Neue Anforderungen, Zukunftsthemen, Wasserstoff
– Teil 3 – Wir leben in spannenden Zeiten. Hintergrund sind die technologischen Umbrüche bei der Mobilität, Energiewirtschaft, Nachhaltigkeit und Informationstechnologie. Diese Entwicklungen treiben auch die Galvano- und Oberflächentechnik an, Innovationen zu entwickeln, die ihnen zum Durchbruch verhelfen. Teil 3 unserer Berichterstattung über die Ober-flächentage stellt einige dieser Zukunftsthemen vor, die von Schichten für die E-Mobilität über umweltfreundliche Nickelschichten bis zur Wasserelektrolyse reichen.
Neue Anforderungen an die Galvano- und Oberflächentechnik Anodische Schichten als Potenzialbarriere
Wie Dr. Julia Dukwen von der Aalberts Surface Technologies GmbH ausführte, müssen Aluminiumbauteile für zahlreiche Anwendungen in der E-Mobilität neben gängigen Anforderungen auch elektrische Isolationsanforderungen erfüllen. Zur Erzeugung solcher Potenzialbarrieren auf Aluminiumbauteilen für Massenanwendungen ist die Anodisation das Mittel der Wahl.
Dukwen stellte in ihrem Vortrag die elektrisch isolierenden Eigenschaften von verschiedenen anodischen Schichten auf Aluminiumwerkstoffen sowie Methoden zur Charakterisierung vor. Die elektrischen Isolationseigenschaften von anodischen Schichten werden durch die Werte der Durchschlagsspannung charakterisiert. Folgende Untersuchungsergebnisse lassen sich zusammenfassen:
- Mit steigender Anodisationsschichtdicke steigt die Durchschlagsspannung; nicht linear, sondern degressiv.
- Hoch silizium- und schwermetallhaltige Legierungen weisen geringere Durchschlagswerte auf.
- Der Zustand des Werkstoffes (Korngefüge und die Konzentration der Legierungselemente) beeinflusst die Durchschlagsspannung.
- Eine dickere Sperrschicht der Oxalsäure-Schicht führt zur höheren Durchschlagsspannung.
- Durch den Verschluss der Poren in der Heißwasserverdichtung wird die Durchschlagsspannung erhöht (Ausnahme: HC auf 6082).
- Organische Schichten verbessern zusätzlich die Isolationswirkung.
Mit diesen Daten soll eine Hilfestellung bei der Auswahl der geeigneten Aluminiumlegierung sowie des Anodisationsprozesses für Anwendungen mit Potenzialbarriere gegeben werden.
Zukunftsthemen in der Oberflächentechnik II Cr(VI)-freie schwarze Nickelschichten mit angepassten Eigenschaften
Die stromlose Abscheidung von Chemisch Nickel mit Schwarzfärbung bietet eine Alternative zum Schwarzverchromen, erklärte Toni Munteanu, Innovent e. V., in seinem Vortrag zum Thema „Cr(VI)-freie schwarze Nickelschichten mit angepassten Eigenschaften für die Optikbranche und Laserindustrie“. Munteanu berichtete über Untersuchungen im Rahmen eines Forschungsprojektes zur Schwärzung von Nickelschichten. Insbesondere ging es dabei darum, optische Eigenschaften für den Einsatz in der Optik- und Lasertechnikbranche anzupassen.
Zur Schwarzfärbung der chemisch Nickelschichten wurden kommerziell erhältliche, literaturbekannte und eine eigene synthetisierte Färbelösung untersucht und miteinander verglichen. Des Weiteren wurde der Frage nachgegangen, welche Möglichkeiten der Vor- und Nachbehandlung von Substraten es gibt, um die optischen Eigenschaften gezielt zu beeinflussen. Neben der Applikation von SiOx-Schichten durch Plasmabehandlung und Beflammungstechnik sowie der Anwendung von Sol-Gel-Beschichtungen wurden Sandstrahlverfahren als Vorbehandlungsschritt eingesetzt.
Low phos Chemisch Nickelschichten lassen sich besser schwärzen als Nickelschichten mit einer höheren Phosphoreinbaurate. Absorptionsmessungen im Bereich 200-2200 nm ergaben eine 85 bis 97%ige Absorption. Der Prozess ist RoHS (Restriction of Hazardous Substances)-konform: Es wurden kein Cr(VI), Pb und Cd detektiert. Werte für Emissionsgrenzen liegen noch nicht vor.
