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Mittwoch, 29 November 2023 13:00

Von der Münze der Lyder zum begehrten Sammlerstück

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Geschätzte Lesezeit: 4 - 8 Minuten
Geldregen im Hauptmünzamt: Eine Auslaufpresse in der Münchner Prägestätte Geldregen im Hauptmünzamt: Eine Auslaufpresse in der Münchner Prägestätte (Foto: Bayerisches Hauptmünzamt)

Münzgeld steht seit Tausenden von Jahren für Wertigkeit, Anerkennung und Vertrauen. Staatliche Prägestätten versehen die blinkenden und klimpernden Geldstücke mit identifizierenden Motiven und Sonderprägungen. Viele Groschen und Sammlermünzen durchlaufen bei ihrem Weg in Portemonnaie, Vitrine oder Geldschrank auch den Galvanisierungsprozess.

100 Euro-Goldmünze. Diese Sammlermünze wird anteilig im Bayerischen Hauptmünzamt geprägt (Foto: stock.adobe.com)

Handel trieben Menschen wohl schon vom Anbeginn ihrer Existenz miteinander. Lange Zeit tauschten sie untereinander Waren und Dienstleistungen aus. Dann – etwa im Jahr 600 vor Christus – kamen erstmals Münzen als Zahlungsmittel auf, hergestellt von den Lydern. Diese in der heutigen Westtürkei angesiedelte Volksgruppe, deren Territorium auch das legendäre Troja umfasste, setzte Brocken aus einer Gold-Silber-Verbindung als Zahlungsmittel ein. Bald darauf zierten erste Motive die Münzen, die bis ins elfte Jahrhundert nach Christus das bevorzugte Zahlungsmittel blieben. Erst dann entwickelte sich langsam das Papiergeld als Alternative.

Münzen waren lange Zeit aus Silber oder Gold

Münzen waren lange Zeit aus Silber oder Gold, später dann vermehrt auch aus Bronze oder anderen Metalllegierungen. In unseren Breiten galt lange der Taler aus Silber als weithin akzeptiertes Münzgeld, dann folgten Groschen, Pfennig, Mark, Cent und Euro, jetzt allerdings ohne Edelmetallanteil. Sondereditionen, wie die 100 Euro-Goldmünze, werden aber auch weiterhin hergestellt und z. B. vom Bayerischen Hauptmünzamt in München mit der unverwechselbaren Prägung versehen.

Cent-Münze ist teurer als sie wert ist

Der Herstellungsprozess einer Münze beginnt in der Regel in einem Bandstahlwerk, das Stahl in Coils herstellt und diese an Veredler liefert. Die stanzen das Bandmaterial dann in der Regel in Ronden und rändeln es. So erhält das Grundmaterial für die Münze seinen runden Außenrand. 10 oder 50 Cent-Münze haben einen gezackten Rand, in den Rand der 20-Cent-Münze werden einige spezifische Kerben eingebracht – wohl auch, um sehbehinderten Menschen die Unterscheidung zu erleichtern. Bei den Serien von der 10 bis 50 Cent Münze kommt die Galvanotechnik nicht ins Spiel, beim Kleingeld schon: Stahlcoins für 1 bis 5 Cent-Münzen erhalten eine 10 bis 32 μm dicke Kupferschicht. Kurios dabei ist, dass die verkupferte 1 Cent-Münze in der Herstellung teurer ist als sie wert ist. Eine deutscher Veredler galvanisierte allein im vergangenen Jahr 850 Tonnen Stahlcoins für 1 und 2 Cent Münzen.

Die verkupferte 1 Cent-Münze in der Herstellung teurer ist als sie wert ist

Ein Theresientaler von 1870. Der Taler galt in Europa lange über Grenzen hinweg als anerkanntes Zahlungsmittel (Foto: stock.adobe.com)

Stahlcoils liegen in einem Walzwerk auf Halde. Die Bleche werden zu Ronden gestanzt und gerändeltStahlcoils liegen in einem Walzwerk auf Halde. Die Bleche werden zu Ronden gestanzt und gerändelt

 

Trommeln wie diese in einer deutschen Galvanik eignen sich für die Galvanisierung von Münzen (Foto: Schlötter)Trommeln wie diese in einer deutschen Galvanik eignen sich für die Galvanisierung von Münzen (Foto: Schlötter)

Die Münzgalvanisierung erfolgt üblicherweise in einer speziellen Trommelgalvanik. Dort nimmt die Beschichtung aufgrund der hohen Schichtdicke deutlich mehr Zeit in Anspruch als bei anderen Produkten. Nach einem zusätzlichen Glühvorgang und einer Bearbeitung durch Poliermaschinen sind die Münzrohlinge bereit, um an die sogenannten Münzstätten für die Prägung ausgeliefert zu werden. Andere Währungen wie z. B. brasilianische Centavos, guatemaltekische Quetzal oder kolumbianische Pesos erhalten eine galvanische Messing- oder Nickelschicht. Was viele nicht wissen: die genannten südamerikanischen und andere Währungen durchlaufen europäische Galvaniken und Prägestätten und werden schließlich an die Notenbanken der Länder verkauft. Münzen sind also häufig ein Exportprodukt.

