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Montag, 21 August 2023 11:59

Auf den Punkt gebracht: China boomt, Deutschland im Rückwärtsgang – Eine Halbjahresbilanz der Automobilindustrie

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Geschätzte Lesezeit: 3 - 6 Minuten
Die Marke VW verliert rasant an Glanz. In Emden drosselte der Konzern die Produktion von Elektroautos Die Marke VW verliert rasant an Glanz. In Emden drosselte der Konzern die Produktion von Elektroautos Bild: Ra Boe/CC BY-SA 3.0 DE

Der weltgrößte Automobilmarkt China wächst weiter. Im ersten Halbjahr 2023 wurden nach der Statistik des chinesischen Automobilverbandes ‚China Association of Automobile' Manufacturers (CAAM) 13.239.000 Automobile verkauft, ein Wachstum von 9,8 % gegenüber dem Vorjahr. Dabei boomt der Anteil von NEVs (New Electric Vehicles) mit 28,3 % aller verkauften Fahrzeuge. Mit 3.745.000 NEVs bedeutet dies für den NEV-Markt ein Wachstum von + 44,5 % gegenüber dem ersten Halbjahr 2022. Zum Vergleich: im Autoland Deutschland wurden 1.396.870 Pkw zugelassen, davon 299.500 Elektroautos.

Zur Definition: Als NEVs werden in China battery electric vehicles (BEV) gezählt, aber auch Hybrid-Fahrzeuge (PHEV). Bei Letzteren muss jedoch eine elektrische Reichweite von mindestens 100 km erreicht werden, womit praktisch fast alle deutschen Hybridmodelle in China unverkäuflich sind.

Kopf an Kopf BYD und Tesla

BYD aus Shenzhen verkaufte im ersten Halbjahr des Jahres 1,26 Mio. Elektro-Automobile incl. Hybrid (NEVs), wovon 616.810 reine Elektro-Pkws (BEV) waren. Das Ziel von BYD für 2023 ist die Produktion von mindestens 3 Mio. NEVs, wobei mindestens 1,9 Mio. BEVs geplant sind.

Tesla hat in China im ersten 889.000 BEVs verkauft, mit einem Ziel von 2 Mio. batterieelektrischen Fahrzeugen für 2023.

Volkswagen hat im gleichen Zeitraum 321.600 BEVs insgesamt hergestellt und davon 62.400 in China verkauft, dies entspricht einem Martktanteil von 1,7 % in China. Beängstigend ist, dass VWs Marktanteil bei Verbrennungsmotoren (ICE) in China 2022 noch bei 19 % lag.

Rekordabsatz im Juni

Mit einem Absatz von über 800.000 New Electric Vehicles (NEVs) boomte der chinesische Markt, nach dem der Absatz zum Jahresanfang noch schleppend war.

  1. BYD: 251.685 (128.196 BEV + 123489 PHEV)
  2. Tesla: 93.680 (davon 19.468 Export)
  3. GAC Aion: 45.013
  4. Leap Motor: 13.209
  5. Neta: 12.132
  6. NIO: 10.707

BYD E-Plattform 3.0

Der ATTO 3 ist mit der innovativen ‚BYD E'-Plattform 3.0 ausgestattet (Abb. 1), die ausschließlich für Elektrofahrzeuge entwickelt wurde und mehr Sicherheit und Effizienz beim Fahren bieten soll. Durch die Integration der BYD eigenen ‚Blade'-Batterie in die Fahrzeugstruktur verdoppelt die e-Plattform 3.0 die Karosseriesteifigkeit. Sie spielt somit eine entscheidende Rolle bei der Verbesserung der Karosserie und ihrer Sicherheitsleistung. Ausgestattet mit dem weltweit ersten serienmäßig hergestellten 8-in-1-Elektroantriebsstrang, der Motor, Motorsteuerung, Getriebe, Ladegerät, Inverter, Hochspannungsverteilung, Fahrzeugsteuerung und BMS umfasst, beträgt der Gesamtsystemwirkungsgrad bis zu 89 %. Durch die Weiterentwicklung von einer verteilten elektronischen Architektur hin zu einer integrierten Architektur wurde die Effizienz des Systems erheblich verbessert.

Der Hybridmarkt China boomt

Abb. 1: ‚BYD E‘-Plattform 3.0 mit der hauseigenen ‚Blade‘-BatterieAbb. 1: ‚BYD E‘-Plattform 3.0 mit der hauseigenen ‚Blade‘-Batterie

Deutschland im Rückwärtsgang

Im ersten Halbjahr 2023 wurden in Deutschland nach der Statistik des Verbandes der Automobilindustrie (VDA) 1.396.870 Pkw (+ 13 % gegenüber dem Vorjahr) zugelassen. Dabei handelt es sich um 70 % deutsche Marken und 30 % ausländische Marken.

Das hört sich nach Wachstum an, ist es aber nicht. Januar bis Juni 2019, also im letzten Halbjahr vor der Coronakrise, wurden 1.849.000 Pkw zugelassen, d. h. die Zulassungen liegen derzeit immer noch -25 % zurück.

In Abbildung 2 wird der Rückgang bei der Gesamtproduktion deutlich. Insbesondere Volkswagen und Mercedes sind mit ihren Produktionsstückzahlen weit hinter den Vor-Corona-Zahlen.

Die Ursachen hierfür sind vielfältig. Einerseits ist der Erfolg der deutschen Modelle insbesondere im weltgrößten Markt China zurückgegangen, da immer weniger wirklich Neues geboten wird.

