Es ist Nacht, wenn Faust zu Beginn von Goethes Tragödie zu dem großen Monolog ansetzt, in dem er unter anderem dem Publikum seinen sehnlichen Wunsch mitteilt, „dass ich erkenne, was die Welt im Innersten zusammenhält.“
»Wird der Blick ins Innerste der Welt möglich?«
Doch irgendwann musste das Vordringen in die Tiefe an sein Ende kommen und es im Innersten immer enger und die Welt dort undurchdringlicher werden, bis zuletzt nichts mehr weiterging. Natürlich fragte sich der eigene kleine forschende Geist, worauf er dabei genau stoßen und was einen da aufhalten könne. Genau darüber denken einige Physiker derzeit nach, die sich paradoxerweise auf den faustischen Weg nach innen gemacht haben, weil sie mit vielen Beobachtungen in der Außenwelt nicht klarkommen. Eine der schon länger verwirrenden Feststellungen in den kosmischen Dimensionen läuft unter dem Stichwort „Dunkelmaterie“, die einen großen Teil der Strukturen im Universum ausmachen muss, wenn man die messbaren Bewegungen von Galaxien mit den Gesetzen erklären will, die Isaac Newton bereits im 17. Jahrhundert formuliert hat und die höchst genau überprüft worden sind. Das Besondere an Newtons Beschreibung der Kraft, mit der sich Massen gegenseitig durch die Gravitation anziehen, besteht für die Experten darin, dass sie proportional zum Quadrat der Entfernung abnimmt. Die Fachwelt spricht vom Gesetz des inversen Quadrats, mit dem man in meinen Schultagen den Knaben in den Bänken – es gab in meiner Klasse keine Mädchen – noch trickreiche Aufgaben stellen konnte, an denen ich oft gescheitert bin. Eigentlich sollte ich Newtons Gesetz mit dem Quadrat der Entfernung verwünschen, aber in diesen Tagen scheinen es viele Physiker zu umarmen. Eine neue Theorie der Dunkelmaterie ist aufgetaucht, die kosmische Kräfte dann erklären kann, wenn es neben den drei Dimensionen des Raumes, die Menschen im Alltag nutzen – rechts-links, oben-unten, vorne-hinten –, noch weitere gibt, die sich allerdings erst im Innersten der Welt öffnen. Der Gag an der neuen Theorie besteht darin, dass es einen Weg gibt, sie im Experiment zu überprüfen. Man muss nachschauen, ab Newtons Gesetz mit dem inversen Quadrat auch dann gilt, wenn die Gegenstände, die sich gegenseitig anziehen, nur noch einen Mikrometer voneinander entfernt sind. Man nähert sich dieser Grenze an und ist gespannt auf das Ergebnis. Es wäre wunderbar, wenn sich das Innerste der Welt für die Menschen öffnen würde. Wo führt sie der weitere Weg hin?