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Freitag, 30 Juni 2023 12:59

Vier fragen an … Dr. Patrik Schmutz

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Geschätzte Lesezeit: 2 - 4 Minuten
Dr. Patrik Schmutz Dr. Patrik Schmutz (Foto: Robert Piterek)

Dr. Patrik Schmutz Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für Oberflächentechnik (SGO-SST) und Gruppenleiter Elektrochemie bei der Empa. Interview: Robert Piterek

Sie leiten die SGO als Präsident. Wie wichtig ist Ressourcenschonung in der schweizerischen Galvanikbranche?

Das Thema ist Schwerpunkt der diesjährigen Tagung, weil das Bewusstsein in vielen Branchen in der Schweiz noch weit weg ist von einer idealen Situation. Mit der Ressourcenknappheit, der Energiediskussion und dem Krieg ist vielen erst bewusst geworden, dass aktiv an den Prozessen gearbeitet werden muss. In der Schweiz haben wir sehr viele kleine Firmen – bis dort Ressourcenschonung in die Tat umgesetzt wird, braucht es zuerst ein besseres Bewusstsein und eine Expertendiskussion. Deshalb haben wir auch den Vortrag über die Ermittlung des CO2-Fußabdrucks von Oberflächenprozessen von Didier Beloin-Saint-Pierre gehört. Zwar sind diese Modelle momentan noch nicht vollständig und geeignet, um direkt in der Industrie ein­gesetzt zu werden, so dass die Hürden für viele Firmen viel zu hoch sind.

»Für Nachhaltigkeit in der Industrie braucht es politische Motivation!«

Unser Problem in der Schweiz: Ohne politischen Willen und mehr Entscheidungsrechte auf Bundesebene verbunden mit besserer Koordination zwischen den Kantonen wird sich so schnell nichts ändern. In der EU und in Deutschland ist man viel aktiver, dort verbreiten sich diese Ideen viel schneller. In der Schweiz fehlt im Moment der erforderliche politische Druck, es gibt lediglich Empfehlungen.

Wie war das in der Vergangenheit?

Die Schweiz ist ein Land, das finanziell sehr stark ist. Es gibt deshalb keine unbedingte Notwendigkeit zum Recycling oder zur Ressourcenschonung. Es wird häufig einfach etwas Neues angeschafft. Als Anekdote will ich meine Reise nach Bolivien erwähnen. Dort ist die Armut groß und damit auch die Notwendigkeit zum Wiederverwerten, das dort sehr ausgeprägt ist. Es heißt immer, die Schweiz wäre die Nummer 1 im Recycling. Das ist falsch! Bei Produkten, wo es die Verpflichtung zum Recycling gibt, wird es gut gemacht. Aber generell fehlt es an einem Erkenntnisprozess für den Wert von Metallen und anderen Wertstoffen. Vor 20 Jahren gab es mal eine Welle an Bewusstsein hierfür und jetzt entwickelt sich dieses Bewusstsein möglicherweise auch wieder, wenn gesellschaftlicher Druck aufgebaut wird.

Wie ist die Branche der Galvano- und Oberflächentechnik in der Schweiz aufgebaut?

Wir haben etwa 200 Unternehmen inklusive Zulieferern in der Schweiz. Es sind überwiegend kleine und mittelgroße Unternehmen. Es gibt einen Unterschied zwischen der Westschweiz mit ihren Zulieferern für die Uhrenindustrie und der Deutschschweiz, in der viele Unternehmen intensiv mit Deutschland zusammenarbeiten und z. B. auch ihre Chemie aus Deutschland beziehen. Kundenbeziehungen gibt es dort zur Automobil- und Flugzeugindustrie sowie zum Maschinenbau. Die Schweiz hat im Baubereich mit der Anodisation und der Verzinkung von Fassaden und Bauteilen einen eigenen Markt. Das größte Unternehmen hier ist BWB mit Standorten auch in Deutschand und Rumänien.

Sie sind Wissenschaftler und Verbandspräsident. Wie schätzen Sie die unterschiedlichen Oberflächenprozesse ein?

Der SGO will eine Brücke zwischen verschiedenen Technologien sein und unterstützt auch die Kombination mit z. B. PVD- und Pulverbeschichtung. Ich halte nasschemische Prozesse aber für industriell viel flexibler und besser einsetzbar. Es müsste vergleichende Life Cycle-Betrachtungen zwischen galvanischen und physikalischen Prozessen geben, weil oft kritisiert wird, elektrochemische Prozesse bräuchten zu viel Strom. Es stimmt zwar, dass sie energieintensiv sind, aber bei elektrochemischen Verfahren wird der Strom eingeschaltet, Metall abgeschieden und dann wieder ausgeschaltet. Beim Ultrahochvakuum-­PVD-Pro­zess laufen die Anlagen dagegen 24 Stunden, 7 Tage die Woche. Sie dürfen nicht ausgeschaltet werden. Diese Gesamtbetrachtung wird oft nicht berücksichtigt und ich habe mich oft gefragt, warum das so ist. Physikalische Beschichter kritisieren den Stromverbrauch in der Galvanotechnik – aber kaum ihren eigenen.

INFO

Dr. Patrik Schmutz ist Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für Oberflächentechnik (SGO-SST) und Gruppenleiter für elektrochemische Prozesse auf metallischen Oberflächen bei der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa).

Zudem doziert er an der ETH Zürich über Oberflächentechnik, Grenzflächen und industrielle Anwendungen. Wir trafen Schmutz bei der Technischen Fachtagung der SGO in Biel Anfang Mai.

 

Weitere Informationen

  • Ausgabe: 6
  • Jahr: 2023
  • Autoren: Robert Piterek

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