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Freitag, 26 Mai 2023 11:59

Chemiebedarf berechnen bei der Chromreduktion

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Geschätzte Lesezeit: 3 - 5 Minuten
Das waren noch Zeiten,  als Chrom in solcher Fülle  Automobile zum Blickfang  machte. Heute sind die  Gefahren bei der Herstellung  solcher Oberflächen bekannt  und haben u. a. zu Konsequenzen in der Abwasserbehandlung wie der Chromreduktion geführt Das waren noch Zeiten, als Chrom in solcher Fülle Automobile zum Blickfang machte. Heute sind die Gefahren bei der Herstellung solcher Oberflächen bekannt und haben u. a. zu Konsequenzen in der Abwasserbehandlung wie der Chromreduktion geführt Foto: Roger/stock.adobe.com

Frage: Wir reduzieren Chrom(VI)-Verbindungen mit Natriumdithionit. Das ist nicht die günstigste, aber bei uns die beste Lösung. Um möglichst auf unnötige Überschüsse verzichten zu müssen und Kosten zu sparen, wollten wir die ideale Zugabe berechnen. Leider konnten wir im Galvano-Rechner [1] kein entsprechendes Tool finden und auch aus der Fachliteratur erhalten wir keine verbindlichen Angaben. Kennen Sie ein entsprechendes Programm oder eine App, die uns weiterhelfen kann?

Antwort: Viele Zugaben in der Galvanotechnik erfolgen über Amperestunden. Diese kann man im Galvano-Rechner berechnen. Bei der Abwasserbehandlung verhält sich dies anders, wie Sie u. a. [2] entnehmen können.

Wie Sie sicher wissen, verläuft die Reaktion mit Natriumdithionit im sauren Bereich wie folgt:

Na2Cr2O7 + Na2S2O4 + 3 H2SO4 → Cr2(SO4)3 + 2 Na2SO4 + 3 H2O

Das heißt, dass 261,97 g Natriumdichromat mit 174,10 g Natriumdithionit reagieren. Ihr Masseverhältnis beträgt somit ~1,5:1. Oder anders gesagt: Um in der Theorie 1 kg Na2Cr2O7 zu reduzieren, werden 0,66 kg Na2S2O4 (100 %) benötigt. Für 1 kg Cr6+ ist stöchiometrisch 1,69 kg Na2S2O4 erforderlich.

Das Problem bei der Abwasserbehandlung und vielen anderen chemischen Reaktionen ist, dass diese nicht zu ~100 % in Richtung der Produkte verlaufen. Um das Gleichgewicht entsprechend zu beeinflussen, arbeitet man mit Überschüssen. Wie hoch der Überschuss sein muss, hängt u. a. von pH-Wert, Temperatur [3] und anderen Stoffen ab, welche die Reaktion in die eine oder andere Richtung verschieben können. Hinzu kommen Stoffe, im konkreten Fall Oxidationsmittel, die sich neben dem Chrom(VI) befinden können und das Reduktionsmittel zusätzlich verbrauchen. Erfolgt als Beispiel zunächst eine Cyanidoxidation, wird Natriumdithionit verbraucht für den Überschuss an Natriumhypochlorid, Wasserstoffperoxid oder Caroat. Sehr schnell wird daraus ersichtlich, warum es kein entsprechendes Programm gibt, welches aus einer mehr oder minder beliebigen Lösung eine Zugabe errechnet, die bspw. zum Grenzwert von 0,1 mg/L Chrom(VI) gemäß Abwasserverordnung, Anhang 40 führt, da das Gemisch aus Galvanik A anders sein kann als in Galvanik B. Dazu ein allgemeines Beispiel aus [3]: Silberchlorid gilt als fast unlösliches Salz. Die Löslichkeit verbessert sich aber um 20 %, wenn 0,02 mol/L KNO3 anwesend sind. Das zeigt, wie sehr Löslichkeiten und Reaktionen durch geringe Anwesenheit anderer Stoffe beeinflusst werden können. Diese Eigenschaft macht man sich bei Fällungsreaktionen zunutze [2, 4].

Dennoch können wir zu zwei Praktiken raten, die Ihnen bei der Lösung des Problems behilflich sein werden.

