Frage: Wir versilbern Aluminium in der Trommel. Als Zwischenschicht tragen wir chemisch Nickel auf. Nach der Versilberung stellen wir eine scharfe Kante fest. Da wir bei den Elektrolyten keine Fehler feststellen konnten, fallen uns keine weiteren Optionen ein. Kennen Sie andere mögliche Ursachen für dieses Problem?
Scharfe Kanten sind nach der Beschichtung eigentlich unüblich bzw. selten, da die Kanten durch eine Beschichtung abgerundet werden. Auch die Trommeldrehung – die bei Aluminium allerdings normalerweise etwas langsamer ist als sonst – sollte eher für eine Abrundung als für Schärfung sorgen, falls sie überhaupt einen Einfluss hat.
Da uns leider keine weiteren Informationen zu den Teilen vorliegen, würden wir den Prozess von Anfang bis Ende zumindest gedanklich infrage stellen, zumal wir auch nicht wissen, wie hoch der Fehleranteil ist.
Ausgangsmaterial
Zunächst gilt es, den Ausgangszustand zu begutachten. Möglicherweise sind die Kanten bereits hier sehr scharf – zumindest ein Teil dieser Kanten. Je nach Fertigung der Teile können hier noch feine Grate oder Überlappungen vorhanden sein, welche die Kanten nicht so scharf wirken lassen. Durch spätere Prozesse – wie den Beizprozess von Aluminium – könnten diese abgetragen worden sein und scharfe Kanten zum Vorschein gebracht haben.
Vorbehandlung
Bei der Vorbehandlung von Aluminium erfolgt i. d. R. ein – mal mehr oder weniger starker – Materialabtrag. Das bezieht sich nicht nur auf o. g. Grate und Überlappungen, sondern ganz allgemein. Sie sollten deshalb direkt nach der Vorbehandlung die Teile kontrollieren. Finden sich hier tatsächlich die scharfen Kanten wieder, müssten Sie die Behandlungszeiten anpassen. Uns ist bewusst, dass das bei Aluminium ein Risiko beinhaltet, da Sie die Vorbehandlungszeiten mit Sicherheit über einen langen Zeitraum auf Ihre Produkte optimiert haben. Einen möglichen Kompromiss könnten Beizinhibitoren bieten.
Ni-P-Schicht
Eine chemische Nickelschicht als Zwischenschicht ist in vielen Fällen eine gute Wahl. Die Haftfestigkeit wird meistens durch ein chemisch Vornickel weiter verbessert. Die Praxis zeigt jedoch häufig, dass es bei der anschließenden Versilberung zu diversen Problemen kommen kann. Dies betrifft sowohl die Haftfestigkeit, als auch andere Schichteigenschaften. Um dies zum umgehen – und zugleich die Korrosionsbeständigkeit weiter zu verbessern – werden chemisch vernickelte Aluminiumteile häufig zusätzlich galvanisch vernickelt. Während die chemische Nickelschicht weitestgehend die Oberfläche – und somit auch die Kanten – reproduziert, könnte eine galvanische Nickelschicht helfen, zu scharfe Kanten, die ggf. vom Beizprozess kommen, etwas abzurunden.
Versilberung
Bei der Versilberung sind mehrere Fehlerbilder bekannt, die entweder zu scharfen Kanten führen können oder zumindest zu Problemen, die man für solche halten kann. Dabei kann es sich um raue Niederschläge im hohen Stromdichtebereich (Kanten), Dendrite und kleinere Auswüchse handeln.
Raue Niederschläge lassen sich meistens auf Partikel im Elektrolyt zurückführen. Dendrite entstehen häufig auf mattierten Oberflächen, sind aber auch von hochglanzpolierten Teilen bekannt. Oft hilft hier bereits eine dickere Zwischenschicht. Wenn nicht, kann die Ursache in organischen Abbauprodukten gefunden werden. Hier hilft eine Aktivkohlebehandlung und ggf. Zugabe von bis zu 0,1 g/L Kaliumiodat – wobei eine Verbesserung erst nach einigen Produktionsstunden eintritt.
Von einigen Substraten – etwa Messing mit einem hohen Anteil an Betaphasen – ist bekannt, dass sie sich negativ auf den Aufbau von Silberschichten auswirken können. Auch in solchen Fällen könnte eine dickere Zwischenschicht oder generell eine galvanische Nickelschicht Abhilfe verschaffen.
