Frage: Im Zuge von Kostenoptimierungen sind wir seit geraumer Zeit dabei, jeden Stein im Betrieb mehrfach umzudrehen. Auch aufgrund Ihrer Berichte – etwa der Energiespar-Serie – konnten wir bereits einiges erreichen. Nun sind wir beim Thema „Schichtdickenverteilung“ angelangt. Bei Trommelware sehen wir, abgesehen von kleinen Optimierungen am Elektrolyt, kein großes Potential mehr. Anders sieht es bei unseren Gestellanlagen aus. Zwar sind uns die Grundprinzipien bekannt, es herrscht allerdings Uneinigkeit darüber, welche Maßnahmen effektiv sind und welche die Investitionen nicht lohnen. Können Sie uns hier bitte einige allgemeine Anhaltspunkte liefern?
Antwort: Das Thema der Schichtdickenverteilung (Makrostreuung) ist sehr komplex und muss von Fall zu Fall betrachtet werden. Es gibt Verfahrenstechniken, bei denen sich dies sehr gut optimieren lässt, etwa bei der Bandgalvanisierung oder dem Tamponverfahren – insbesondere per Robotertechnik.
Bei Gestellware haben sich unterschiedliche Techniken durchgesetzt, die mal mehr, mal weniger aufwendig sind und ggf. weitere Probleme mit sich führen können. Ihre Bedenken bezüglich Effektivität ließen sich auf Verfahrensprobleme ausweiten, schließlich besteht immer das Risiko, dass man ein Verfahren kaputt optimiert. Dies kann ganz unterschiedliche Ausmaße annehmen und ist – wie erwähnt – von Fall zu Fall unterschiedlich. Die häufigsten Probleme treten auf, wenn man an der bewährten Zusammensetzung der Elektrolyte „herumpfuscht“ und man dadurch Eigenschaften verschlechtert, die einem nicht sofort auffallen. Eigenschaften wie Deckfähigkeit, Glanzgrad oder Rauheit lassen sich schnell feststellen, bei Härte, Reibwert oder Korrosionsbeständigkeit muss genauer geprüft werden.
Das bedeutet: Alle nachfolgenden Methoden sind theoretischer Natur. Sie können in Ihren Anlagen ausgezeichnet funktionieren, aber auch neue Probleme verursachen.
Aufhängung und Positionierung
Beim Aufhängen von Teilen an einer Galvanisiergestell-Lage sind einige Grundsätze zu beachten, um optimale Ergebnisse bei der Metallabscheidung zu erzielen:
- Gleiche Höhenlage: Stellen Sie sicher, dass alle Teile den gleichen relativen Abstand zur Oberfläche des Elektrolyten haben. Dies bezieht sich vor allem auf Hacken, auf denen größere Teile am Warenträger angehängt werden.
- Sicherer Halt: Sorgen Sie dafür, dass die Teile sicher an der Gestell-Lage befestigt sind, um keine Bewegung, Verformung oder Stromunterbrechungen während des Galvanisierprozesses zu erleiden.
- Keine Berührung: Sorgen Sie dafür, dass keine Teile direkt aufeinander liegen oder sich berühren, da dies zu ungewollten Kontakten zwischen den Teilen führt.
- Gleiche Ausrichtung: Stellen Sie sicher, dass alle Teile in gleicher Richtung ausgerichtet sind, um eine einheitliche Schichtdickenverteilung zu erreichen.
- Gleiche Abstände: Sorgen Sie dafür, dass die Teile den selben Abstand zueinander haben.
Abblendungen und Abschirmungen
Da an den Gestellen naturgemäß außen mehr Strom fließt als innen, können Sie die Gestelle mit Abblendungen ausstatten. Dies lässt sich in den meisten Fällen durch Kunststoffplatten relativ einfach realisieren. Je nach Platte und Konstruktion können diese mit der Zeit deformieren, so dass sie regelmäßig gewartet werden müssen, um ein einheitliches Resultat zu erhalten.
Drehgestelle
Je nach Teilegeometrie können sog. Drehgestelle eingesetzt werden. Sie kommen überwiegend bei Zylindern zum Einsatz. Häufig werden dabei die Enden auch noch abgeschirmt. Eine modifizierte Version sind Wippgestelle. Hier werden die Teile nur leicht hin und her gedreht.
Anodenverteilung
Eine häufige Ursache bei einer schlechten Schichtdickenverteilung ist die Anodenverteilung. Beispielsweise bei Platten, die sich auf der Anodenstange ungleichmäßig ablösen und seltener kontrolliert werden. Bei gefüllten Körben, die stellenweise nicht gleichmäßig oder unzureichend befüllt sind, ist diese Problematik ebenfalls bekannt.
Sorgen Sie zunächst dafür, dass die Anoden regelmäßig gefüllt und ggf. gereinigt werden. Nicht selten besteht ein Problem darin, dass sich in Anodensäcken unten Verschmutzungen anreichern und die Anoden abblenden. Eine weitere Optimierung können, wie an der Kathode, gezielte Abblendungen bewirken. I. d. R. werden Anoden so angeordnet, dass man in der Mitte mehr hat als außen.