Empirische Ermittlung

Sofern Sie keine weiteren Investitionen tätigen möchten (s. u.), würden wir an Ihrer Stelle zunächst eine Reihe von Becherglasversuchen vornehmen, um die bewährte Methode der Empirie zu bemühen. Sie ermitteln den Ausgangswert der Chrom(VI)-Konzentration und geben stöchiometrisch die entsprechende Menge Natriumdithionit hinzu, worauf sie nach mehrminütiger Einwirkzeit die Chrom(VI)-Konzentration messen. Anschließend geben Sie 10 % des Ausgangswerts hinzu, messen erneut und wiederholen dies, bis Sie den Grenzwert erreicht bzw. unterschritten haben. Dabei ist es auch wichtig, pH-Wert und Temperatur zu dokumentieren. Bitte beachten Sie, dass natriumdithionithaltige Produkte, wie z. B. das Plexolid, nur 80 % Wirksubstanz enthalten.

Die ermittelten Daten prüfen Sie anschließend in der Charge. Geben Sie nicht 100 % der Chemie zu, sondern nur 75 bis 80 %, warten die Reaktionszeit ab und messen dann die Chrom(VI)-Konzentration. Der Grund hierfür sind Ungenauigkeiten im Labor, ebenso leicht veränderte Bedingungen wie Temperatur, welche auf die Charge eine größere Wirkung haben können.

Wenn Sie dies über mehrere Chargen hinweg machen, sollten Sie hilfreiche Tabellen und Diagramme erhalten, um genauere Vorhersagen treffen zu können. Je nach Konzentration der Ausgangsstoffe kann es hier dennoch zu Abweichungen kommen. Treten diese vermehrt auf, müssen die Untersuchungen erneut durchgeführt werden.

Um eine höhere Genauigkeit zu erreichen, können Sie die erfassten Werte in primäre und sekundäre Daten unterteilen. Primäre Daten wären Cr6+-Konzentration, pH-Wert und Temperatur, sekundäre Daten hingegen Störstoffe wie andere Oxidationsmittel, welche den Verbrauch des Reduktionsmittels erhöhen. Damit erhalten Sie eine höhere Genauigkeit, im gleichen Maße steigt aber auch der Analyseaufwand, weshalb sich hier wahrscheinlich eine Automation mit Mess- und Regeltechnik lohnt.

Zugabe nach Potentialmessung

Wie bspw. bei der Cyanidentgiftung, so lässt sich auch hier ein Potenzialsprung feststellen. Je nach Abwassergemisch und pH-Wert ist dieser aber nicht so deutlich, was sich durch entsprechende Software kompensieren lässt. Zusammen mit dem Reduktionsmittel Plexolid [5], dessen Hauptbestandteil Natriumdithionit ist, existiert eine auf diesen Anwendungszweck abgestimmte Software. Der Bedarf ist 5,5 g Plexolid pro 1 g Cr6+ bei 30 % Überschuss für eine vollständige Reduktion. Weitere Oxidationsmittel im Abwasser erhöhen den Bedarf. Plexolid kann auch im alkalischen Medium Chromate reduzieren, wobei im sauren die Reaktion schneller vonstattengeht. Das Natriumdithionit kann gegenüber Natriumhydrogensulfit Chrom(VI) im alkalischen Medium effizient reduzieren, z. B. Regenerate eines Anionenaustauschers. Auch für die Rücknahme von Oxidationsmitteln kommt Natriumdithionit häufig zum Einsatz.

Der Potenzialsprung ist bei komplexen Abwässern für alle RedOx-Reaktionen nicht sehr ausgeprägt. Daher wurde ein spezielles Software-Tool entwickelt. Dieses merkt sich das Potential vor der Reduktion (oder Oxidationsreaktion) und dosiert immer wieder Reduktionsmittel zu, wartet eine gewisse Zeit ab und gibt bei zu geringer Veränderung wieder Chemie zu. Dies ist eine Art Titrationsregler, jedoch mit mehr Schritten und Einstellmöglichkeiten. Diese Software wird auch für CN-Oxidation, NO2 Reduktion und Organosulfid-Dosierung eingesetzt.

Referenzen

[1] Galvano-Rechner: https://www.galvanotechnik-for-you.de/galvano-rechner/
[2] Kurs UT1: https://www.galvanotechnik-for-you.de/uebersicht-kurse/umwelttechnik-teil-1-abwasserbehandlung/
[3] Kurs Chemie III: https://www.galvanotechnik-for-you.de/uebersicht-kurse/chemie-iii-das-chemische-gleichgewicht/
[4] Handbuch der Abwasser- und Recyclingtechnik, 3. Auflage, Hanser Verlag 2017
[5] Plexolid: https://hauserwalz.ch/hauserwalz/chemische-produkte/alternative-verfahren

Weitere Informationen

  • Ausgabe: 5
  • Jahr: 2023
  • Autoren: B. C.

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