Frage: Wir phosphatieren für einen Kunden seit rund 20 Jahren einen Artikel aus Stahl in Trommeln. Diese Teile wurden vorher gehärtet und liegen dann meist über Monate auf Lager. Durch das Härten weist die Oberfläche starke Verfärbungen auf, durch die schlechte Lagerung kommen Rostnarben hinzu. Da es sich um technische Teile handelt, war dies bisher nie ein Problem. Nun wünscht der Kunde, dass die Zinkphosphatschicht, die anschließend geölt wird, eine einwandfreie Optik aufweist. Leider konnten wir bisher keine Lösung finden und sind der Meinung, dass dies technisch auch nicht umsetzbar ist. Kennen Sie Möglichkeiten, diese Herausforderung wirtschaftlich tragbar zu meistern?
Antwort: Erfahrungsgemäß erwarten manche Kunden von der Oberflächentechnik Wunder. Solche Erwartungen gleichen der Hoffnung, die Tapete würde die schlechte Statik des Hauses verbessern.
Rostnarben
Gegen Rostnarben können sie rein chemisch nichts tun. Da es sich um Schüttgut handelt, wären mechanische Maßnahmen höchstwahrscheinlich unwirtschaftlich. Zumindest theoretisch könnten die Teile gesandstrahlt oder, sofern es die Geometrie zulässt, durch Gleitschleifen behandelt werden. Man darf sich aber nicht zu viel erhoffen und je nach Tiefe der Narben könnte vom Ausgangsmaterial nicht mehr viel übrig bleiben, sofern wirklich eine vollkommen gleichmäßige Oberfläche gewünscht wird. Der Vorteil wäre allerdings, dass Sie dadurch auch die Flecken, welche vom Härten kommen, beseitigen, da Sie durch die mechanische Bearbeitung eine gleichmäßige Oberflächenstruktur schaffen.
Wirtschaftlich sinnvoller wäre hingegen die Vermeidung der Korrosion durch eine verbesserte Lagerung sowie drastische Kürzung der Lagerzeiten. Zwar gibt es in der Praxis auch positive Beispiele von verbesserten Oberflächeneigenschaften bezüglich Galvanisierbarkeit durch längere Lagerung, Korrosion ist damit aber nicht gemeint. Einige Anregungen für eine vernünftige Lagerung finden Sie unter [1].
Flecken
Während des Härteprozesses – insbesondere wenn die Teile hohe Temperaturen durchlaufen – kommt es zu Wärmeänderungen, die die Bildung von Oxidschichten begünstigen. Diese Schichten können bereits in unterschiedlichen Farbtönen auftreten, da sich durch die thermische Belastung unterschiedliche Oxidationszustände und eventuell auch eine partielle Umwandlung der Oberflächenstruktur einstellen. Diese Veränderungen in der Oxidschicht verhindern, dass der anschließende Phosphatierungsprozess eine homogene Umwandlung der Oberfläche erzielt, da die chemische Reaktion im Phosphatbad stark von der Sauberkeit und Homogenität der Stahloberfläche abhängig ist. D. h., dass sie letztlich nur die Oberfläche reproduzieren, was bei allen dünnen Beschichtungstechniken der Fall ist.
Aus technischer Sicht besteht die Möglichkeit, durch Modifikationen in mehreren Prozessstufen eine Verbesserung zu erreichen. Eine Anpassung des Reinigungs- beziehungsweise Vorbehandlungsschrittes vor der Phosphatierung kann einen wesentlichen Unterschied machen, sofern die gehärtete Oberfläche dies zulässt. Eine intensivere chemische Vorbehandlung kann dabei helfen, die durch den Härteprozess entstandenen Flecken zu entfernen oder zumindest zu reduzieren, sodass die anschließende Phosphatierung auf einem einheitlicheren Untergrund erfolgt. Die bisherigen Verfahren scheinen in manchen Fällen nicht ausreichend gewesen zu sein.