Temperungen
Eine Temperung kann die Eigenschaften von Aluminium und späteren Beschichtungen stark beeinflussen. Dabei kommt es darauf an, wann und wie diese durchgeführt werden und um welche Legierung es sich handelt. Häufig werden sog. Haftfestigkeitstemperungen nach der chemischen Vernickelung durchgeführt. Diese werden bei 200 °C und 1-2 Stunden Dauer betrieben. Dies ist auch als Baking bekannt. Anschließend werden die Teile weiter versilbert. In der Endkontrolle werden solche Temperungen auch als Haftfestigkeitsprüfung durchgeführt, allerdings beträgt die Verweilzeit im Temperofen mehrere Stunden.
Thermische Nachbehandlungen werden auch bei Temperaturen oberhalb von etwa 280 °C durchgeführt, um die Härte von Ni-P-Schichten von ursprünglich 500 bis 600 HV auf über 1000 HV zu steigern. Dies läuft meistens bei 400 °C an. Tempern bei 650 °C über mindestens 10 Stunden verbessert die Korrosionsbeständigkeit der Schichten erheblich.
Bei Temperaturen unter 250 °C laufen die Überzüge nur wenig an. Zwischen 250 und 700 °C kann dies nur in einer Schutzgasatmosphäre oder durch Arbeiten im Vakuum vermieden werden.
Manchmal wird Aluminium vor der Beschichtung getempert, um innere Spannungen zu reduzieren. Wenn das Aluminium unter hoher innerer Spannung steht, kann dies zu einer Veränderung der Kristallstruktur des Materials führen, was wiederum die Beschichtung beeinflussen kann. Dieser Einfluss kann bereits in der Vorbehandlung erfolgen, da sich die Spannungen auf die Geschwindigkeit chemischer Reaktionen auswirken können.
Die richtige Temperatur und Zeit hängt sehr von der Legierung ab. Bei Aluminium-Kupfer-Legierungen und Aluminium-Magnesium-Silicium-Legierungen kann eine längere Temperung bei 200 °C zur Ausscheidungshärtung führen. Bei reinem Aluminium ist dies nicht zu erwarten. Für kaltverformte Aluminiumlegierungen könnte die Temperatur von 200 °C zu niedrig sein, um eine vollständige Rekristallisation auszulösen.
Bekannt ist der Prozess des Spannungsarmglühens, ein kontrollierter Wärmebehandlungsprozess, der darauf abzielt, innere Spannungen zu reduzieren und dadurch die Duktilität und Verarbeitbarkeit zu verbessern, ohne die Festigkeit und Härte wesentlich zu verändern. Dies trägt dazu bei, die Lebensdauer und Zuverlässigkeit von Aluminiumbauteilen zu erhöhen. Das Werkstück wird langsam und gleichmäßig auf eine Temperatur zwischen 250 und 350 °C erhitzt. Die genaue Temperatur hängt von der spezifischen Aluminiumlegierung und den vorhandenen Spannungen ab. Ein langsames Aufheizen ist entscheidend, um thermische Schockeffekte zu vermeiden, die neue Spannungen erzeugen könnten. Das Aluminium wird für eine bestimmte Zeit, typischerweise zwischen einer halben Stunde und mehreren Stunden auf der Zieltemperatur gehalten. Diese Haltezeit ermöglicht es den inneren Spannungen, sich durch plastische Verformung und Rekristallisationsprozesse abzubauen. Die Dauer des Haltens hängt von der Dicke des Werkstücks und dem Ausmaß der Spannungen ab. Nach der Haltezeit wird das Werkstück langsam auf Raumtemperatur abgekühlt. Ein langsames Abkühlen ist wichtig, um das Entstehen neuer Spannungen zu verhindern. Die Abkühlrate kann durch die Umgebungsluft oder kontrollierte Kühlverfahren gesteuert werden. Die primäre Wirkung des Spannungsarmglühens ist die Reduktion oder Beseitigung innerer Spannungen. Dies verbessert u. a. auch die Dimensionsstabilität des Werkstücks.
Die richtigen Temperaturen und Zeiten müssten Sie in Versuchen selbst ermitteln. Als Startwert würden wir 300 °C und eine Haltezeit von sechs Stunden vorschlagen.