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Freitag, 30 Juni 2023 11:59

Kostelniks ‚PlattenTektonik‘: Die Leiterplatte – eine stete Konstante der Elektronikwelt

von
Geschätzte Lesezeit: 3 - 5 Minuten

Die Karawane zieht weiter. China ist inzwischen fast zu teuer geworden. Vor allem aber unsicherer. Leiterplatten lässt man zunehmend auch in Ländern wie Vietnam fertigen. Wird die Wertschöpfung in Europa im Handel oder in der Produktion liegen?

Abb. 1: SchaltungsträgertypenDie Headline haben Sie schon irgendwo gelesen? Ja! In meiner Kolumne ‚Was bringt uns das Jahr 2023?' im Januarheft, in dem es um Prognosen für die Leiterplatten- und Halbleiterindustrie 2023 ging. Elektronik wird immer smarter. Baugruppen, Multi-Funktionale-Boards und Sub-Module erhalten zunehmend künstliche Intelligenz (KI). All dies funktioniert nicht ohne die entsprechende Aufbau- und Verbindungstechnik. In den meisten Fällen sind entsprechende Schaltungsträger wesentlicher Bestandteil und unabdingbar. Ohne diese produkt- und zu meist auch kundenspezifischen Schaltungsträger wäre eine schnelle, kostengünstige Umsetzung kaum möglich.

Leiterplatte ist nicht gleich Leiterplatte

Bei den Schaltungsträgern gibt es einen Platzhirsch – die Leiterplatte. Gemeint ist hier in der Regel eine organische Leiterplatte. Dies bezieht sich auf einen der Hauptbestandteile einer solchen – oft auch Platine genannten – Leiterplatte: dem verwendeten Isolationsmaterial, ein Polymer – ein organisches Material. Dieses Polymer ist bei den meisten Platinen zusätzlich mit einem Füllmaterial stabilisiert. Oftmals mit einem Glasfasergewebe. Ausnahmen bestätigen natürlich auch hier die Regel: z. B. die Verwendung von flexiblen Materialien – wie Folien. Deren Anwendungsgebiet liegt im Bereich der Flexiblen und Starr-Flexiblen sowie 3D-Elektroniken. Apropos – einer der größten Leiterplattenhersteller der Welt – Nippon Mektron / Japan – mit einem Jahresumsatz von knapp 3 Mrd. € stellt ausschließlich flexible Leiterplatten (FPC) her [1, 2]. Und das nicht in China! Betrachten wir die Welt der Schaltungsträger genauer, so zeigt sich eine Vielfalt an verschiedenen Schaltungsträger-Typen. Von der Keramik-Schaltung bis hin zum Integrierten Schaltkreis (IC) (Abb. 1).

Die Schaltungsträger haben eine über hundertjährige Geschichte. Leiterplatten können dabei auf die kontinuierlichste und längste Entwicklung verweisen.

Wenn wir uns die weiteren Schaltungsträger-Typen betrachten, so ist natürlich der Integrierte Schaltkreis (IC) ein leuchtendes Beispiel der Technologieinnovation und der Bereich mit der höchsten Wertschöpfung, aber auch dem höchsten Invest und Risiko. Deshalb auch immer wieder im Focus der Medien und der Politik. Während man bei den Halbleitern von Milliardeninvestitionen redet, belaufen sich die Investitionssummen aller anderen Schaltungsträger-Typen und vor allem im Bereich der Leiterplatte auf einen Bruchteil – zumindest in Europa. Auf der einen Seite sind für die etablierten Leiterplattentechnologien keine extrem hohen Investitionen notwendig, da man dem sehr moderaten Standard und den nicht zu komplexen Anforderungen (z. B. 100 µm Leiterbahnbreite) auch mit Maschinen älteren Baujahrs noch gerecht werden kann. Auf der anderen Seite ist dies natürlich auch einer der wesentlichen Vorteile der Leiterplattenherstellung – die deutlich geringeren Kosten gegenüber Keramik-Schaltungen und ICs zum Beispiel. Dazu kommen kurze Design- und Herstellungszeiten/-Durchläufe. Dies hat in der Vergangenheit immer wieder das Überleben und die Rechtfertigung von Leiterplatten als relativ universellen Schaltungsträger ermöglicht. So dass man mit Fug und Recht von dieser steten Konstante in der Elektronikwelt sprechen kann.

