Eugen G. Leuze Verlag KG
×
 x 

Warenkorb leer.
Warenkorb - Warenkorb leer.
Freitag, 26 Januar 2024 10:20

Risse nach dem Schweißen

von
Geschätzte Lesezeit: 3 - 5 Minuten
Schweißer mit einer Lichtbogenschweißmaschine in einer Fabrik. Die „Fehlstellen“ in der Galvanik sind voraussichtlich Folge von Schweißarbeiten    Schweißer mit einer Lichtbogenschweißmaschine in einer Fabrik. Die „Fehlstellen“ in der Galvanik sind voraussichtlich Folge von Schweißarbeiten Foto: stock.adobe.com/Banana Images

Frage: Seit einigen Monaten plagen wir uns mit einer Reklamationsserie herum, für die wir keine Erklärung finden. Für einen guten Kunden verarbeiten wir ganz verschiedene Teile aus ebenso diversen Metallen und Legierungen. Eine Artikelserie besteht aus Edelstahl, wobei wir hier ebenfalls unterschiedliche Legierungen erhalten. Diese werden lediglich chemisch vorbehandelt, um eine reine Oberfläche zu erzielen. Andere Teile aus gewöhnlichem Baustahl werden von uns dick verzinkt. Die zwei Metalle werden vom Kunden verschweißt. Das Problem ist nun, dass früher oder später Risse im Edelstahl auftreten. Der Auftraggeber behauptet, es würde entweder an der Verzinkung oder der chemischen Vorbehandlung liegen. Wir hingegen vertreten derweil die Auffassung, dass es sich um Materialfehler handeln muss, da wir solche Fehler nicht kennen und umfangreiche Untersuchungen unserer Prozesse keine Resultate brachten. Da der Kunde mittlerweile damit droht, alles, was wir für ihn beschichten, anderen Galvaniken zu geben, wir aber keinerlei Anhaltspunkte haben, worum es sich handeln könnte, benötigen wir dringend Hilfe.

Antwort: Generell ist es nur selten eine gute Idee, Metalle mit unterschiedlichen Potentialen miteinander zu verbinden, da es hier irgendwann zu Kontaktkorrosion kommen kann [1].

Kontaktkorrosion

Damit Kontaktkorrosion auftritt, müssen folgende Bedingungen erfüllt sein:

  • Potentialdifferenz zwischen den Kontaktmetallen
  • elektrischer Kontakt zwischen den Metallen
  • ein Elektrolyt muss beide Metalle benetzen
  • zumindest einer der Werkstoffe muss im aktiven Zustand sein

Bei einer Potentialdifferenz unter 50 mV können galvanische Effekte gewöhnlich vernachlässigt werden. Die interessierenden Elektrodenpotentiale ergeben sich aber nicht aus den theoretisch berechneten Normalpotentialen der Elemente. Da sich diese Spannungsreihe auf 1 molare Metallionenlösungen bei pH = 0 bezieht, die bei realen Korrosionsprozessen nicht vorliegen, ergeben sich in der Praxis oft beträchtliche Abweichungen zu diesen Potentialen. Das Ausmaß eines Schadens, der unter den Bedingungen der Kontaktkorrosion auftreten kann, ist nicht von der Potentialdifferenz der kontaktierten Metalle abhängig, sondern vom tatsächlich fließenden Korrosionsstrom, der sich beim Kurzschluss der Metalle einstellt. Dieser Strom wird einerseits durch die Polarisationseffekte an der Lokalanode oder -kathode bestimmt, andererseits aber auch vom Flächenverhältnis des elektronegativeren zum elektropositiveren Metall. Ist die Anodenfläche gegenüber der Kathode klein, bestimmt meist die kathodische Reaktion die Metallauflösung an der Anode, d. h. es wird der Anode eine sehr hohe Korrosionsstromdichte aufgezwungen, woraus eine hohe Abtragung oder Tiefenwirkung resultiert. Deutlich werden die genannten Flächeneffekte auch bei plattierten Metallen, bei denen sich an Schnittkanten, Bohrungen oder Schichtfehlern ebenfalls die erwähnten Flächenverhältnisse auswirken und entweder zu verstärkter Auflösung der Anodenflächen oder zum sogenannten Fernschutz führen können. Im letzten Fall werden kleine anodische Flächen kathodisch geschützt. Voraussetzung ist jedoch eine gute Leitfähigkeit des Elektrolyts. Beim Schweißen artverschiedener Werkstoffe ist darauf zu achten, dass einer großen Anode eine möglichst kleine Kathode gegenübersteht. Häufig lässt sich die Kontaktkorrosion durch gemeinsame Beschichtungen oder durch Überzüge vermeiden. Eine Methode ist das Anbringen eines Opfermetalls. Dies ist ein gegenüber beiden Werkstoffen der Metallpaarung noch unedleres Metall als das anodisch wirkende Bauteil. Ist Kontaktkorrosion durch die genannten Maßnahmen nicht auszuschließen, sollten zumindest anodisch wirksame Bauteile überdimensioniert werden (Korrosionszuschlag) oder leicht ersetzbar sein, niemals sollten sich jedoch kleine anodische Flächen gegenüber großen Kathodenflächen befinden. Selbst wenn die Konstruktion später weiter beschichtet wird, kann es, je nach Umgebung, durchaus vorkommen, dass das Problem der Kontaktkorrosion zeitlich hinausgezögert, aber nicht behoben wurde. Das alles hat zwar nichts mit den Rissen zu tun, zeigt aber möglicherweise erste Denkfehler bei der Auswahl der Materialien.

