung NiCr23Mo16Al

wurde durch Auslagerung und elektrochemische Tests bewertet. Der niedriglegierte Stahl 25CrMo4 wurde nur den salzarmen synthetischen Geothermalwässern ausgesetzt. Die chemischen Zusammensetzungen der untersuchten Werkstoffe sind in Tabelle 1 aufgeführt.

Tabelle 1: Werkstoffzusammensetzung gemäß funkenspektrometrischer Analyse 

Gehalt [%]

C

Si

Mn

P

S

N

Cr

Mo

Ni

Vu

Fe

25CrMo4
(UNS G41300, 1.7218, A29)

0,29

0,40

0,90

0,025

0,040

1,2

0,3

R

X2CrNiMo17-12-2
(UNS S31603, 1.4404, 316L)

0,03

0,41

1,80

0,030

0,003

16,8

2,53

10,8

67,0

X2CrNiMo22-5-3
(UNS S31803, 1.4462, F51)

0,03

0,37

1,51

0,022

0,003

0,15

22,64

3,12

5,92

0,18

65,8

X2CrNiMoCuWN25-7-4
(UNS S32760, 1.4501, F55)

0,04

0,26

0,85

0,023

0,002

0,23

25,29

3,73

6,97

0,54

61,1

X1CrNiMoCu32-28-7
(UNS N08031, 1.4562, alloy 31)

0,03

0,06

1,69

0,020

0,006

0,11

27,94

6,28

30,68

1,12

32,8

NiCr23Mo16Al
(UNS N06059, 2.4605, alloy 59)

0,02

0,11

0,07

0,007

0,005

21,69

13,95

62,8

0,04

0,98

Korrosionsprüfungen bei 100 °C sollen die Bedingungen in den technischen Anlagen, z. B. in Wärmeübertragern über Tage, simulieren. Tests bei 150 °C hingegen berücksichtigen die Bedingungen im Bohrloch. Da die natürlichen geothermischen Fluide bei normalem Druck instabil werden, können sie nicht für Laboruntersuchungen unter atmosphärischen Bedingungen verwendet werden. Daher wurden für die Untersuchungen synthetische Wässer verwendet, die auf den vom GFZ durchgeführten chemischen Analysen von Aquiferfluiden in Groß Schönebeck (NDB), Bruchsal (ORG), Unterhaching (MB) und Lahendong/Indonesien (LHD) basieren. Die chemischen Zusammensetzungen der synthetischen Geothermalwässer zeigt Tabelle 2.

Tabelle 2: Zusammensetzung der untersuchten synthetischen Geothermalwässer 

Konzentration [g/L]

Cl-

SO42-

HCO3-

Ca2+

Mg2+

K+

Na+

NH4+

Fe2+

Pb2+

Sr2+

SiO2

pH

NDB

166

0,05

56,5

0,5

3,1

38,7

0,2

0,2

1,55

5,6

ORG

102

1,5

10,9

1,9

3,7

47,9

0,25

0,5

0,15

6

MB

0,175

0,025

0,4

0,011

0,16

0,15

0,05

8,1

LHD

1,5

1,6

0,2

1,0

2

Für die Messungen bei 150 °C wurde die Sauerstoffkonzentration in den synthetischen Geothermalwässern auf sehr niedrige Werte eingestellt, indem vor Beginn der Messungen 10 Minuten lang mit Argon gespült wurde. Der Druck von 1500 kPa wurde ebenfalls durch die Verwendung von Argon erreicht.

Aufbau

Die Auslagerungsversuche wurden nach DIN 50905/4 [7] mit gravimetrischer Bestimmung der zeitabhängigen Korrosion bei 100 °C durchgeführt. Die Prüfkörpergröße für die Auslagerungsversuche betrug 50 x 15 x 3 [mm] (Länge x Breite x Dicke). Von jedem Material wurden drei Prüfkörper 24 Wochen lang exponiert. Jeder Prüfkörper hatte ein 5 mm großes Loch zur Fixierung mit einer Polytetrafluorethylen (PTFE)-Schnur (siehe Abbildung 1, rechts). Um Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Werkstoffen und ihren Korrosionsprodukten zu vermeiden, wurden die Werkstoffe jeweils separat geprüft. Die Prüfkörper wurden dabei vollständig in das Geothermalwasser eingetaucht. Als Grenzwert für die Eignung wurde eine Korrosionsrate von 0,3 mm/Jahr festgelegt. Dies entspricht einer Wanddickenabnahme von 6 mm durch gleichmäßige Korrosion während einer Betriebsdauer von 20 Jahren.

