Auf der Laser World of Photonics 2022, traf sich vom 26. bis 29. April 2022 die internationale Photonikbranche wieder live in München. Nach der pandemiebedingten Zwangspause leuchteten in den Münchner Messehallen wieder die Laser. Erstmals bot dabei die World of Quantum auch der internationalen Quantencommunity eine Bühne.
Darüber hinaus wurde deutlich, welche zentrale Rolle die Photonik etwa in der Medizintechnik, der Elektromobilität und der industriellen Fertigung spielt. Mit drei Gemeinschaftsständen war auch die Fraunhofer-Gesellschaft auf der Messe vertreten. Im Rahmen eines Presserundgangs konnten sich die Teilnehmer über aktuelle Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten sowie Anwendungen informieren. Nachfolgend werden ausgewählte Stationen kurz vorgestellt.
Miniatur-Lasersysteme zur Suche nach Spuren von Leben im All
Gab es Leben auf dem Mars? Dieser Frage will die Europäische Weltraumbehörde (ESA) mit ihrer ExoMars-Mission nachgehen. Auch wenn der für Herbst dieses Jahres geplante Start der Mission aufgrund der aktuellen politischen Entwicklungen zur Disposition steht, ist im Rahmen der Forschungsarbeit am Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF ein interessantes Analysesystem für den Einsatz im Weltraum entstanden. Für das mobile Labor des ExoMars-Rovers entwickelten die Forscherinnen und Forscher aus Jena ein miniaturisiertes Lasermodul. Das Raman-Spektrometer mit einem diodengepumpten Festkörperlaser mit Frequenzverdoppelung hat nur die Größe einer 50-Cent-Münze und wiegt einschließlich Gehäuse 50 Gramm (Abb. 1).
Mit ihm kann die Streuung von Licht an Molekülen in der Atmosphäre oder an Festkörpern wie Gesteinsproben untersucht und aus den Wellenlängenveränderungen Rückschlüsse auf die Beschaffenheit der Materie gezogen werden. Der grüne Laser aus Jena arbeitet mit einer Wellenlänge von 532 Nanometern und mehr als 100 Milliwatt. Alle Komponenten des empfindlichen Laserresonators und der Sekundäroptik wurden mittels einer laserbasierten Löttechnik miteinander verbunden. Jetzt hoffen die Forschenden, dass ihre Technik bald mit der MarsMission ins All starten kann (www.iof.fraunhofer.de).
Mit dem Laser gegen Mikroplastik
Bislang sind Kläranlagen kaum in der Lage, die winzigen Mikroplastikteile im Abwasser ausreichend herauszufiltern. Nun wird der erste lasergebohrte Mikroplastikfilter in einem Klärwerk getestet. Er enthält Bleche mit extrem kleinen Löchern von nur zehn Mikrometern Durchmesser. Die Technologie, um Millionen von Löchern effizient zu bohren, wurde am Fraunhofer-Institut für Lasertechnik ILT entwickelt (Abb. 2).
Im BMBF-geförderten Projekt „SimConDrill“ hat sich das Fraunhofer ILT mit Industriepartnern zusammengeschlossen, um erstmals einen Abwasserfilter für Mikroplastik zu bauen. Im Rahmen des Projekts wurden nach der Prozessentwicklung am Fraunhofer ILT von der LaserJob GmbH mit einem Multistrahlverfahren 59 Millionen Löcher mit zehn Mikrometern Durchmesser in ein Filterblech gebohrt. Dazu diente ein Ultrakurzpulslaser (TruMicro 5280 Femto Edition), mit dem gleichzeitig mit 144 Strahlen gebohrt werden konnten. Das Besondere besteht darin, dass alle Teilstrahlen individuell angesteuert und somit für die Herstellung beliebiger Oberflächenstrukturen genutzt werden können. Ziel ist es, die Geschwindigkeit des Prozesses um das Zwanzig- bis Fünfzigfache zu steigern und so die Wirtschaftlichkeit des Verfahrens signifikant zu erhöhen.
Optische Kohärenztomographie für eine stabilere und sicherere Laserbearbeitung
In Laserprozessen führen Abweichungen in den Parametern des Lasers rasch zu schwerwiegenden Fehlern am Bauteil, daher muss idealerweise sofort reagiert werden. Das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT aus Aachen hat ein modulares System auf der Basis der Optischen Kohärenztomographie (OCT) entwickelt, mit dem sich Abweichungen schon während der Laserbearbeitung aufspüren lassen (Abb. 3).
