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Freitag, 20 Oktober 2023 09:15

OT Berlin: Der Kurs in ­Richtung Transformation ist gesetzt – Teil 1 –

von Robert Piterek
Geschätzte Lesezeit: 4 - 8 Minuten
Die Oberflächentage in Berlin waren bestens besucht: 540 Teilnehmer waren vor Ort, 70 Aussteller zeigten ihre Produkte und über 90 Referenten hielten Vorträge Die Oberflächentage in Berlin waren bestens besucht: 540 Teilnehmer waren vor Ort, 70 Aussteller zeigten ihre Produkte und über 90 Referenten hielten Vorträge (Fotos: Sven Hobbiesiefken)

Wasserstoff, Digitalisierung, Energieeffizienz und Recycling sind die Trends der Branche, wie die ZVO-Oberflächentage vom 13. bis 15. September gezeigt haben. Auffällig ist: Diese Trends korrespondieren gut mit der Transformation von Industrie und Gesellschaft hin zur Klimaneutralität – das spricht für die Wandlungsfähigkeit der Branche. Im Mercure Hotel MOA in Berlin kamen 540 Teilnehmer zu über 90 Vorträgen zusammen. Preise und ein starker Vortrag von Ex-Boxweltmeisterin Regina Hallmich prägten den ersten Konferenztag.

BIA-CEO Jörg Püttbach begrüßte die Teilnehmer zum ersten Mal in seiner neuen Funktion als Präsident des Zentralverbands Oberflächentechnik (ZVO) und bezeichnete das Veranstaltungsprogramm als bewusste Mischung aus Tradition und Innovation. Nach den Begrüßungen verdienter Persönlichkeiten der Branche wie Prof. Wolfgang Paatsch, Dr. Andreas Zielonka und Prof. Andreas Möbius sowie der angereisten Auszubildenden der Fachschule für Galvanotechnik in Schwäbisch Gmünd und der Studierenden der TU Ilmenau stellte er sich kurz dem Publikum vor.

Jörg Püttbach hat den Beruf von der Pike auf gelernt und seine Laufbahn mit einer Berufsausbildung zum Oberflächentechniker bei der Blasberg Oberflächentechnik (heute MacDermid) in Solingen gestartet.

Anschließend blickte Püttbach noch kurz auf die Amtszeit seines Vorgängers Walter Zeschky zurück und lobte ihn für seine „ruhige Art, die gut für Vorstandssitzungen war“. Dann ging er zügig zu den diversen Preisverleihungen über.

ZVO-Präsident Jörg Püttbach stimmte die Branche auf das Event ein

 

Beeindruckende Forschungsarbeiten und Publkationen

Hierfür trat als erster der neue Leiter des Fachausschusses Forschung der Deutschen Gesellschaft für Galvano- und Oberflächentechnik (DGO) Dr. Klaus Wojczykowski vor die eng an eng im vollen Vortragsraum sitzenden Teilnehmer. Er stellte die DGO-Nachwuchsförderpreisträgerin Maria del Carmen Stich vor, die den Preis für ihre Forschungen zur photokatalytischen Wasserstoffgewinnung erhalten hat. Die Auszeichnung ist mit 1000 Euro dotiert und beinhaltet neben dem Preisgeld auch eine kostenfreie einjährige Mitgliedschaft im DGO (Lesen Sie auch das Interview mit del Carmen Stich ab S. 1320).

Dr. Klaus Wojczykowski zeichnete DGO-Nachwuchsförderpreisträgerin Maria del Carmen Stich ausDr. Klaus Wojczykowski zeichnete DGO-Nachwuchsförderpreisträgerin Maria del Carmen Stich aus

Dann trat der Fachgebietsleiter Elektrochemie und Galvanotechnik der TU Ilmenau Prof. Andreas Bund ans Rednerpult. Er verlieh den mit 2000 Euro dotierten Heinz Leuze Preis – aktuell nach dem Nasser-Kanani-Preis der höchstdotierte Preis in der Galvano- und Oberflächentechnik. Preisträger in diesem Jahr ist Prof. Bertram Reinhold von der Audi AG in Ingolstadt, der den Preis für seinen Artikel „Herausforderungen für die Oberflächentechnik: Mischbauweise im Automobilbau“, erschienen in der Galvanotechnik 6/2022, erhalten hat.

