PSE 2024: Die Plasmaszene traf sich in Erfurt

PSE 2024: Die Plasmaszene traf sich in Erfurt
  • Titelbild: Der Chairman Prof. Holger Kersten eröffnet die Konferenz (Fotos: EFDS)

Die „19th International Conference on Plasma Surface Engineering”, PSE 2024, fand vom 2.–5. September 2024 auf dem Gelände der Messe Erfurt statt. Mit 598 Teilnehmern, 63 Ausstellern, 168 Vorträgen und 138 Postern wurde sie sehr gut angenommen. Die Veranstaltung bot einen breiten Überblick über Plasma-, Ionen- und Partikelstrahlverfahren. Die Palette der Vorträge und Poster reichte von den Grundlagen bis zu industriellen Anwendungen.

Die PSE 2024 wurde vom European Joint Committee on Plasma and Ion Surface Engineering EJC/PISE gemeinsam mit der Europäischen Forschungsgesellschaft Dünne Schichten e. V. sowie zahlreichen Partnern aus Forschung und Industrie organisiert. Modelling und Simulation wurden ebenso behandelt wie neue Methoden zur Schichtabscheidung und zur Modifizierung von Oberflächen mit folgenden Schwerpunkten:

  • Plasma and ion sources
  • Process technologies
  • Properties and applications
  • Characterization and simulation
  • Industrial Workshop: Plasma Surface Engineering enabling Sustainability
  • Trend Workshop: Hydrogen Technologies

Begleitet wurde die Konferenz von einer Industrieausstellung. Vom 3.–4. September 2024 konnten Besucher zahlreiche Firmen und Institute der Oberflächentechnik, Mess­technik, aus dem Anlagenbau, der Materialentwicklung und dem produzierenden Gewerbe an ihren Ständen besuchen und sich über innovative Produkte und Dienstleistungen informieren.

In drei Tutorials konnten Teilnehmer ihre Fachkenntnisse zu den Grundlagen der Oberflächentechnik, der Prozessdiagnostik sowie im Bereich Gasumwandlung auffrischen bzw. erweitern. Besonders engagierte Fachexperten wurden mit verschiedenen Preisen, wie dem PSE Leading Scientist Award und dem PSE Early Career Award des EJC/PISE oder dem Rudolf-Jaeckel-Preis der Deutschen Vakuum-Gesellschaft (DVG e.V.) für ihre engagierte Arbeit ausgezeichnet.

Auch Möglichkeiten, das Netzwerk auszubauen und neue Kontakte im Rahmen des sehr beliebten Industrieabends sowie des Konferenzdinners zu knüpfen, wurden ausgiebig genutzt. Partnerland der PSE war in diesem Jahr Österreich. Das Land war auch mit Vorträgen und Postern sowie in der Industrieausstellung mit mehreren Ständen gut vertreten.

Partnerland Österreich

Österreich war das diesjährige Partnerland der PSE

Nachdem T. Müller, Rübig GmbH & Co. KG, Wels, Österreich, einen kurzen Überblick über die Szene in Österreich gegeben hatte (Details dazu wurden anschließend auf der Partner Country Lounge gezeigt), gab C. Mitterer, Montan­universität Leoben, Anregungen, wie durch verantwortungsvolle Oberflächentechnik ein Beitrag zu einer nachhaltigen Zukunft geleistet werden kann. In seinem Beitrag „Responsible Surface Engineering for a Sustainable Fu­ture“ stellte er die Frage, ob Vakuumverfahren wirklich „grün“ sind, z. B. in Bezug auf Energieverbrauch und Materialnutzung. PVD Verfahren verwenden zwar keine toxischen oder umweltbelastenden Chemikalien, brauchen aber viel Energie und zum Teil teure oder kritische Rohstoffe. Hoch sind auch die Verluste bei der Abscheidung (es geht viel daneben) und auch die Targets können nicht zu 100 % verwertet werden. Es ist auch zu hinterfragen, ob in allen Anwendungen hochreine und damit teure Materialien eingesetzt werden müssen. Der Vortragende empfahl auch, den Trend zu Mehrphasenschichten nicht kritiklos weiter zu verfolgen, sondern zu klären, ob nicht z. B. auch Zweikomponentensysteme zum Verschleiß- und Korrosionsschutz ihren Zweck erfüllen. Mitterer rundete seinen Beitrag mit einigen Beispielen ab, darunter dem Einsatz von Perovskiten für die Energiespeicherung. Im Folgenden wird über ausgewählte Beiträge des Industrieworkshops kurz berichtet. Weitere Informationen zu den einzelnen Vortrags- und Posterbeiträgen können bei der EFDS oder direkt bei den Autoren erfragt werden.

www.efds.org, https://pse-conferences.net 

Der Industrial Workshop

Themenschwerpunkt war dieses Jahr „Plasma Surface Engineering enabling Sustainability” mit dem Ziel, nachhaltige technische Lösungen mit Schwerpunkt Oberflächentechnik vorzustellen und zu diskutieren. Die Palette der Beiträge reichte von Verfahren der Oberflächentechnik über energieeffiziente Prozesse, die Verwendung nachhaltiger Materialien und Lebensdauerbetrachtungen bis zu anderen Formen wissenschaftlichen und technologischen Fortschritts.

