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Donnerstag, 04 April 2024 11:59

Der Chipkrieg

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Geschätzte Lesezeit: 2 - 4 Minuten
Der Chipkrieg Bild:AdobeStock

Ende 2023 sorgte ein ‚Sachbuchthriller' über die Entwicklung von Computerchips und ihre Bedeutung für unsere Zukunft für ungewohnte Aufmerksamkeit.

Ohne Mikrochips ist in unserer Gegenwart - zumindest was die westliche, fortschrittliche Welt betrifft - kein Auto, kein Stromnetz, kein Internet und keine Armee funktionsfähig. Den Lesern der PLUS muss dies nicht eigens gesagt werden - den meisten Menschen aber ist die Bedeutung modernster Chips ein Mysterium, da diese Chips zwar in nahezu allen technischen Geräten im Einsatz sind, dies aber unsichtbar, auf fast mystische Weise opak. Wie zentral ihre Verfügbarkeit ist, erahnen aber viel. Die hohen Investionen der ‚Chip Acts' in den USA und auch in Europa, die Handelsbarrieren gegenüber dem Konkurrenten China und dessen Drohgebärden in Richtung Taiwan werden deutlicher wahrgenommen - würde doch eine tatsächliche Invasion der bedeutsamen Insel oder auch nur ihre Teilblockade gravierende Auswirkungen auf den Weltmarkt zur Folge haben. Denn auf Taiwan werden von der Firma TSMC die modernsten Halbleiter gefertigt. Nicht ohne Grund wird verstärkt von ‚De-Risking', ‚Reshoring' oder ‚China +1' gesprochen, also die behutsame Entflechtung zu starker Abhängigkeiten der westlichen Welt von China.

Der amerikanische Historiker Chris Miller (Fletcher School of Law and Diplomacy, Tufts University, Massachusetts) nimmt diese Entwicklungen zum Anlass für ein Sachbuch, in dem er die Geschichte der Computerchips nachzeichnet. Der Titel ‚Chip War. The Fight for the World's most Critical Technology' ist dabei etwas marktschreierisch gewählt. Denn es geht in Millers Buch weit weniger um die gefürchtete Zuspitzung der Handels- und Technologiekonflikte mit dem längst nicht mehr schlafenden Riesen China, sondern insgesamt um die rasante Entwicklung der Mikroelektronik seit dem zweiten Weltkrieg. Miller gelingt es, anhand der Biographien wesentlicher Akteure wie William Shockley (Shockley Semiconductor Laboratory), Jack Kilby (Texas Instruments), Gordon Moore (Intel) oder Robert Noyce (Intel, Fairchild Semiconductor) die Technologie- wie auch Unternehmensgeschichte auf diesem Gebiet nachzuzeichnen.

Wettlauf der Supermächte

Die Entstehung und Miniaturisierung von Halbleitern und Transistoren, die Ablösung der lange gebräuchlichen Vakuumröhren durch HL-Materialen aus Silicium liest sich in dieser Nacherzählung tatsächlich wie ein Thriller. Allein die Entstehung des ‚Silicon Valley', den Aufstieg der Firma Fairchild Semiconductor oder der technologische Wettlauf zwischen den USA und der Sowjetunion auf dem Feld der Mikroelektronik liest sich ausgesprochen packend. Miller, der insbesondere zur sowjetischen Technikgeschichte geforscht hat, schildert den Wettlauf der beiden Supermächte, der sich von amerikanischen Universitäten über das unter sperrigem Namen entstandende ‚Sonderkonstruktionsbüro der Elektronikindustrie 2' in Leningard bis ins Weltall zieht. Auch der beeindruckende Aufstieg Japans in der Elektronikindustrie und die Entwicklung der EUV-Lithograhieanlage von ASML als „komplexester Werkzeugmaschine der Welt“ widmet Miller längere Kapitel. Laut Miller hätten drei Jahrzehnte Entwicklung, Milliardeninvestitionen und die Einrichtung einer hochgradig verästelten Lieferkette dazu geführt, dass Mitte der 2010er Jahre die EUV-Werkzeuge von ASML für den Einsatz in den modernsten Chipfabriken der Welt zum Einsatz kommen konnten - auch wenn lange nicht klar gewesen wäre, ob (und wann) diese Technologie zum Erfolg führen würde.

„ohne Cybersicherheit keine nationale Sicherheit“

Die letzten Kapitel von Millers Buch widmet sich dem Aufstieg Chinas, dessen rigides politisches System gerade auch in der Internetüberwachung (und damit Wissensvermittlung) es erschwerte, in der Halbleitertechnologie zum Westen aufzuschließen. Doch wie lange noch? Bislang konnte China trotz unglaublich hoher Investititionen nur Achtungserfolge erringen. Die jüngsten Entwicklungen seit 2017, als Xi Jinping, Generalsekretär der KP China, verkündete, dass es „ohne Cybersicherheit keine nationale Sicherheit“ und ohne Informatisierung keine Modernisierung für China geben könne, gleicht einem Präludium der heute zu beobachtenden aufgeheitzten Stimmung. Der Verkaufsstop von EUV-Lithographiesystemen von ASML an chinesische Unternehmen war dabei nur eine Wegmarke dieses neuen Wettlaufes, der teils an die Ära des Weltraumrennens während des Kalten Kriegs erinnert. Insgesamt versteht es Chris Miller, diese Entwicklungen spannend, aber auch ohne theatralische Zuspitzung darzustellen.

Lässt sich ein solches Sachbuch, geschrieben von einem Historiker, auch Ingenieuren und Branchenkennern empfehlen? Sicher werden die gesellschaftlichen, politischen und ökonomischen Hintergründe, die Miller herausgearbeitet und in komprimierter Form aufbereitet hat, nicht jedem geläufig sein. Auch die Anekdoten aus Biographien der Ingenieure, Erfinder und Unternehmer in den USA, Russland, China und Japan tragen zum Zeitkolorit dieser Geschichte der Mikroelektronik bei. Dem Leser von Fachliteratur mag die Lektüre gelegentlich zu seicht erscheinen. Aber das große Bild, welches Miller hier zeichnet, ist nicht nur unterhaltsam, sondern auch klug geschrieben und kann mit Nachdruck empfohlen werden.

Chris Miller,
‚Der Chipkrieg.
Wie die USA und China um die technologische
Vorherrschaft auf der Welt kämpfen‘,

Hamburg 2023, Rowohlt,
ISBN 978-3-498-00435-4.

Übersetzung aus dem Amerikanischen von
Hans-Peter Remmler und Doro Siebecke.

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