Neben Zink, Nickel, Kupfer und Chrom haben wir einen großen Bereich, in dem wir phosphatieren. Neben der klassischen Zinkphosphatierung haben wir auch eine Manganphosphatierung. In den letzten Monaten stellten wir immer wieder Probleme mit den Grenzwerten fest. Die Situation eskalierte, als eine behördliche Kontrolle feststellte, dass der Wert in der Endkontrolle das Zehnfache des erlaubten betrug. Können Sie uns Tipps geben, um das Problem dauerhaft in den Griff zu bekommen?
Da mittlerweile die Behörde „im Spiel“ ist, wird es nicht nur nötig sein, das Problem auf technischer Ebene zu lösen, sondern auch nachzuweisen, dass Sie alles tun, um solche Vorfälle in Zukunft zu vermeiden. Es geht somit – neben dem eigentlichen Problem – darum, Vertrauen zu schaffen, da Ihnen ansonsten vermehrte Kontrollen und ggf. neue Auflagen drohen. Nachfolgend werden wir dies in unseren Betrachtungen berücksichtigen.
Quellen für Phosphat
Das Phosphat muss nicht ausschließlich aus den Phosphatierungen kommen. Phosphate finden sich vor allem in Entfettungen wieder. Bei der Kunststoffmetallisierung gibt es phosphorhaltige Reduktionslösungen sowie entsprechende Spüllösungen, die neben Phosphinaten und Phosphonaten noch weitere Phosphorverbindungen enthalten können. Es kann auch Bestandteil weiterer Elektrolyte und Prozesse sein, die bspw. Phosphorsäure enthalten.
Sie sollten vollständig ermitteln, wo Phosphate im Betrieb und Labor (sofern diese Abwässer ebenfalls in der Abwasseranlage landen und nicht separat entsorgt werden) in welcher Konzentration anfallen. Dies gilt u. a. auch für Eluate.
Kontrollen und Analysen
Erfahrungsgemäß werden Abwasserwerte vor allem dort kontrolliert, wo sie vermutet werden. Aufgrund der Trennung von Abwässern in separaten Vorratsbehältern und einer entsprechenden Abwasserbehandlung werden demzufolge vorwiegend bei Chargen Phosphatwerte kontrolliert, in denen das Abwasser der Phosphatierungen behandelt wurde. Stammt Phosphat aus anderen Quellen, ist es durchaus möglich, dass hier die Phosphatwerte weniger oder überhaupt nicht kontrolliert wurden und sie Ihnen somit entgehen.
Führen Sie außerdem eine detaillierte Analyse der bisherigen Daten durch, um Muster oder Ursachen für die Überschreitungen zu identifizieren. Außerdem sollten Sie auch Ihre Analysemethoden infrage stellen. Sind die Methoden zeitgemäß und zuverlässig? Werden sie ordnungsgemäß durchgeführt?
Prozessoptimierung
Es ist generell ratsam, möglichst viel Abwasser zu vermeiden, statt es zu entgiften. Wenn Sie alle Quellen identifiziert haben, sollten Sie überlegen, wo Sie es vermeiden oder zumindest reduzieren können. Bei den Phosphatierungen wird es wenig Spielraum geben, hier kommen eher Rückführungen über entsprechende Spülsysteme zum Tragen. In Entfettungen sollte geprüft werden, ob man Ersatzstoffe einsetzen oder gar komplett darauf verzichten kann.
Phosphate unterscheiden sich bei Reinigungslösungen in Orthophosphate und Polyphosphate. Orthophosphate (PO43–) haben ein gutes Dispergiervermögen, halten also unlösliche Stoffe fein verteilt in der Schwebe. Polyphosphate haben eine gute Kalkseifendispergierung im schwach alkalischen Bereich. Polyphosphate sind Komplexbildner und haben eine stabilisierende Wirkung. So werden beispielsweise die Härtebildner des Wassers komplexiert und Schmutzpartikel suspendiert. Es ist also nicht so einfach, auf Phosphate in Entfettungen zu verzichten, Sie sollten aber dennoch Kontakt zu Chemielieferanten aufnehmen und nach phosphatfreien Alternativen nachfragen.
Optimieren Sie zudem die Zugabe von Chemikalien. Überprüfen Sie, ob die Konzentrationen und Mengen korrekt dosiert werden.
Abwasserbehandlung
Orthophosphat kann durch Fällung mit Calcium-, Aluminium- oder Eisenverbindungen auf einen Grenzwert < 2 mg/L P abgesenkt werden. Die Fällung erfolgt bei pH 8,0 – 9,5. Polyphosphate, Pyrophosphat oder Tripolyphosphat sind in dieser Form nicht fällbar, da sie Komplexbildner darstellen. Um den Grenzwert zu unterschreiten, müssen Polyphosphate zuerst in Orthophosphat überführt werden. Dies erreicht man durch Absenken des pH-Wertes auf < 2,5. Verweilzeit mindestens 15-30 Minuten. Die Spaltung der Polyphosphate muss vor der Metallfällung durchgeführt werden.
