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Dienstag, 01 Juni 2021 11:59

Auf den Punkt gebracht: Chipmangel in der Autoindustrie

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Geschätzte Lesezeit: 3 - 5 Minuten
Abb. 1: Wafer Produktion im Infineon Werk Villach/Österreich Abb. 1: Wafer Produktion im Infineon Werk Villach/Österreich Infineon

Vielschichtige Gemengelage und ,dumm gelaufen'

Der Chipmangel ist in aller Munde und die große Sorge vor allem der Automobilindustrie. Von VW, Audi, Mercedes BMW bis zu Porsche fallen Schichten aus, schließen Werke vorübergehend und werden Fahrzeuge im sechsstelligen Bereich nicht produziert. Kunden warten auf ihre Fahrzeuge und bekommen allenfalls eine Quartalsangabe für einen Liefertermin.

Aber nicht nur in Europa und Deutschland, sondern weltweit klemmt es in der Automobilindustrie. Von Hyundai in Südkorea bis Subaru oder Toyota in Japan – die meisten Automobilhersteller sind vom Chipmangel betroffen.

Ein Blick auf Europa und Deutschland

Abb. 2: Halbleiterbedarf Welt nach Branchen 2019 in US$Abb. 2: Halbleiterbedarf Welt nach Branchen 2019 in US$2016 erreichte die Automobilproduktion in Deutschland mit 5,8 Mio. Pkw ihren Höhepunkt und schrumpfte dann bis 2019 um -19 % auf 4,7 Mio. Pkw (siehe PLUS 3/2021). Dann kam ein dramatischer Absturz: Wurden im April 2019 noch 453 605 Pkw produziert, implodierte die Produktion mit Ausbruch der Corona-Krise auf ein historisches Tief von nur 11 287 Pkw im April 2020. Ein Minus gegenüber dem Vergleichsmonat im Vorjahr von 97 %.

Kein Wunder, dass in der Materialwirtschaft Panik ausbrach und Abrufe und Lieferverträge nach Automobil-Art knallhart storniert und gekündigt wurden. Mit der Corona-Pandemie nahm gleichzeitig die Nachfrage nach Kommunikationssystemen für digitale Konferenzen und Veranstaltungen etc. sprunghaft zu. Für das Homeoffice wurden neue Computer und Bildschirme angeschafft und privat waren neue Smart TVs und Spiele-Konsolen gefragt (Consumer).

Betrachtet man nun in Abbildung 2 den weltweiten Halbleiterbedarf nach Branchen 2019 von 412 Mrd. $, so wird schnell das Dilemma der Automobilindustrie deutlich. Hier stehen Wachstumsmärkte mit den Corona-Gewinnern Kommunikation, Computer und elektronischen Konsumgütern mit rund 75 % des Chip-Weltmarkt-Bedarfs einer Automobilindustrie mit 12 % Bedarfsanteil gegenüber.

Durch Re-Allocation dumm gelaufen

Hinzu kommt, dass die Automobilindustrie und ihre Zulieferer besonders stolz auf ihre knallharten Einkäufer sind, ergo die Einkaufspreise für die Halbleiterhersteller äußerst knapp kalkuliert sind.

Entsprechend wurden im Frühjahr letzten Jahres die zusätzlichen Aufträge aus dem 300 Mrd. $ Bedarfssegment Communication, Computer und Consumer gerne angenommen. Das Automotive Segment mit 50 Mrd. $ Bedarf wurde aufgrund der Stornierungen zurückgestellt.

Abb. 3: Halbleiter-Verkauf nach Regionen, Veränderungen vs. Vorjahr in Prozent Quelle: SIAAbb. 3: Halbleiter-Verkauf nach Regionen, Veränderungen vs. Vorjahr in Prozent Quelle: SIA

Abb. 4: Top 10 Halbleiter- Hersteller 2020, Umsatz in Milliarden US$ Quelle: GartnerAbb. 4: Top 10 Halbleiter- Hersteller 2020, Umsatz in Milliarden US$ Quelle: Gartner

In Abbildung 3 sind die Halbleiter-Verkäufe nach Regionen für die Jahre 2019 und 2020 mit Prognose für 2021 dargestellt. Hervorstechend ist hier der um 14,5 % gestiegene Bedarf für Europa in der Vorhersage für 2021. Der Halbleiter-Gesamtmarkt ist nach 412 Mrd. $ in 2019 auf 440 Mrd. $ in 2020 gestiegen und soll in diesem Jahr ein Volumen von 488 Mrd. $ erreichen. Die TOP 10 Halbleiter-Hersteller sind in Abbildung 4 aufgelistet.