Ergänzend zu den Vorträgen fanden Posterpräsentationen stattErgänzend zu den Vorträgen fanden Posterpräsentationen statt

Die Ausstellung bot Gelegenheit zu Kontaktpflege und InformationDie Ausstellung bot Gelegenheit zu Kontaktpflege und Information„Carbonbased PVD Coating Solutions for a sustainable Future“ – I. Kolev, Hauzer Techno Coating, Venlo, Niederlande, informierte darüber, dass sich für DLC-Schichten, insbesondere wasserstofffreie ta-C-Schichten, neue Anwendungsfelder wie Brennstoffzellen für die Erzeugung „grüner“ Energie, Schneid- und Formwerkzeuge oder hochbelastbare Komponenten abzeichnen. Durch Anpassung der Verfahrensbedingungen können die Eigenschaften von Pulsed-Arc-Schichten und auch das Laufverhalten von damit beschichteten Oberflächen beeinflusst und modifiziert werden. Für hochbelastete Werkzeuge/Bauteile bieten sich HiPIMS-ta-C Schichten an, eine Nachbehandlung entfällt in diesem Fall. Me-taC-Schichten stehen für den industriellen Einsatz bei wasserstoffbetriebenen Autos bereit. Die Integration dieser Technologie in bestehende Fertigungslinien ist problemlos möglich. Hauzer liefert dazu die erforderliche Verfahrens- und Anlagentechnik.

„Sustainable and Economical Production of High-Quality HiPIMS Coatings” –Stefan Bolz, CemeCon AG, Würselen, informierte darüber, dass der hohe Ionisationsgrad von HiPIMS-Verfahren die Beschichtung geometrisch komplexer Bauteile, die Abscheidung glatter Schichten ohne Vor- und Nachbehandlung und die Beschichtung von Mikrowerkzeugen mit sehr kleinem Durchmesser ermöglicht. Störende Drop­lets treten im Unterschied zum Arc-Verfahren nicht auf, was eine Vor- und/oder Nachbehandlung in vielen Fällen unnötig macht. Dadurch können Zeit, Kosten und Energie gespart und so eine hohe Nachhaltigkeit erzielt werden.

„PVD-Coatings for Lightweight Proton-Exchange Fuel Cell (PEMFC) Bipolar Plates“– Parnia Navabpour, Teer Coatings Limited, Droitwich, UK, stellte neu entwickelte PVD-Schichten zum Schutz von PEMFC-Bipolarplatten vor. Der Graphit-iC Beschichtungsprozess ist ein 4-Stufen-Verfahren mit den Verfahrensschritten Ionenreinigung, Abscheidung einer dünnen Chrom- oder Titanschicht, Abscheidung der Me/C-Gradientenschicht und der Kohlenstoffdeckschicht. Da Bipolarplatten aus Aluminium zu Korrosion neigen, können sie durch dieses Schichtsystem erfolgreich geschützt werden. Es laufen Arbeiten auch zum Schutz von Bipolarplatten für Brennstoffzellen bei höheren Temperaturen.

“PVD Coatings for Hydrogen Applications and their Commercial Realisation” – zu diesem Thema referierte Klaus Böbel, Oerlikon Surface Solutions AG aus Balzers. Wasserstoff als Energiequelle wird in Hinblick auf Umweltschutz und Nachhaltigkeit eine wichtige Rolle spielen. Wegen ihrer hohen Permeabilität und niedrigen Schmierfähigkeit werden für Bipolarplatten von Brennstoffzellen oder Elektrolyseuren Barriereschichten benötigt, die gegenüber elektrochemischer oder Temperaturbelastung stabil sein müssen. Grenzflächenkontakt und Korrosionsstrom können durch Edelmetallschichten oder Plasmaspritzschichten als thermische oder elektrische Isolierschichten perfekt kontrolliert werden, diese sind aber sehr teuer. Neu entwickelte PVD Schichtsysteme sowie die notwendige Anlagen- und Messtechnik werden als preiswerte Alternative untersucht. Der Vortragende stellte Beispiele für ihre kommerzielle Nutzung vor.

„Development of an Atmospheric Pressure Plasma Reduction Inline Process as Green Alternative to solve Delamination and improve Bonding in Electronics” Bei der Fertigung von Elektronikkomponenten werden oft unter-schiedliche Materialkomponenten starken thermischen und mechanischen Belastungen ausgesetzt. Metalle wie z. B. Kupfer werden dabei oberflächlich oxidiert, was zu Delamination im Materialverbund führen kann. D. Bensalem, Plasmatreat GmbH, Steinhagen, stellte als Alternative zu bisher eingesetzten Chemikalien das neue, inlinefähige und umweltschonende Redox-Tool von Plasmatreat vor. Dieses besteht aus drei unterschiedlichen Sektionen in kontrollierter Stickstoffatmosphäre, der Vorwärmzone, der Plasmabehandlungszone und der Kühlzone. Ein Gasgemisch aus Wasserstoff und Stickstoff im rotierenden Plasmajet ermöglicht eine effektive Entfernung von Oxidschichten. Bensalem demonstrierte die Möglichkeiten des neuen Verfahrens an Beispielen und informierte auch über die zur Erzielung optimaler Haftung notwendigen Plasmaparameter.

Termin:

Die 20. PSE wird vom 31. August bis 3. September 2026 wieder in Erfurt stattfinden.

 

  • Ausgabe: Dezember
  • Jahr: 2024
  • Autoren: Dr.-Ing. Richard Suchentrunk
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