Die OCT ist ein berührungsloses Messverfahren, das hochauflösende zwei- und dreidimensionale Aufnahmen semitransparenter Materialien liefern kann. Mit seiner hohen Messfrequenz von mehreren Kilohertz ermöglicht es die OCT aber auch, Oberflächenabstände undurchsichtiger technischer Bauteile äußerst präzise zu vermessen. Damit lässt sich die Beschaffenheit von Werkstückoberflächen während eines laufenden Fertigungsprozesses überprüfen. Gerade für die Laserbearbeitung ist dies besonders vorteilhaft, denn so kann in Echtzeit auf Veränderungen im Prozess reagiert werden.
Das OCT-System wird koaxial, in einen gemeinsamen Strahlengang mit dem Laser, in das Bearbeitungsmodul integriert. Der Laser und das OCT-System nutzen eine gemeinsame Optik – jedoch bei unterschiedlichen Wellenlängen. Dadurch können Platz und der Installationsaufwand weiterer teurer Optiken gespart werden und Messungen direkt im Prozess durchgeführt werden. Der Laserbearbeitungsprozess wird durch die Messung nicht beeinflusst und es können beliebig viele Messmuster festgelegt werden.
Hiclad sorgt mit Hochleistungslaser für resilientes Laserauftragschweißen
Hochleistungsdiodenlaser mit Leistungen von zehn Kilowatt und mehr eröffnen neue Anwendungsszenarien für das Laserauftragschweißen. Gemeinsam mit Partnern aus der Industrie hat das Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik IWS inzwischen Anwendungen und konkrete Verfahren unter dem Label Hiclad für diese Industrielaser-Klasse zur Praxisreife geführt. Ein Kernelement der Hiclad-Familie ist der innovative Laserauftragschweißkopf COAXquattro. In dessen Düsenmitte verläuft ein Laserstrahl, um den ringsum bis zu acht separat steuerbare Kanäle Pulver und Drähte zuführen.
COAXquattro ermöglicht dadurch erstmals die simultane Verarbeitung von Pulver und Draht in verschiedenen Kombinationen. Die Werkstoffe treffen im Laserfokus über der Bauteiloberfläche zusammen, wo der Laser das zugeführte Metall aufschmilzt. Direkt auf der Oberfläche entsteht die Beschichtung in-situ aus dem Pulver und den einzeln zugeführten Drähten. Im Gegensatz zum pulverbasierten Auftragschweißen waren die drahtbasierten Prozesse bislang auf maximal sechs Kilowatt begrenzt. Mit COAXquattro gelingt es nun in der Kombination von Draht und Pulver Laserleistungen von bis zu 20 Kilowatt einzusetzen.Der nächste Schritt soll in die 45-Kilowatt-Klasse führen Die Technologie wurde am Fraunhofer-Gemeinschaftsstand vorgestellt.
Inline-fähige spektroskopische 100%-Prüfung für industrielle Qualitätssicherung und Prozesskontrolle
Unternehmen aus der Pharma-, Chemie- und Lebensmittelbranche sind darauf angewiesen, höchste Qualitätsanforderungen zu erfüllen und zugleich Produktionsprozesse zu optimieren. Das Fraunhofer IAF hat in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer Centre for Applied Photonics für solche Anwendungen ein integrierbares Messsystem entwickelt, das mit Hilfe von maschinellem Sehen gezielt Proben erkennt und innerhalb von wenigen Millisekunden mittels laser-basierter Infrarotspektroskopie kontaktfrei verifiziert. Verunreinigte oder fehlerhaft bestückte Exemplare können so gleich aussortiert werden (Abb. 4).
Die spezifischen Vorteile des Systems ergeben sich aus dem Rückstreuspektroskopie-Verfahren im mittleren Infrarot mit Wellenlängen im Bereich von 4 bis 12 μm. Da molekulare Verbindungen in diesem Spektralbereich sehr charakteristische Absorptions- und Emissionslinien aufweisen, können sie eindeutig identifiziert werden. Eine der Kernkomponenten des Messsystems ist ein breit emittierendes und spektral schnell scannendes Lasermodul, eine Kombination von Quantenkaskadenlaser und mikro-opto-elektro-mechanischen Gitterscanner. Um die Integrationsfähigkeit des Messsystems in industrielle Prozesse zu veranschaulichen, hat das Team des Fraunhofer IAF einen praxisnahen Demonstrator entwickelt, der auf der Messe vorgestellt wurde.