Marktführer Infineon

Abb. 5: BlueBox 3.0, eine neue Automotive High-Performance Compute (AHPC) Entwicklungsplattform von NXP Semiconductor Bild: NXPAbb. 5: BlueBox 3.0, eine neue Automotive High-Performance Compute (AHPC) Entwicklungsplattform von NXP Semiconductor Bild: NXPEtwa 50 % des Halbleiter-Weltmarktanteils für die Automobilindustrie verteilt sich auf 5 Chip-Hersteller (Abb. 6, 7). Das Marktvolumen beträgt derzeit etwa 50 Mrd. US$, wächst durch Assistenzsysteme und batterieelektrische Pkw und solche mit Hybridantrieb rasant. Marktführer ist die deutsche Infineon mit 13,4 % Weltmarktanteil vor der aus der niederländischen Philipsgruppe hervorgegangenen NXP mit 11,3 % und der japanischen Renesas mit 8,7 %. Die amerikanische Texas Instruments belegt Platz 4 mit 8,1 % Weltmarktanteil und die italienisch-französische ST Microelectronics mit 7,6 % den 5. Rang, der auf die Automobilindustrie spezialisierten Halbleiterhersteller.

Auf den Punkt gebracht

  1. Bei einem Halbleitervolumen weltweit von 440 Mrd. $ liegt der Bedarf im Communication, Computer und Consumer Segment bei 330 Mrd. $. Dagegen hat das Automotive-Segment etwa 54 Mrd. $ Bedarf, ist also bei einer Re-Allocation in einer schwächeren Position.
  2. Der Wechsel im Halbleiter-Bedarf von Schrumpfung auf Wachstum geht aus einer Analyse der Semiconductor Industry Association SIA hervor. Nur in Europa schnellten die Verkäufe von -5,8 % in 2020 auf prognostizierte +14,5 % in 2021 hoch.
  3. Marktführer für Halbleiter-Bauelemente für die Automobilindustrie ist die deutsche Infineon mit 13,4 % Weltmarktanteil vor der aus der niederländischen Philips hervorgegangenen NXP mit 11,3 % und der japanischen Renesas 8,7 %.
  4. Die Top 10 Foundries repräsentieren 96,1 % Marktanteil bei einem Quartalsumsatz von 20,2 Mrd. $ im 3. Quartal 2020. Das durchschnittliche Wachtum betrug 14 % von 2019 versus 2020, wobei die größte Foundry Taiwan Semiconductor Corporation (TSMC) mit einem Weltmarktanteil von 53,9 % ein Wachstum von 21,0 % erreichte (Abb. 7).
  5. Zum Bauelemente-Mangel haben eine Reihe von Faktoren geführt: Eine starke Konjunktur in Asien trotz Pandemie; die pandemiebedingt weltweit steigende Nachfrage nach Kommunikationsprodukten, Computern und elektronischen Konsumgütern; die Stornierung von Lieferverträgen für Automotive Chips im Frühjahr 2020; ,kleinere Katastrophen am Rande', wie der Schneeeinbruch in Texas oder der Brand im Renesas Werk Nr. 1 in Japan.

Abb. 6: Marktanteil Halbleiter-Hersteller für Automobil-Applikationen Welt in ProzentAbb. 6: Marktanteil Halbleiter-Hersteller für Automobil-Applikationen Welt in Prozent

Abb. 7: Top 10 Halbleiter Foundries WeltAbb. 7: Top 10 Halbleiter Foundries Welt

Während in Europa noch ungläubig über einen V-, U- oder W-Verlauf der Konjunktur diskutiert wurde, gab man in Asien und vor allem China im 2. Q. 2020 schon wieder Gas. Entsprechend schnell erholte sich dort die Kommunikations-, Computer- und elektronische Konsumgüter-Branche und orderte schnell ihren außerplanmäßigen Bedarf. Zusätzlichen Ärger brachte Anfang 2021 Schneeeinbrüche in Texas, die mehrere Chipfabriken lahmlegten und der Brand beim Chiphersteller Renesas in Hitachin-Naka/Japan im März. Auch die einwöchige Blockade des Suez Kanals passt in dieses Szenario.

Gleichzeitig kaufen chinesische Firmen Halbleiter-Chips und gebrauchte Produktionsanlagen weltweit auf Vorrat. Ein Verhalten, das dem Konflikt USA-China geschuldet ist. Das von den USA ausgesprochene Lieferverbot von neuen Produktionsanlagen für Halbleiter-Bauelemente und für die Direktbelieferung trifft selbst die weltgrößte Foundry TSMC in Taiwan.

Auch wenn die meisten Halbleiter-Hersteller ihre Produktion erweitern, so dauert doch der Aufbau einer neuen Produktion inklusive Reinräume etwa 2 bis 2,5 Jahre und bei vorhandenen Reinräumen 1 bis 1,5 Jahre. Die Engpässe bei Halbleitern werden uns deshalb noch weiter durch das Jahr 2021 begleiten.

Ich wünsche Ihnen einen hoffnungsfrohen Mai!

Es grüßt Sie auf das Herzlichste

Ihr

Hans-Joachim Friedrichkeit

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Weitere Informationen

  • Ausgabe: 5
  • Jahr: 2021
  • Autoren: H. J. Friedrichkeit

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