Statt wie üblich mit immer höheren Konzentrationen und längeren Beizzeiten zu arbeiten, wäre es sinnvoll, den Ansatz durch den Einsatz von Mischsäuren zu optimieren. Die Kombination von Salz- und Schwefelsäure kann hier einen synergetischen Effekt erzielen: Während die Schwefelsäure als starke, einheitliche Säure wirkt und Oxidationsprodukte effizient anlöst, kann die Salzsäure durch ihre Fähigkeit, in die Poren und kleinen Vertiefungen der gehärteten Oberfläche einzudringen, ungleichmäßige Oxidationsschichten adressieren und somit eine bessere Eindringtiefe der Beizlösung erreichen. Dieses gemischte System kann dazu beitragen, dass die gesamte Oberfläche schneller und homogener chemisch vorbereitet wird.
Um die optimalen Konzentrationen und Beizzeiten zu ermitteln, sind Vorversuche im kleinen Maßstab – beispielsweise in einem Becherglas – empfehlenswert. Dabei sollte man die Wirkung der Mischung an repräsentativen Probestücken beobachten, um die Parameter so abzustimmen, dass die gewünschte Oberfläche erzielt wird, ohne übermäßige Materialangriffe zu riskieren. Insbesondere bei gehärteten Stählen gilt es, die Beizzeiten niedrig zu halten, da längere Expositionszeiten zu einem wasserstoffinduzierten Sprödbruch führen können. Daher empfiehlt es sich, mit höheren Säurekonzentrationen, aber reduzierten Beizzeiten zu arbeiten. Ergänzend sollten geeignete Beizinhibitoren eingesetzt werden, um unerwünschte Nebenreaktionen zu minimieren und die Homogenität der Vor-behandlung weiter zu verbessern.
Das Wunder der Kommunikation
Sollte keine Verbesserung erzielt werden können, werden Sie das Gespräch mit dem Kunden und der Härterei suchen müssen. Der Standpunkt der Galvanik ist hier normalerweise, dass nur die Qualität herauskommt, welche die Galvanik betreten hat. Oder um im oben gezeigten Bild zu bleiben: Die Wand wird durch die Tapete auch nicht wieder gerade.
Da bereits zahlreiche Versuche unternommen wurden, werden Sie Ihren guten Willen leicht belegen und die Grenzen des Machbaren aufzeigen können. Eine Härterei hat mehrere Ansatzmöglichkeiten, um die Bildung von Flecken zu vermeiden. Zunächst ist eine gründliche Reinigung vor dem Härten unabdingbar. Das bedeutet, dass sämtliche Rückstände von Ölen, Fetten und ggf. Schweißrückständen, die sich vor oder während des Härtens auf der Oberfläche ablagern können, konsequent entfernt werden. Durch den Einsatz geeigneter Entfettungs- und Beizmittel wird die Stahloberfläche metallisch blank, was gewährleistet, dass bei der weiteren Wärmebehandlung keine Oxidationsrückstände entstehen, die später als Ansatzpunkte für Flecken dienen könnten.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Optimierung des Wärmebehandlungsverfahrens selbst. Hier kann es helfen, den Temperaturverlauf so präzise zu regeln, dass das Gefüge des Stahls homogen bleibt. Ungleichmäßige Erhitzung oder zu hohe Temperaturen führen oft zu grobkörnigen oder oxidierten Oberflächen, die später problematisch sind. Mittels normalisierender Maßnahmen oder gezieltem Anlassen lässt sich diese Gefahr minimieren und gleichzeitig ein stabileres und feiner strukturiertes Endprodukt erzielen.
Das erwartete Wunder kann die Galvanik höchstwahrscheinlich nicht selbst schaffen, aber durch Optimierungen im Gesamtprozess (Härten, Lagerung, Lagerzeiten und Vorbehandlung) sollten sich kostengünstig deutlich bessere Resultate erzielen lassen.