Hochsensitive Quantenmagnetometer auf dem Weg in die Industrie
Das Fraunhofer IAF stellte auch ein Quantenmagnetometer auf Basis von Diamant vor. Es soll magnetische Felder mit einer räumlichen Auflösung von wenigen Nanometern bis hin zu einzelnen Elektronen- und Kernspins nachweisen. Aufgrund der physikalischen Materialeigenschaften funktionieren Diamant-Quantenmagnetometer bei Raumtemperatur, was ideal für industrielle Anwendungen ist (Abb. 5).
Das Fraunhofer IAF stellte auch ein Quantenmagnetometer auf Basis von Diamant vor.
Fraunhofer-Forschende aus sechs Instituten haben sich im Projekt „Quantenmagnetometrie“ (kurz QMag) zusammengeschlossen, um unter anderem ein bildgebendes Rastersondenmagnetometer auf Basis von Stickstoff-Fehlstellenzentren (NV-Zentren, nitrogen-vacancy centers) in Diamant für präziseste Messungen von nanoelektronischen Schaltungen zu entwickeln. Es konnten bereits große Fortschritte in der Entwicklung und Optimierung von Diamantsensorspitzen erzielt werden. Dies betrifft sowohl das Wachstum von hochwertigem Diamant als auch die gezielte Erzeugung und Platzierung von NV-Zentren in den Diamantspitzen. Darüber hinaus haben die Forschenden Mikrolinsen entwickelt sowie magnetische Nanopartikel synthetisiert, die in die Diamantspitzen eingebracht werden, um diese hinsichtlich Genauigkeit und Effizienz weiter zu optimieren.
Optische Gehäuse zur Verkapselung von Bauelementen
Mit der Integration optischer Funktionen in Mikrosysteme steht das Packaging von Komponenten und Systemen auf Waferebene (WLP) vor neuen Herausforderungen (Abb. 6).
Ein am Fraunhofer Institut für Siliciumtechnologie ISIT entwickeltes Verfahren erlaubt die Herstellung präziser optischer Komponenten auf Waferebene für unterschiedliche Anwendungen zu geringen Kosten. Wird der Siliciumwafer mit strukturierten Aussparungen versehen, kann das Glas in diese Prägestrukturen abgeformt werden. Die entstandenen Glasstrukturen werden anschließend freigelegt, indem man den ursprünglichen Siliciumwafer in einem Laugenbad auflöst.
Die so erzeugten Oberflächen von Glasformen entstehen ohne Materialkontakt und sind daher eben, mit Rauigkeiten von unter einem Nanometer, ein Muss für optische Anwendungen. Auf diese Weise wurden am Fraunhofer ISIT optische Komponenten wie Linsen, Hohlspiegel oder Dome hoher optischer Güte aus Glas hergestellt. Da diese Formen auf Wafern erzeugt werden, entsteht immer eine Vielzahl optisch identischer Komponenten gleichzeitig und führt damit zu niedrigen Produktionskosten (www.isit.fraunhofer.de).
MEMS-Scanner für Weitwinkel-LIDAR Systeme
LIDAR (Light Detection and Ranging) ist eine unverzichtbare Schlüsseltechnologie bei der Entwicklung autonom fahrender Autos. LIDAR-Systeme erfassen mithilfe von ausgesendeten Laserstrahlen sehr genau ihre Umgebung und erzeugen ein präzises Bild. Ihre Auflösung gegenüber Radaren ist allerdings deutlich höher, was diese Technologie so unverzichtbar macht, denn je genauer das Bild, desto besser kann die Bordelektronik des selbstfahrenden Fahrzeugs reagieren.
Bisher waren LIDAR Systeme sehr groß und sehr teuer, was ihren Einsatz in Fahrzeugen erschwerte. Deswegen versuchen Fraunhofer-Forscherinnen und -Forscher nun, kleine, kostengünstige und hochauflösende LIDAR-Systeme zu entwickeln, deren Herstellungskosten einer Kommerzialisierung in der Automobilbranche nicht im Weg stehen. Ein solches System besteht im Prinzip aus einem Laser, einem Scanner, der die Laserstrahlen aussendet, und einer Fangoptik, die die reflektierten Laserstrahlen ausliest. Dabei kommunizieren die einzelnen Komponenten über geeignete Elektronikschnittstellen miteinander.
Auf den MEMS Spiegel wurde zuletzt ein kuppelförmiger Glasdeckel montiert, eine bahnbrechende, innovative Entwicklung aus dem Fraunhofer ISIT. Dieser Glasdom schützt das Bauelement vor den Umgebungseinflüssen und gewährleistet die gute optische Qualität des Bauelements. Das Fraunhofer ISIT zeigte den MEMS-Scanner am Fraunhofer-Stand.