Neues Material ebnet Weg für Energierückgewinnung direkt auf dem Chip

Lichtempfindlicher Sensor auf Leiterplatte

Forschern aus Deutschland, Italien und Großbritannien ist ein wichtiger Schritt bei der Entwicklung eines thermoelektrischen Materials gelungen, das die Energierückgewinnung direkt auf dem Chip in Zukunft ermöglichen könnte. Die Legierung aus Germanium und Zinn erscheint geeignet, die Abwärme von Prozessoren in Elektrizität umzuwandeln.

Researchers from Germany, Italy and the United Kingdom have taken an important step in the development of a thermoelectric material that could enable energy recovery directly on the chip in the future. The alloy of germanium and tin appears suitable for converting the waste heat from processors into electricity.

Der zunehmende Einsatz elektronischer Geräte in allen Lebensbereichen treibt den Energieverbrauch in die Höhe. Ein Großteil dieser Energie wird in Form von Wärme in die Umwelt abgegeben. In Europa gehen so jährlich etwa 1,2 Exajoule, also 1018 Joule, aus IT-Infrastrukturen und Rechenzentren sowie elektronischen Geräten verloren. Dies entspricht in etwa dem Primärenergieverbrauch von Österreich. Diese Wärme mit Temperaturen unter 80 °C ist nur schwer nutzbar wegen der schlechten thermodynamischen Effizienz und technologischer Einschränkungen. Allerdings könnte man versuchen, die Niedertemperaturwärme wieder zurückzuführen. Doch es gibt nur sehr wenige Materialien, die in der Lage sind, die Wärme in elektrische Energie umzuwandeln, und keines davon ist mit der aktuellen Technologie in Halbleiterfertigungsanlagen kompatibel. Eine Kooperation zwischen dem Forschungszentrum Jülich und dem IHP (Leibniz-Institut für innovative Mikroelektronik) aus Deutschland, zusammen mit der Universität Pisa, der Universität Bologna aus Italien und der Universität Leeds aus Großbritannien, hat nun jedoch einen wichtigen Fortschritt bei der Entwicklung eines solchen Materials erreicht, das für die Energiegewinnung auf Chips geeignet und mit dem CMOS-Prozess der Chipfertigung kompatibel ist.[1] Da alle Elemente aus der 4.Hauptgruppe des Periodensystems stammen, kann die neue Halbleiterlegierung leicht in den CMOS-Prozess der Chipfertigung integriert werden. Die Forschungsergebnisse schafften es auf das Titelblatt der wissenschaftlichen Zeitschrift ‚ACS Applied Energy Materials'.

Leibniz-Institut IHP in Frankfurt (Oder)Leibniz-Institut IHP in Frankfurt (Oder)

Gegenstand und Resultate der Forschungsarbeit

Die Forscherinnen und Forscher fanden heraus, dass das Hinzufügen von Zinn zu Germanium die thermische Leitfähigkeit erheblich reduziert, während die elektrischen Eigenschaften beibehalten werden. Die experimentell bestätigte niedrige thermische Leitfähigkeit des Kristallgitters begründet das große Potenzial der GeSn-Legierungen als thermoelektrisches Material. Indem man es in siliziumbasierte Mikrochips integriert, wird es möglich, die im Betrieb erzeugte Abwärme zu nutzen und wieder in elektrische Energie umzuwandeln. Dieses ‚Energy Harvesting' auf dem Chip könnte den Bedarf an externer Kühlung und Strom erheblich reduzieren. Elemente der Gruppe IV im Periodensystem, auch bekannt als Siliciumgruppe, bilden die Grundlage elektronischer Geräte. Indem man sie zu Legierungen kombiniert, erweitern sich die Anwendungsbereiche auf Thermoelektrik, Photonik und Spintronik. Langfristig rückt damit die Integration von Photonik, Elektronik und Thermoelektrik auf demselben Chip mit siliziumbasierter Technologie in Reichweite. Dies würde nicht nur die Leistung der Geräte verbessern, sondern auch die Entwicklung nachhaltigerer Technologien unterstützen. In der Forschungsarbeit wurde einer der kritischsten Parameter für ein thermoelektrisches Material, die thermische Leitfähigkeit, bewertet, indem die Forscher eine Reihe verschiedener experimenteller Techniken an epitaktischen Proben mit unterschiedlichen Legierungszusammensetzungen und Dicken angewendet und getestet haben.

Wie funktioniert ein thermoelektrisches Element?

Thermoelektrische Elemente wandeln Temperaturunterschiede direkt in elektrische Energie um. Ein bestehendes Temperaturgefälle regt dabei einen Fluss von elektrischen Ladungsträgern an und erzeugt so einen elektrischen Strom. Dieser Prozess kann genutzt werden, um Abwärme in elektronischen Geräten zu verwerten, wodurch sie in nutzbare Energie umgewandelt und der gesamte Energieverbrauch reduziert wird. Für thermoelektrische Materialien ist eine geringe Wärmeleitfähigkeit wünschenswert, da diese ein größeres Temperaturgefälle ermöglicht, was wiederum für eine effiziente Energieumwandlung entscheidend ist. GeSn-Legierungen erscheinen mit ihrer geringen Wärmeleitfähigkeit besonders geeignet, ein solches Temperaturgefälle zu erzeugen.

Ausblick

Die Forschungsgruppen am Forschungszentrum Jülich und am IHP setzen ihre Zusammenarbeit fort, um das Material weiterzuentwickeln. Ziel ist es, die Zusammensetzung der Legierung auf Silicium-Germanium-Zinn (SiGeSn) sowie die ultimative Gruppe-IV-Legierung unter Hinzunahme von Kohlenstoff (CSiGeSn) zu erweitern und damit ein funktionales thermoelektrisches Gerät herstellen, mit dem sich das Potenzial der Energiegewinnung durch Gruppe-IV-Legierungen demonstrieren lässt. Die Aktivität wird finanziell durch einen neu vergebenen DFG-Zuschuss gefördert.

Literatur

[1] Omar Concepción, Jhonny Tiscareño-Ramírez, Ada Angela Chimienti, Thomas Classen, Agnieszka Anna Corley-Wiciak, Andrea Tomadin, Davide Spirito, Dario Pisignano, Patrizio Graziosi, Zoran Ikonic, Qing Tai Zhao, Detlev Grützmacher, Giovanni Capellini, Stefano Roddaro, Michele Virgilio, Dan Buca, ‚Room Temperature Lattice Thermal Conductivity of GeSn Alloys’, ACS Appl. Energy Mater. 2024, 7, 10, 4394–4401, https://doi.org/10.1021/acsaem.4c00275 (Abruf: 28.10.2024).

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