Abb. 1: Prüfkörper für elektrochemische, Spaltkorrosions-, SpRK- und Auslagerungsversuche

Neben der Bestimmung des Gewichtsverlustes wurden auch die Anfälligkeit für Spannungsrisskorrosion (SpRK) an Bügel-Prüfkörpern (siehe Abbildung 1, 3. von links) und lokale Korrosionserscheinungen an den Auslagerungsprüfkörpern untersucht. Es wurde zwischen Loch- und Muldenkorrosion unterschieden, um die richtigen Kriterien für die Eignungsbewertung zu verwenden. Wenn Lochkorrosion auftritt, ist der Werkstoff nicht geeignet. Im Falle von Muldenkorrosion wurde die Tiefe des örtlichen Korrosionsangriffes während der Auslagerung auf ein Jahr extrapoliert, woraus sich die Korrosionsrate ergab. Die Prüfkörper wurden lichtmikroskopisch untersucht. Die Anfälligkeit der Werkstoffe für örtliche Korrosion in den synthetischen Geothermalwässern wurde zusätzlich durch Bestimmung des Ruhepotentials (RP), zyklovoltametrische Polarisation und potentiostatische Messungen untersucht. Für die elektrochemischen Messungen bei 100 °C wurde eine typische 3-Elektroden-Konfiguration mit einer gesättigten Ag/AgCl-Referenzelektrode und einer Graphit-Gegenelektrode verwendet.

Die Untersuchungen wurden bei 150 °C in einem Autoklaven durchgeführt, wobei eine spezielle gesättigte Ag/AgCl-Referenzelektrode und ein mit Ti-Oxid überzogenes Titannetz als Gegenelektrode verwendet wurden. Die Temperatur im Autoklaven wurde durch eine externe Heizplatte eingestellt und ständig durch ein Thermoelement überwacht. Der Autoklav befand sich zusätzlich in einem Sandbad, um elektrische Interferenzen zwischen Heizung und Messgerät zu vermeiden. Die Prüfkörpergröße für die elektrochemischen Tests betrug 20 x 15 x 3 [mm], was einer Fläche von 8 cm2 entspricht (Abbildung 1, links). Für vergleichbare Bedingungen wurden alle Oberflächen wurden mit 320er Korn geschliffen.

Potentiodynamische Messungen wurden nach 14 Tage Auslagerung durchgeführt. Während dieser Zeit wurde das Ruhepotential aufgezeichnet. Die Polarisation wurde vom Ruhepotential aus in anodischer Richtung mit 0,2 mV/s gestartet. Nach Erreichen einer Stromdichte von 1 mA/cm² oder eines Potentials von 1,2 V gegen das Ruhepotential wurde in kathodische Richtung polarisiert, um das Repassivierungsverhalten zu bewerten. Darüber hinaus wurde die Anfälligkeit für Spaltkorrosion elektrochemisch durch potentiostatische Messungen bestimmt. Die Spaltbedingungen wurden mit einer Gummischiene simuliert (Abbildung 1; 2. von links). Alle elektrochemischen Messungen wurden mit einem Gamry REF600 Potentiostat durchgeführt.

Literatur:

Im zweiten Teil

Über Ergebnisse und SchlussfoIgerungen lesen Sie in Galvanotechnik 3/2024 und demnächst Online

 

Weitere Informationen

  • Ausgabe: 2
  • Jahr: 2024
  • Autoren: Ralph Bläßler; Amela Keserović; Joana Sobetzki; Helmut Sarmiento Klapper; Matthias Dimper

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