Dr. Zielonka erhält bedeutendste DGO-Auszeichnung

Dr. Martin Metzner, Vorstandsvorsitzender der DGO, kam anschließend die Aufgabe zu, mit dem Jacobi-Preis die höchste DGO-Auszeichnung an Dr. Andreas Zielonka zu verleihen. Der ehemalige Leiter des Forschungsinstituts Edelmetalle und Metallchemie (fem) in Schwäbisch Gmünd erhielt den Preis in Anerkennung seiner herausragenden Leistungen in Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet der Galvano- und Oberflächentechnik. In seiner Laudatio hob Metzner die Bedeutung galvanotechnischer Verfahren für die aktuellen Forschungsschwerpunkte Brennstoffzelle, Batterieforschung und Wasserstofftechnik hervor. Zielonka habe in zahlreichen Projekten, Vorträgen und Veröffentlichungen Zukunftsperspektiven für die Elektrochemie aufgezeigt und sich große Verdienste bei ihrer Weiterentwicklung erworben, so Dr. Metzner, der neben seiner DGO-Funktion Leiter Galvanotechnik beim Fraunhofer IPA in Stuttgart ist. Der Jacobi-Preis ist nach dem deutschen Forscher Prof. Moritz Hermann von Jacobi benannt, dem Begründer der Galvanoformung.

DGO-Präsident Dr. Martin Metzner überreichte Dr. Andreas Zielonka den Jacobi-PreisDGO-Präsident Dr. Martin Metzner überreichte Dr. Andreas Zielonka den Jacobi-Preis

Hervorgehoben wurde auch noch die Verleihung der DGO-Plakette an die beiden Nürnberger DGO-Bezirksgruppenvertreter Udo Krüger und Manfred Hoos für ihr „extremes persönliches Engagement“ und Nasser-Kanani-Preisträger Dr. Mario Kurniawan, der die mit 3000 Euro Preisgeld dotierte Auszeichnung bereits beim Ulmer Gespräch Ende Mai erhalten hatte. Ähnlich wie jetzt auch Maria del Carmen Stich beim DGO-Nachwuchsförderpreis hatte Kurniawan mit Forschungen zur photoelektrochemischen Wasserspaltung gepunktet. Die Publikation seiner Forschungsarbeit erscheint erstmalig in der kommenden Ausgabe der Galvanotechnik.

Wir sind Ermöglicher der Energiewende – wir sind Oberfläche!

Vor dem mit Spannung erwarteten Keynote-Vortrag von Ex-Boxweltmeisterin Regina Hallmich trat noch einmal Jörg Püttbach vor die versammelten Branchenvertreter. Jetzt folgte sein Resumee zur allgemeinen Wirtschaftslage. Er skizzierte zunächst das öffentliche Stimmungsbild, das von der Angst vor Deindustrialisierung, hohen Material- und Energiepreisen und überbordender Bürokratisierung geprägt wird. Auto- und Baubranche schwächelten, so seine Analyse. Dies werde auch bei ZVO-Betrieben künftig zu leeren Auftragsbüchern führen. Sein Aufruf an die Politik: „Lassen Sie zu, dass sich die Betriebe auf den Wandel einstellen können, schaffen Sie Infrastruktur und richten Sie die volle Konzentration auf den Kampf gegen die Klimakrise.“ Zugleich, so sein Plädoyer, müsse das Chemiebashing aufhören, denn die Branche müsse im Internationalen Wettbewerb bestehen können, habe aber mit schlechteren Rahmenbedingungen als woanders zu kämpfen. Bei drängenden Problemen wie der Chrom(VI)- und PFAS-Problematik oder auch dem Industriestrompreis würden die Betriebe vom ZVO vertreten, sollten aber auch auf die Politik zugehen und das Gespräch suchen.

Bei aller Kritik an den Rahmenbedingungen war es Püttbach wichtig, sich klar von populistischen Forderungen von Rechtsaußen zu distanzieren. Die Transformation von Gesellschaft und Industrie hin zur Klimaneutralität biete der Oberflächentechnik viele Chancen, etwa die Möglichkeit, die metallischen Einsatzstoffe zu recyceln und in einen Kreislauf zu überführen. Er forderte die Branche auf, ihre Bedeutung und ihr Wirken im Einklang mit den avisierten Klimazielen besser zu vermarkten. „Wir sind die Ermöglicher der Energiewende, wir sind Oberfläche“, schloss er.

Was Boxkampf und Unternehmertum gemeinsam haben

 

Regina Hallmich, heute 46 Jahre alt und von 1995 bis 2007 ungeschlagene Boxweltmeisterin, begeisterte mit einen leidenschaftlichen und ehrlichen Vortrag. Sie startete ihre Rede mit einer Parallele zwischen dem Profisport und der Oberflächentechnik. Bei beidem seien Leistung und persönlicher Erfolg entscheidend.

Hallmich wuchs in Karlsruhe auf und kam über Karate und Kickboxen zum Boxsport. Um vier Mal die Woche für ihren Traum trainieren zu können, musste sie ihren Eltern versprechen, gut in der Schule zu sein. Boxsport war in den 1990er-Jahren noch eine Männerdomäne und es war ihr zunächst nicht klar, wie es ihr gelingen könnte, ihren Traum zu verwirklichen, ganz an die Spitze zu kommen.