Abb. 2: Die Schaltungsträger haben eine über hundertjährige Geschichte. Leiterplatten können dabei auf die kontinuierlichste und längste Entwicklung verweisenAbb. 2: Die Schaltungsträger haben eine über hundertjährige Geschichte. Leiterplatten können dabei auf die kontinuierlichste und längste Entwicklung verweisen

MID und Printed Electronics haben auf Grund ihrer funktionellen und herstellungstechnischen Eigenheiten ihre Nischen erobert, aber längst nicht diesen breiten Einsatz erreicht – wie es eben der Leiterplatte gelungen ist.

Nun gibt es bei allen Schaltungsträger-Typen hochspezialisierte Fertigungen und Hersteller auf der ganzen Welt. Was für die Leiterplatte bzw. für deren Herstellung (Maschinenpark) in Mitteleuropa spricht, ist die Fertigung von verschiedensten Leiterplattenaufbauten mit ein und demselben Maschinenpark. Das ist der Vorteil vieler europäischer Hersteller. So findet man bei sehr vielen Herstellern neben den klassischen starren Leiterplatten auch starr-flexible und flexible Leiterplatten (Abb. 3). Natürlich in einem gewissen Standard. Dabei möchte ich es an dieser Stelle zunächst bewenden lassen.

Abb. 3: Leiterplatten-Aufbauten [4]Abb. 3: Leiterplatten-Aufbauten [4]

Wie schnell die Zeit vergeht …

Die einstmals so dominierende Sparte der Leiterplattenindustrie mit ihren weit über 800 Herstellern ist inzwischen auf eine sehr überschaubare mittlere zweistellige Zahl geschrumpft. Hersteller wie HP und IBM – die einstigen Flaggschiffe der Leiterplattenhersteller in der BRD – sowie FUBA und Siemens sind komplett verschwunden.

Ich habe die Studierenden aus dem aktuellen Semester 2023 (allesamt deutlich unter 30 Jahren) gefragt, ob ihnen bekannt ist, dass es diese Hersteller von Leiterplatten einmal gab. Wie sie, geschätzte Leser, jetzt richtig vermuten, ist dies keinem bewusst. Selbst renommierte Hersteller von Fernsehgeräten, wie Loewe, kennt in dieser Altersgruppe niemand mehr. Daran sieht man, wie schnell die Zeit vergeht und welche Dynamik den Markt beherrscht. Dr. Hayao Nakahara hat die Veränderung in seinem letzten Beitrag der PLUS sehr eindrücklich beschrieben [1].

Wesentlich ist in der jetzigen Zeit die Frage nach der Bedarfsdeckung der vorhandenen Schaltungsträger-Technologien für die aktuelle Elektronikindustrie und die zukünftige Elektronik- bzw. Mikroelektronik-Industrie.

Reicht es aus, wenn man sich auf moderate Standards fokussiert und wird man damit in Zukunft noch wettbewerbsfähig sein? Oder wandert die Karawane immer weiter ostwärts und südwärts?

Oder muss man doch mehr investieren um Innovationen voran zu bringen? Hier sei noch einmal das Beispiel AT&S genannt und deren Investition von 0,5 Mrd. € in Österreich [3]. Hervorzuheben ist auch eine solche Strategie, wie sie derzeit verstärkt die NCAB Gruppe aus Schweden umsetzt [4].

Man kann das ja auch mal so sehen.

Herzliche Grüße
Jan Kostelnik
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www.tebko.de

Abkürzungen

MID Moulded Interconnect Device bzw. neu auch Mechatronic Integrated Device
IC Integrated Circuit

Quellen

[1] Hayao Nakahara, Bericht aus Amerika, PLUS 3/23, S. 317–323
[2] H. J. Friedrichkeit, Chinas Appetit auf Taiwan, PLUS 1/23, S. 39–42
[3] PLUS 8/22, S. 1122–1131
[4] PLUS 5/2023, S. 569f,

Weitere Informationen

  • Ausgabe: 6
  • Jahr: 2023
  • Autoren: Dr. Jan Kostelnik

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