Entfernung von Partikeln aus Spülbädern und behandelten Abwässern
Die von Walter Masur von der Serfilco GmbH vorgestellte Methode auf Basis eines keramischen Molekularfiltermaterials (getrocknete und gebrannte Kügelchen) ist einfach anzuwenden und eröffnet die Möglichkeit die Belastung der knapper werdenden Ressource Wasser drastisch zu reduzieren. Maßgeschneiderte Cera-Mol-Materialien entfernen unterschiedliche Rückstände, wie beispielsweise Cera-Mol-C (Entfernung von organischen Stoffen und COD), Cera-Mol-M (Metallrückstände Cu, Ni, Zn, Sn, Cd) oder Cera-Mol-AN (Entfernung von Sulfaten, Chloriden, Phosphaten, Nitriten, Fluoriden). Dadurch können wertvolle Stoffe aus Spülbädern und Abwässern zurückgewonnen werden. Der Prozess erfolgt durch Adsorption, Absorption und chemische Reaktion.
Ausrüstungsseitig benötigt man ein standardisiertes SerPURE-System aus 2/3/4 oder mehr Filterbehältern inklusive einer durchflussoptimierten Pumpe. Voraussetzung für den Prozess ist eine detaillierte Analyse (Inhaltstoffe, Konzentration, Temperatur etc.) sowie ein optimaler pH-Wert von 5-8.
Cera-Mol ist mit 5-10%igem NaOH regenerierbar. Laut Masur sind vier Regenerationszyklen möglich. Danach muss die Entsorgung durch einen Entsorger durchgeführt werden. Weitere Entwicklungen beschäftigen sich mit der Entwicklung spezieller Substanzen zur Entfernung von Ag und Pd.
Wasserstoff & Oberflächentechnik II PEM-Elektrolyse: Beschichtungsansätze für systemrelevante Komponenten
Systemrelevante Komponenten in der PEM-Wasserstoffelektrolyse sind Current collector (CC), Bipolarplatten (BPL) und die poröse Transportschicht (PTL). Dr. Sebastian Etschel von der Schaeffler Technologies AG & Co. KG, kürzlich in Leipzig mit dem Leipziger Galvanopreis für die effiziente und wirtschaftliche Bipolarplattenbeschichtung ausgezeichnet, berichtete in seinem Vortrag über einen Beschichtungsansatz für die poröse Transportschicht, um den Stofftransport sowie die Elektronenleitung zu gewährleisten. Stand der Technik bei der PTL ist Titan mit Platinbeschichtung. In den Untersuchungen wurden verschiedene Abscheidetechnologien von Platin auf porösen Titansubstraten (Titan-Vlies und Titan-Streckmetall) betrachtet. Im Ergebnis konnte eine signifikante Verbesserung der elektrochemischen Stabilität und der elektrochemischen Leitfähigkeit der PTL-Substrate durch die Beschichtung erreicht werden. Bei dem Titan-Vlies-Substrat führten die getesteten Abscheidetechnologien zu vergleichbaren Ergebnissen. Beim Titan-Streckmetall-Substrat sind signifikante Unterschiede zwischen den getesteten Abscheidetechnologien erkennbar. Bevorzugte Abscheidetechnologien konnten für beide Substrate identifiziert werden. Als nächstes sind elektrochemische In-situ-Langzeitbelastungstests für beide Substrate geplant.
Mit Wasserstoff Metalle und Säuren aus Prozessbädern zurückgewinnen
Konventionell können durch Elektrolyse Metalle zurückgewonnen werden. H2-Gasdiffusionselektroden (H2-GDE) werden derzeit für die Anwendung in Brennstoffzellen optimiert, wie Dr.-Ing. Thomas Weimer, Spiraltec GmbH, in seinem Vortrag ausführte. Wird H2 in neuen Elektrolyseverfahren mit H2-GDE verwendet, kann viel mehr Strom substituiert werden, als in einer Brennstoffzelle erzeugt werden kann. Die Gewinnung von Zn, Fe, Cd, Co, Ni, Sn, Pb durch Elektrolyse von Prozessbädern mit H2-GDE führt zu deutlich reduzierten Kosten für elektrische Energie. Weimer betrachtete die Wirtschaftlichkeit von H2-GDE für Prozessbäder mit Fe2+. Für die Betrachtung ging er von bestimmten Annahmen (u. a. 112 kg Fe/h) aus und errechnete einen Jahresrohgewinn von 268.000 Euro je Tonne Fe (Ebitda). Wenn das Verfahren für Fe wirtschaftlich ist, ist es das auch für andere Metalle, postulierte er.
Die H2-GDE können auch in Prozessbädern mit Salz- und Salpetersäure ohne Schadgasentwicklung eingesetzt werden. Ein ZLD-Prozess (Zero Liquid Discharge) ist auch mit Fremdmetallen möglich. Hierzu wird eine Diffusions- und Elektrodialyse benötigt. Der benötigte Was-serstoff kann CO2-neutral durch Elektrolyse, Dampfreformierung von Biogas oder durch Pyrolyse von Methan bereitgestellt werden.