Innenanoden
Vor allem aus dem Hartchrombereich ist die Verwendung von Innenanoden bekannt. Durch die Anwesenheit einer Innenanode kann die Schichtdickenverteilung auf der Oberfläche des Werkstücks wesentlich verbessert werden. Der Aufwand lohnt sich i. d. R. nur in extremen Anwendungsfällen, wie etwa der beschriebenen Hartverchromung. Bei anderen Verfahren kommt sie nur zum Einsatz, wenn aufgrund von Teilegeometrie keine ausreichende Streuung möglich ist und alle anderen Optionen ausgeschöpft wurden, etwa bei Rohren oder tiefliegenden Sacklöchern.
Elektrolyt-Auswahl
Generell sollten Sie sich für Elektrolyte entscheiden, die für eine gute Streufähigkeit bekannt sind. Je nach Metall kommen hier teils recht verschiedene Elektrolyte zum Einsatz, i. d. R. werden aber alkalische Elektrolyte und/oder welche mit einem hohen Anteil an Komplexbildnern eingesetzt. Je besser die Streufähigkeit eines Elektrolyten ist, umso besser ist die Metallverteilung auf der gesamten galvanisierten Oberfläche. Da die abgeschiedenen Metallmengen nach dem 1. Faradayschen Gesetz von der Stromdichte abhängen, ist die Streufähigkeit von der Stromdichteverteilung abhängig. Es wird zwischen primärer und sekundärer Stromdichteverteilung unterschieden.
Die primäre Stromdichteverteilung hängt mit der geometrischen Form eines Teils zusammen. Wichtiger als die primäre ist bei der galvanischen Metallabscheidung die sekundäre Stromdichteverteilung. Sie wird durch die meist sehr komplizierten Polarisationsvorgänge bewirkt, durch die der Strom umverteilt und die Schichtdickenverteilung in der Regel gleichmäßiger wird.
Ganz allgemein gesehen können polarisierende Maßnahmen hilfreich sein, um eine homogene Schichtdickenverteilung zu erreichen. Es ist jedoch wichtig, dass diese Maßnahmen sorgfältig geplant und durchgeführt werden, da sie auch Nebenwirkungen haben könnten, vor allem bei Legierungsabscheidungen, wo sich polarisierende Maßnahmen auf das negativere Potential positiver auswirken.
Ein weiterer Nebeneffekt der Polarisation kann eine höhere Wasserstoffentwicklung im hohen Stromdichtebereich sein. Dies kann zu Verbrennungen führen, wie sie bei der Vernickelung bestens bekannt sind. Außerdem besteht bei gehärteten Stählen die Gefahr einer Wasserstoffversprödung.
Strömungstechnik
Eine intelligente Strömungstechnik, also Konvektion, kann ebenfalls dazu führen, dass sich die Schichtdickenverteilung verbessert. Um dies zu erreichen, müssen die Teile in der Mitte des Gestells besser angeströmt werden als außen. Hierbei ist jedoch darauf zu achten, dass die Anströmung nicht zu stark ist, da sich ansonsten leichtere Teile vom Gestell lösen können. Bei manchen Verfahren kann sich auch die Optik stark verändern. Bspw. können durch eine höhere Strömung die Teile in der Mitte des Gestells deutlich mehr glänzen oder matter werden.
Temperatur
Regulieren Sie die Temperatur des Elektrolyten, um den Metallabscheidungsprozess optimal zu gestalten. Eine zu hohe oder zu niedrige Temperatur kann zur Bildung eines ungleichmäßigen Überzugs führen. Auch ist eine ungleichmäßige Temperaturverteilung im Elektrolyten von Nachteil. Bei heißen Verfahren und massiven Teilen geht man häufig dazu über, die Teile vor dem Elektrolyt in heißem Wasser vorzuwärmen, damit die Temperatur im Elektrolyt nicht absinkt.
Zugabe von Additiven
Fügen Sie bestimmte Substanzen (Additive) zum Elektrolyten hinzu, die den Metallabscheidungsprozess verbessern können. Diese Additive können die Metallverteilung sehr gut steuern, indem sie z. B. im hohen Stromdichtebereich inhibierend wirken. Spätestens an dieser Stelle sollten Sie aber unbedingt mit dem Lieferanten des Elektrolyts Rücksprache halten.
Literatur
[1] Praktische Galvanotechnik; T.W. Jelinek; 7. Auflage; Eugen G. Leuze Verlag; ISBN 978-3-87480-277-2
[2] Eigenschaftsvergleich verschiedener Materialien; Prof. Dr. Dr. Günther Hartwig; 1. Auflage; Eugen G. Leuze Verlag; ISBN 978-3-87480-243-7
[3] Lösung von Umweltproblemen durch die Oberflächentechnik; Peter Winkel; 1. Auflage; Eugen G. Leuze Verlag; ISBN 978-3-87480-236-9
[4] Die galvanische Verchromung; G.A. Lausmann und J.N. Unruh; 2. Auflage; Eugen G. Leuze Verlag; ISBN 3-87480-216-7