Spannungsrisskorrosion

Was Sie als Fehler beschreiben, deutet auf eine Spannungsrisskorrosion hin. Diese kann nicht nur bei Metallen auftreten [2]. Bei der Spannungsrisskorrosion treten Risse auf, die entweder transkristallin, d. h. durch die Kristallite oder interkristallin, d. h. zwischen den Kristalliten entlang der Korngrenzen verlaufen. Voraussetzungen für Schäden durch Spannungsrisskorrosion sind die gleichzeitige Wirkung von mechanischen Zugspannungen (positive Normalspannungen) und eines spezifischen, korrosiven Mediums. Die Rissausbreitung erfolgt senkrecht zur Zugspannung. Der von Ihnen beschriebene Fehler ist vor allem bei austenitische Chrom-Nickel-Stählen bekannt, die mit feuerverzinkten Stählen verschweißt werden. Diese Chrom-Nickel-Stähle dürfen beim Erwärmen oder Schweißen keine Berührung mit metallenem Zink, z. B. mit Zinküberzügen oder Zinkstaubbeschichtung haben. An der Schweißstelle diffundiert Zink interkristallin in den Stahl ein und löst an den durch die Thermospannungen zugbelasteten Zonen interkristalline Spannungsrisskorrosion aus. Ähnlich wie Zink führen auch Indium, Lithium, Cadmium, Antimon und Kupfer als reine Schmelzen oder in Legierungen zu interkristalliner Spannungsrisskorrosion bei sensiblen Stählen. Während in reinen Bleischmelzen unterhalb 800 °C keine Schäden auftreten, lösen geringe Mengen von Zink, Antimon oder Kupfer Spannungsrisse schon unterhalb 450 °C aus [3]. Das tückische an der Spannungsrisskorrosion ist, dass sie äußerlich spontan auftritt und man sie deshalb nicht kommen sieht. Unserer Einschätzung nach handelt es sich somit weder um einen Materialfehler noch einen Fehler der Galvanik, sondern um einen Konstruktionsfehler. Dies sollten Sie mit Ihrem Kunden besprechen und mit ihm eine bessere Lösung ausarbeiten, die zugleich auch das Risiko einer Kontaktkorrosion vermeidet.

Literatur

[1] Online-Kurs „Grundlagen der Korrosion“: https://www.galvanotechnik-for-you.de/uebersicht-kurse/grundlagen-der-korrosion/
[2] Artikel „Geplatzter Aquadom: war Spannungsrisskorrosion die Ursache?“ Galvanotechnik 02/2023 https://www.leuze-verlag.de/fachzeitschriften/galvanotechnik/item/6117-geplatzter-aquadom-war-spannungsrisskorrosion-die-ursache
[3] Prof. Dr.-Ing. Karl-Helmut Tostmann - Korrosionsschutz in Theorie und Praxis; 1. Auflage 2017; Eugen G. Leuze Verlag GmbH & Co. KG Bad Saulgau 

 

 

 

Weitere Informationen

  • Jahr: 2024
  • Autoren: B. C.

Onlineartikel Suche

Volltext

Autoren

Ausgabe

Jahr

Kategorie

Newsletter

Auf dem Laufenden bleiben? Jetzt unsere Newsletter auswählen und alle 14 Tage die neuesten Nachrichten in Ihrem E-Mail Postfach erhalten:

Der Leuze Verlag ist die Quelle für fundierte Fachinformationen.
Geschrieben von Fachleuten für Fachleute. Fachzeitschriften und Fachbücher
rund um Galvano- und Oberflächentechnik sowie Aufbau- und Verbindungstechnik in der Elektronik –
seit 120 Jahren professionelle Informationen und Fachwissen aus erster Hand.

UNTERNEHMEN

ZAHLARTEN

Paypal Alternative2Invoice
MaestroMastercard Alternate
American ExpressVisa

Zahlarten z.T. in Vorbereitung.

KONTAKT

Eugen G. Leuze Verlag
GmbH & Co. KG
Karlstraße 4
88348 Bad Saulgau

Tel.: 07581 4801-0
Fax: 07581 4801-10

E-Mail: [email protected] oder
E-Mail: [email protected]