Abb. 2: Autoproduktion nach Marken 1-5/2019 vs. 1-5/2023 (Daten VDA)Abb. 2: Autoproduktion nach Marken 1-5/2019 vs. 1-5/2023 (Daten VDA)

AUDI kauft Elektroplattform in China

Erinnern Sie sich noch an AUDIs Werbung ‚Vorsprung durch Technik', bei der ein A8 mit damals sensationell ausgewogenem Allradantrieb eine Skisprungschanze hochfuhr? Oder an den alten Inuit in Alaska, der seinem Enkel mit dem hochachtungsvollen Ausruf ‚AUDI' eine Reifenspur im Schnee zeigte?

‚Vorsprung durch Technik' war gestern, da AUDI sich gezwungen sieht, eine Elektroplattform vom chinesischen Automobilriesen SAIC zuzukaufen. Audi und FAW bauen derzeit ein Werk im chinesischen Changchun, in dem ab Ende 2024 Fahrzeuge auf der PPE-Plattform produziert werden sollen.

Ein weiterer Grund für den Rückgang ist, dass gerade in China die deutschen Elektroautos (BEVs) nicht den Publikumsgeschmack in Bezug auf Design, Armaturen Display und Assistenzsysteme treffen.

Die deutschen Hybridfahrzeuge (PHEV) werden in China nicht als NEV anerkannt, weil sie meistens nicht die elektrische Mindestfahrstrecke von 100 km erreichen. Der dortige Hybridboom geht damit an deutschen Hybridfahrzeugen vorbei.

Die deutschen Autokäufer hingegen sind verunsichert durch Inflation, erheblich gestiegene Autopreise, geringere Prämien für BEVs und weggefallene Prämien für PHEVs.

Tesla das Börsenwunder

Die Marktkapitalisierung von Tesla ist mehr als dreimal so hoch wie die von Mercedes, VW und Audi zusammen. Hier ist eine Menge weitere Erwartung mit eingepreist (Abb. 3).

Bis Ende dieses Jahres wird aber wohl BYD Tesla als Marktführer auf dem chinesischen Markt eingeholt haben. 2024 kann dann damit gerechnet werden, dass BYD die Pool-Position übernimmt, auch wenn Tesla derzeit mit Preissenkungen in die Offensive gegangen ist.

Abb. 3: Marktkapitalisierung von Tesla, BYD, Mercedes, VW, BMW in Milliarden EURO – Stand: 13.7.2023 (Daten: Finanzen.net)Abb. 3: Marktkapitalisierung von Tesla, BYD, Mercedes, VW, BMW in Milliarden EURO – Stand: 13.7.2023 (Daten: Finanzen.net)

Auf den gebracht

  1. Mit 13,2 Mio. Fahrzeugen im 1. H. 2023 (+ 9,8 % gegenüber dem Vorjahr) baut China seine Position als weltgrößter Automarkt weiter aus. Zum Vergleich Deutschland 1,4 Mio. Pkw.
  2. Der Boom des New Electric Vehicle (NEV) zeigt sich in 3,7 Mio. verkauften E-Autos (+ 44,5 % gegenüber dem Vorjahr) in China. 28,3 % vom Gesamtmarkt sind NEVs. Zum Vergleich Deutschland 299.500 (21 % vom Gesamtmarkt).
  3. BYD hat das Ziel im Jahr 2023 mind. 3 Mio. NEVs incl. Hybrid zu verkaufen, Tesla min. 2 Mio. BEVs.
  4. Mit 1,4 Mio. zugelassenen Pkw im ersten Halbjahr 2023 liegt Deutschland -25 % gegenüber 2019 zurück.
  5. Von 1–5/2023 versus Vor-Corona liegen in verkauften Fahrzeugen zurück: Mercedes um - 31 %, VW um -23 % und BMW um -10% und Audi um -8,4%

Die einzige Industrie von Weltgeltung, die deutsche Automobilindustrie, gerät in ernsthafte Bedrängnis. Was Anfang des Jahres mit den deutschen E-Autos auf dem chinesischen Markt als Ausrutscher deklariert wurde, verfestigt sich, VW ist abgehängt, und die anderen spielen keine Rolle. Die große Not zeigt sich auch darin, dass der VW ID3 in China temporär für 15.000 € verhökert wird, während er hier mindestens 40.000 € kostet. Bei einem bisherigen Verbrenner-Marktanteil von 19 % in China (3,2 Mio. VWs in 2022) gegenüber jetzt 1,7 % bei E-Autos bedeutet das einen massiven Einbruch. Das VW-Werk Emden, ausgerichtet auf die Produktion von BEVs, streicht Schichten und verlängert die Werksferien.

Solange die chinesischen Hersteller einen boomenden E-Auto Binnen-Markt haben, bleibt der Export-Druck nach Europa und USA noch moderat. Dies wird sich aber in zwei bis drei Jahren massiv ändern, wenn gut ausgestattete, qualitativ vergleichbare E-Autos chinesischer Produktion zu attraktiven Preisen auf überteuerte deutsche E-Autos treffen.

Wir verlieren derzeit einen großen Teil unseres profitablen Mengen-Absatzes von 33 %–39 % (Mercedes, BMW, VW) auf dem chinesischen Markt, gefolgt von einem harten Verdrängungswettbewerb in Europa mit chinesischen Herstellern.

Ohne wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen mit wettbewerbsfähigen Energiepreisen, verschlankter Bürokratie, wettbewerbsfähigen Steuern auch durch Rückbau des Sozialstaates etc. werden wir zu einem ‚wirtschaftlichen Totalschaden'. Erst Schichtabbau, dann Kurzarbeit, Konkurs, Arbeitsplatzabbau und Wohlstandsverlust für alle.

Kämpfen Sie mit für wettbewerbsfähige Verhältnisse.

Es grüßt Sie herzlich
Ihr
Hans-Joachim Friedrichkeit

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Weitere Informationen

  • Ausgabe: 8
  • Jahr: 2023
  • Autoren: H. J. Friedrichkeit

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