Wissenschaft trifft Industrie + Industrie trifft Wissenschaft

Wissenschaft trifft Industrie + Industrie trifft Wissenschaft

Die Deutsche Vakuum-Gesellschaft DVG e. V. ist ein eingetragener gemeinnütziger Verein mit Sitz in Kaiserslautern, dessen Aufgabe die Betreuung wissenschaftlicher und technischer Disziplinen auf dem Gebiet der vakuumgestützten Wissenschaften und Technologien ist. Dazu gehören die Gebiete Oberflächenphysik, insbesondere Oberflächenanalytik, Dünne Schichten, Nanowissenschaften und -technologien, Elektronische Materialien und Verfahren, Plasmatechnologie, Vakuumphysik und -technik sowie die vielfältigen Anwendungsbereiche dieser Disziplinen. Auch 2020 lud die DVG wieder zu einem Mitgliederkontakttag ein, der diesmal gemeinsam mit dem KIT in Karlsruhe organisiert wurde. Das Motto lautete diesmal „Wissenschaft trifft Industrie + Industrie trifft Wissenschaft“. Die Veranstaltung fand am 10. und 11. Februar 2020 am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) statt. Themenschwerpunkt war die „Moderne PVD/CVD-Beschichtungstechnologie – Vakuumtechnik für Forschung und Industrie im Interesse der Umwelt“. Ziel des Mitgliederkontakttages ist es, die Brücke zwischen Industrie und Wissenschaft für vakuumgestützte Technologien und Anwendungen zum gegenseitigen Nutzen auszubauen und mit Leben zu erfüllen.

In den Räumen des Instituts für Angewandte Materialien – Angewandte Werkstoffphysik (IAM-AWP) begrüßte Prof. Dr. Sven Ulrich, Abteilungsleiter Stoffverbunde und Dünnschichten die Teilnehmer und eröffnete die Veranstaltung. Das Veranstaltungsprogramm umfasste neben einer Institutsbesichtigung auch mehrere Vorträge, über die nachfolgend kurz berichtet wird. Zu Beginn informierte Frau Dr. Ute Bergner (VACOM GmbH) über das „Energie- und Ressourcenmanagement bei VACOM“ und lieferte Beispiele aus der betrieblichen Praxis. In ihrem Unternehmen wird sehr viel in Sachen Umwelt und Ressourcenschonung getan, die Nutzung von leistungsfähiger Photovoltaik, Regenwasser und Abwärme gehören dazu genauso wie die „begrünte Fabrik“, in der dieGesundheit der Ressource Mensch hohe Priorität genießt. Durch Digitalisierung im Rahmen von Industrie 4.0. können nicht nur sich selbst überwachende Prozesse und Anlagen geschaffen, sondern auch durch Simulation ressourcenverbrauchende Experimente vermieden werden.

„Analytik für die Tribologie“ war Thema des folgenden Beitrags. Prof. Dr. Michael Kopnarski (IFOS) zeigte auf, dass die Vakuumtechnik nicht nur für
Analyse und Charakterisierung, sondern auch für die Prozesse zur Erzeugung tribologischer Systeme von Bedeutung ist. Dünne Schichten und Oberflächen sind zur Einstellung der gewünschten Reibwerte in Tribosystemen wichtig, der Reibwert als Systemeigenschaft wird aber durch verschiedene Faktoren (Luftfeuchte, Geometrie u. a.) beeinflusst. Der Vortragende demonstrierte das an Beispielen. Über „Moderne HIPIMS Verschleißschutzschichten“ berichtete Dr. Wolfgang Engelhart (Walter AG). Im
Vergleich verschiedener Beschichtungsverfahren (Arc, MS, HIPIMS) ist insbesondere der hohe Anteil an Metallionen bei HIPIMS entscheidend für qualitativ hochwertige Schichten. So können beispielsweise duktile, harte und fast defektfreie Al2O3-Schichten erzeugt oder feinkörnige und glatte TiAlN-Multilayerschichten für die Trockenzerspanung abgeschieden werden.