Erste Erfolge feierte sie als Kickbox-Europameisterin 1993/1994. Gleichberechtigung im Boxen zu erreichen war neben dem Erfolg in ihrer Sportart ein Traum, den sie und ihr Trainer gemeinsam verfolgten. Heute sagt sie: „Wir haben das Profiboxen für Frauen nach Deutschland geholt. Ihr Erfolg hatte daran einen großen Anteil, zunächst musste sie jedoch ihre erste und letzte Niederlage in Las Vegas kassieren, als sie einen Kampf bestreiten musste, in dem besonders harte, mit Rosshaar gefüllte Handschuhe zum Einsatz kamen. Sie schied in der vierten Runde durch technischen KO aus. „Mit meiner Verbissenheit brachte ich es doch noch zur Weltmeisterin“, blickt sie heute zurück. Ihr Durchhaltevermögen, ihre Leidensfähigkeit, aber auch die Überzeugung, dass jedes Ziel erreichbar ist, halfen ihr über die einzige Talsohle ihrer Karriere hinweg. Doch in der Öffentlichkeit dauerte es noch deutlich länger, bis Frauenboxen mehr Aufmerksamkeit bekam.

Charakterstark und Selbstbewusst: Regina HallmichCharakterstark und Selbstbewusst: Regina Hallmich

Axel Schulz, Dariusz Michalczewski, Wladimir Klitschko und Henry Maske waren die männlichen Stars des Boxens und auch die Quotenkönige im Fernsehen. Erst ein Kampf im Frauenboxen um 22 Uhr im ZDF änderte das: 9 Millionen Zuschauen hatten zugeschaut – eine Quotensensation. Plötzlich war Hallmich ganz oben, wurde sogar von TV Total-Moderator Stefan Raab zum Kampf aufgefordert – dem sie daraufhin medienwirksam die Nase brach. Ein Ereignis, an das sich heute noch die halbe Nation nicht ganz ohne Schadenfreude erinnert.

Gelernt hat Regina Hallmich viel in diesen Jahren: „Wer zweifelt verliert“, „Ganz oben wird man vom Verfolger zur Verfolgten“, eine Weisheit, die sie sogleich mit der Oberflächentechnik und den Marktführern und Hidden Champions in Verbindung bringt. Auch Kritikfähigkeit hat sie gelernt und dass man mal unbequem sein muss, etwa, um ein besseres Gehalt zu erstreiten.

Hallmich hat mit einem gesunden Selbstbewusstsein beharrlich an ihren Träumen gearbeitet. Eine Strategie, die auch eine Blaupause für Unternehmerinnen und Unternehmer sein kann, um ihre Schwierigkeiten mit neuem Selbstbewusstsein zu überwinden.

 

ZUR INFO

Heinz-Leuze-Preis: Artikel über Mischbauweise im Autobau ausgezeichnet

Prof. Bertram Reinhold von der Audi AG ist Heinz-Leuze-Preisträger 2023.

Er erhielt die Auszeichnung auf den ZVO-Oberflächentagen am 13. September 2023. Das Preisgeld von 2000 Euro ist nach dem Nasser-Kanani-Preis das höchste in der Branche.

Seit 1985 wird der Preis für eine Veröffentlichung in einer Fachzeitschrift im deutschsprachigen Raum mit besonders klarer und didaktischer Darstellung einer bedeutenden technisch-wissenschaftlichen Problematik des Fachgebiets vergeben.

Der Heinz-Leuze-Preis ist nach Heinz Leuze, Sohn von Verlagsgründer Eugen G. Leuze, benannt, der den Fachverlag mit der heutigen Ausrichtung auf Galvano-, Oberflächen- und Leiterplattentechnik bis 1983 geleitet hat.

Prof. Reinhold habe in seinem im Sommer 2022 in der Fachzeitschrift Galvanotechnik erschienen Artikel „Herausforderungen für die Oberflächentechnik: Mischbauweise im Automobilbau“ die Herausforderungen durch den Leichtbau sehr gut aufgegriffen und auf die Mischbauweise angewendet, begründete Prof. Bund die Entscheidung für Reinholds Fachpublikation. „Der Autor hat außerdem sehr gut dargestellt, dass der Mischbau ein Innovationstreiber ist“, ergänzte er.

Überreicht wurde der Preis, zu dem auch eine massive Silbermünze gehört, von Britta Kraft, der Tochter von Verlagsleiterin und Geschäftsführerin Sylvia Leuze-Reichert

Britta Kraft, Prof. Bertram Reinhold und Prof. Andreas Bund bei der Preisverleihung in Berlin (Foto: Robert Piterek)Britta Kraft, Prof. Bertram Reinhold und Prof. Andreas Bund bei der Preisverleihung in Berlin (Foto: Robert Piterek)

 

Weitere Informationen

  • Ausgabe: 10
  • Jahr: 2023
  • Autoren: Robert Piterek

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