Die Qualitätsanforderungen an die noch ungeprägten Münzen, Blanks genannt, sind hoch. Galvaniken, die in der Münzfertigung tätig sind, setzen Sortieranlagen ein, mit denen die Münzen nach dem Galvanisieren visuell unter die Lupe genommen werden. Es sind kamerabasierte Maschinen, die bis zu 2000 Teile pro Stunde beidseitig prüfen. In den Münzprägestätten wird ein einwandfreies optisches Erscheinungsbild ohne Verfärbungen, Rostflecken oder glänzende Oberflächen erwartet. Es wird auf die korrekte Schichtdicke sowie die einwandfreie Verbindung zum Substrat geachtet. Blättert die Schicht ab oder löst sie sich nach einem Biegetest, bei dem das Plättchen über einen Klotz mit definiertem Radius um 90 Grad gebogen wird, ist die erforderliche Qualität nicht erbracht.

Verchromung künftig per PVD

Ein wichtiger Arbeitsschritt der Münzfertigung wird in Zukunft nicht mehr durch Galvanisierung abgedeckt. Das Bayerische Hauptmünzamt in München lässt ab kommendem Jahr die Prägestempeloberfläche der Münze, die bislang galvanisch verchromt wurde, per Physikalischer Gasphasenabscheidung (PVD) beschichten. Grund für den Wechsel des Fertigungsverfahrens ist die Europäische Gesetzgebung, wie Günther Waadt, Geschäftsführer des Bayerischen Hauptmünzamts verrät. Die Beschichtung mit Kupfer, Messing, Nickel und anderen Legierungen wird aber weiterhin galvanisch erfolgen. Münzprägestätten gewinnen in diesem internationalen Geschäft ausgeschriebene Tender und vergeben die Aufträge dann an Galvaniken.

Galvaniken haben es allerdings aus Kostensicht aktuell schwer bei der Münzgalvanisierung. Ein Manager eines Betriebs berichtete von einem Anstieg des Energiekostenanteils von drei auf zehn Prozent. Zudem sind gestiegene Kosten für Anodenware ein Thema, insbesondere die von Nickel und Kupfer. Der Nickelpreis stieg von 13 Euro je Kilo auf über 50 Euro, lag lange bei rund 20 Euro und beträgt jetzt knapp 18 Euro. Kupfer ist heute sogar doppelt so teuer wie noch vor rund fünf Jahren, beschreibt der Geschäftsführer die Marktlage für Anodenware.

Verkupferte, vernickelte und vermessingte Blanks in einer deutschen Galvanik (Foto: Robert Piterek)Verkupferte, vernickelte und vermessingte Blanks in einer deutschen Galvanik (Foto: Robert Piterek)

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10, 20 und 50 Cent Münzen kommen ohne galvanische Schichten aus. Diese Münzen werden in der Regel aus Legierungen wie Aluminiumbronze oder Kupfernickellegierungen hergestellt, Legierungen, die nicht so ohne weiteres am Markt erhältlich sind. Hintergrund: Das Basismaterial ist ein Sicherheitsmerkmal und muss eindeutig von Automaten unterscheidbar sein.

Mono-, Bi- und Triocolor-Münzen

Und wie geht es weiter, wenn die Galvanik ihre Ware ausgeliefert hat? Im Bayerischen Hauptmünzamt sind für das Prägen der Rohlinge zur Münze Horizontal- und Vertikalprägepressen im Einsatz. Die Hubzahlen liegen bei bis zu 1000 Hüben pro Minute. Die günstigeren Horizontalpressen kommen für Monocolorprodukte wie 1 bis 50 Eurocent zum Einsatz. Vertikalpressen werden zusätzlich zur Herstellung verschiedener Produkte des Bicolorbereichs eingesetzt. Das sind die 1 und 2 Euro-Münzen mit ihrem auffallenden goldglänzenden Inneren, eingefasst vom silberglänzenden Äußeren. Ein spezielles Produktionszentrum in München kann sogar komplexere Münzen in Tricolor oder Münzen mit Polymeranteil herstellen.