Teilweise erlebt man die vollständige Umwandlung bereits bei pH Werten von knapp < 3,0, je nach Literatur wird auch ein pH-Wert von < 2,0 angegeben. Die unterschiedlichen Angaben begründen sich meist in der Dosier- und Rührtechnik. Je mehr HCl zugegeben werden muss und je langsamer der pH-Wert sinkt, umso näher kann der pH-Wert an 3,0 liegen. Je schneller der pH-Wert sinkt und je weniger Säure zugegeben werden muss, umso mehr sollte der pH-Wert bei 2,0 liegen.
Anschließend wird mit Calciumhydroxid gefällt:
H3PO4 + Ca(OH)2 → CaHPO4 + 2 H2O
Löslichkeit = 70 mg/L bei pH > 9,5
3 H3PO4 + 5 Ca(OH)2 → Ca5(OH)(PO4)3 + 9 H2O
(Calciumhydroxophosphat (Hydroxylapatit))
Löslichkeit = 3 mg/L PO43– entspricht ca.
1 mg/L Phosphor.
Die Fällung des Phosphats wird auch durch Zugabe von Eisensalzen begünstigt. Polyphosphate werden durch Zusatz von Aluminium-, Eisen- oder Magnesiumsalzen ausgefällt.
Durch die Dosierung von Metallsalzen erfolgt ein Anionenaustausch. (PO43-) wird entfernt und (Cl–) oder (SO42–) gelangt ins Wasser. Zweiwertiges Eisen kann nur dann mit Erfolg angewendet werden, wenn es in sauerstoffhaltigem Wasser zum dreiwertigen Eisen oxidiert wird. Im Abwasser von Galvaniken ist dies eher selten der Fall.
Eine weitere Methode stellt die UV-Oxidation dar. Durch die Kombination von Wasserstoffperoxid und UV-Licht können die Phosphinionen zu Phosphonionen oder weiter zu Phosphationen oxidiert werden.
H2PO3– + OH→ PO3H– + H2O
H2PO2– + OH→ PO2H– + H2O
2 PO3H– + H2O→ H2PO4– + H2PO3–
PO3H– + OH⇄ H2PO4–
Damit ergibt sich folgende Gesamtreaktion:
H2O2 + H2PO3–→ H2PO4– + H2O
Durch die Hydroxylradikale werden die in der Lösung enthaltenen organischen Verbindungen ebenfalls teilweise oxidiert.
Technische Verbesserungen
Erwägen Sie die Aufrüstung oder den Austausch veralteter Ausrüstung, die möglicherweise nicht mehr effizient arbeitet. Implementieren Sie Automatisierungstechnik zur genauen Dosierung und Überwachung der Prozessparameter. Dies gilt für Produktion und Abwasseranlage gleichermaßen.
Schulungen und Bewusstsein
Schulen Sie Ihre Mitarbeiter regelmäßig in den spezifischen Anforderungen und Techniken der Phosphatierung und Abwasserbehandlung [1, 2]. Gleiches gilt auch für Ihr Personal, welches die Analysen durchführt. Fördern Sie ein Bewusstsein für die Bedeutung der Einhaltung von Grenzwerten und die Konsequenzen von Überschreitungen.
Externe Beratung
Ziehen Sie gegebenenfalls externe Experten oder Berater hinzu, die auf Phosphatierung und Umweltmanagement bzw. Galvanotechnik im Allgemeinen spezialisiert sind, um spezifische Probleme zu identifizieren und Lösungen zu entwickeln [3]. Ein geschulter Blick von außen kann häufig Probleme aufdecken, für die Sie mittlerweile blind sind.
Notfallmaßnahmen
Entwickeln Sie einen Plan für Sofortmaßnahmen, falls Grenzwerte überschritten werden, um die Situation schnell zu kontrollieren und zu beheben. Notfallmaßnahmen sind kurzfristige Reaktionen und langfristige Präventivstrategien.
Durch die Kombination solcher Sofort- und Präventivmaßnahmen können Sie die Auswirkungen von Grenzwertüberschreitungen minimieren und eine langfristige Einhaltung gesetzlicher Vorgaben sicherstellen. Wichtig ist, dass Sie besonders den Behörden gegenüber nachweisen, dass Sie in Zukunft auf jede Eventualität vorbereitet sind. In Kombination mit Schulungen und ggf. externen Experten wird es Ihnen gelingen, neues Vertrauen zu schaffen.
LiNKS
[1]Online-Kurs Umwelttechnik Teil 1 – Abwasserbehandlung: https://www.galvanotechnik-for-you.de/uebersicht-kurse/umwelttechnik-teil-1-abwasserbehandlung/
[2]Umwelttechnik Teil 2 – Energie- und Recyclingtechnik: https://www.galvanotechnik-for-you.de/uebersicht-kurse/umwelttechnik-teil-2-energie-und-recyclingtechnik/
[3]Agency Binary Circle: https://www.agencybc.de/