Die „Charakterisierung von Hochleistungs-Mikrowellenplasmaquellen mit plasmadiagnostischen Mitteln“ war Thema des Beitrags von Dipl.-Phys. Tobias Radny (robeko GmbH & Co. KG). Der Vortragende zeigte am Beispiel der Hochleistungs-Mikrowellenquelle Miro 200 CI Möglichkeiten zur Charakterisierung mit Hilfe plasmadiagnostischer Methoden (OES, Langmuir-Sonden) auf. Es können z. B. der Zustand der Quellen ermittelt, Informationen über die Dissoziation von Prekursoren gewonnen oder der
Feuchtezustand der Oberflächen bestimmt werden. Die „Kundenspezifische Modulentwicklung für ultrasaubere Vakuumanwendungen“ beinhaltet auch den Nachweis und die Erhaltung der Partikelfreiheit von Oberflächen, beispielsweise beim weltweiten Versand von miniaturisierten Bauteilen und Komponenten. Konventionelle Reinigung ist hier oft nicht mehr ausreichend.

Dipl.-Ing. Thomas Kratzla (VAT Deutschland GmbH) lieferte dazu einige Beispiele. Anschließend informierte Dr. Volker Sittinger (Fraunhofer IST) zum Thema „Produkte der Heißdraht-CVD für eine nachhaltige Lebensweise: Hocheffiziente Photovoltaik und innovative Wasserbehandlung“. Er stellte die Vorteile des Verfahrens im Vergleich zur plasmaunterstützten CVD vor und ging dann auf die Abscheidung von Schichten für SHJ-Solarzellen ein. Von diesen Silizium-Heterostruktursolarzellen (SHJ = silicon heterojunction) werden hohe Wirkungsgrade von über 20 % erwartet (PATOS Projekt). Mit einem weiteren Beispiel wurde gezeigt, wie mittels Heißdraht-CVD Diamantelektroden hergestellt werden, die unter Nutzung von Solarstrom eine autonome Wasserreinigung ermöglichen. Solche Elektroden können bereits großflächig mittels Heißdraht CVD gefertigt werden.

Die „Ganzheitliche Entwicklung von Hochleistungswerkzeugen für die Bearbeitung schwer zerspanbarer Materialien (Inconel-Signum und CFK-Diamant)“ war Thema des Vortrags von Dr. Stefan Sattel (Gühring KG). Der Vortragende stellte u. a. die Signum-Schicht vor, eine durch Plasma-PVD erzeugte nanostrukturierte Beschichtung auf Basis von TiAlN mit einer Oxidationsbeständigkeit bis 800 °C. Durch Variation des Aluminiumgehalts lässt sich ihre Duktilität in weiten Grenzen einstellen. Am Beispiel des Bohrens oder Fräsens von Stack-Materialien (Titan-CFK) wurde anschließend demonstriert, wie verschiedene Verfahren (Plasma, Laser, PVD, CVD) eine qualitativ hochwertige Bearbeitung solcher CFK-Hybride ermöglichen. Im letzten Beitrag stellte Dr. Ralf Bandorf (Fraunhofer IST) „Aktuelle Forschungsthemen und industrielle Beispiele der HIPIMS Technologie“ vor. Beim Hochleistungsimpuls-Magnetronsputtern (HIPIMS) werden Plasmen mit einem im Vergleich zum konventionellen Magnetronsputtern hohen Anteil an
ionisierten schichtbildenden Atomen erzeugt. Dies ermöglicht die Abscheidung von Schichtsystemen mit völlig neuen und verbesserten Eigenschaften z. B. hinsichtlich Dichte, Härte, Rauheit oder Brechungsindex.

Durch reaktiven Betrieb und gegebenenfalls Gegenpuls sind weitere Verbesserungen möglich, so kann beispielsweise die Abscheidungsrate im Vergleich zum DC-MS verdoppelt werden. Der Vortragende demonstrierte das am Beispiel der Optimierung von TiN- und CrN-Schichten. -Richard Suchentrunk-

  • Ausgabe: Juni
  • Jahr: 2020
  • Autoren: Dr.-Ing. Richard Suchentrunk
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