Produktionszentrum für Tricolor-Münzen und Münzen mit Polymeranteil (Foto: Bayerisches Hauptmünzamt)Produktionszentrum für Tricolor-Münzen und Münzen mit Polymeranteil (Foto: Bayerisches Hauptmünzamt)

Die geprägten Tender haben sagenhafte Umfänge: Von bescheidenen 5 Mio. bis zu 600 Millionen Geldstücken reicht die Bandbreite der Münzproduktion. Sondermünzen gehören auch zum Repertoire nahezu jeder Münzprägestätte. Dabei handelt es sich um Medaillen, Sondermünzen zu Sammlerzwecken oder Anlagemünzen. Diese Sonderprodukte erhalten ihr häufig eindrucksvolles Aussehen ebenfalls auf Prägepressen. Diese prägen jedoch deutlich langsamer, wie Günther Waadt erläutert. Die Hubzahl beträgt hier nur bis zu 80 Stück je Minute. Mit einem sogenannten Mehrfachschlagsystem kann bis zu vier Mal auf das gleiche Stück geprägt werden. Da Qualität hier das entscheidende Kriterium ist, überwiegt bei Sondereditionen auch noch Handarbeit. Diese Münzen können Einzelfertigungen oder auch Lose mit bis zu 5-stelligen Umfängen sein.

Bargeld versus virtueller Zahlung

Eine Frage liegt schnell auf der Zunge, wenn es um die Zukunft der Münzherstellung geht: Was, wenn Münzen eines Tages abgeschafft werden und nur noch digital bezahlt wird? Die Abschaffung von Münzen führt an der Lebenswirklichkeit in vielen Staaten der Welt vorbei, ist der Galvanikmanager überzeugt und nennt ein Beispiel: „Die Leute dort haben häufig gar keine Konten, sind also auf Bargeld angewiesen.“ Auch die Abschaffung des Kupfergelds, wie sie kürzlich in Deutschland mit Blick auf die 1 und 2 Cent-Münzen diskutiert wurde, macht ihm wenig Sorgen. Läden wie Bäckereien bräuchten die kleinen Münzen, weil sie die Preise nicht einfach um 5 Cent auf einen Schlag erhöhen könnten, so sein Argument.

Was, wenn Münzen eines Tages abgeschafft werden und nur noch digital bezahlt wird?

Tatsächlich hat die Zahlung per Geldkarte in den vergangenen Jahren deutlich zugelegt. Und doch dürfte die monetäre Transformation in vielen Bereichen an Grenzen stoßen, man denke nur an den Bettler oder Gaukler, dem man eben ein Geldstück zustecken möchte. Ist es vorstellbar, dass er künftig ein Kartenlesegerät zückt? Auch ist die rein virtuelle Bezahlung schon sehr abgekoppelt vom Wert­empfinden vieler Menschen. Münzen und Geldscheine haben eine haptische Komponente, die sie leichter „greifbar“ macht und Vertrauen schafft. Demnach ist die bargeldlose Zeit vielleicht noch nicht so nah wie manche glauben – was auch die Zukunft eines wichtigen Geschäftsbereichs für Galvaniken sichert.

 

ZUR INFO

Das bayerische Hauptmünzamt

ist der älteste Betrieb der Stadt München und eine der ältesten noch existierenden Prägestätten. Bereits 1158 hat Kaiser Friedrich Barbarossa München mit dem Markt- und Zollrecht auch das Münzrecht zugesprochen. Heute noch prägt das Bayerische Hauptmünzamt als Unternehmen des Freistaats Bayern unter anderem im Auftrag der Bundesrepublik Deutschland Euro-Umlauf- und Sammlermünzen. Neben der Prägung nationaler und internationaler Münzen ist das Bayerische Hauptmünzamt auch im Bereich der Lohn- und Medaillenprägung sowie der Dienstsiegelherstellung tätig. Motto des traditionsreichen Unternehmens: Münzgeld ist Vertrauen; das Bayerische Hauptmünzamt prägt Vertrauen.

Das Hauptmünzamt an der Münchner Zamdorfer Straße beschäftigt 53 Mitarbeiter. Günther Waadt ist hier bereits seit 25 Jahren Geschäftsführer. Er hat eine technische und wirtschaftliche Ausbildung als Diplomingenieur und Diplomwirtschaftsingenieur durchlaufen.

Bayerisches Hauptmünzamt an der Zamdorfer Straße in München (Foto: Bayerisches Hauptmünzamt)Bayerisches Hauptmünzamt an der Zamdorfer Straße in München (Foto: Bayerisches Hauptmünzamt)

 

Weitere Informationen

  • Ausgabe: 11
  • Jahr: 2023
  • Autoren: Robert Piterek

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