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Donnerstag, 07 März 2024 10:59

Interview: „Der Award ist eine zu gute Initiative, um sie nicht mehr ins Licht zu stellen“

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Geschätzte Lesezeit: 4 - 7 Minuten
Preisverleihung an Peter Heynmöller durch Dieter Müller, Vorstandsvorsitzender des FED Preisverleihung an Peter Heynmöller durch Dieter Müller, Vorstandsvorsitzender des FED Bild: FED

Wir führten ein Interview mit Peter Heynmöller, dem ersten Preisträger des PAUL-Awards 2023. Er wurde für seine durchdachte Power Distribution Unit ausgezeichnet. Das Interview führte Markolf Hoffmann.

PLUS: Herr Heynmöller, Sie wurden für Ihre Power Distribution Unit mit dem ersten Platz im PAUL Award ausgezeichnet. Wie waren die Anfänge dieses Projekts?

Peter Heynmöller: Ich bin als Student dem Verein Ecogenium beigetreten, wo wir ein wasserstoffbetriebendes elektrisches Auto für einen Effizienzwettbewerb bauen wollten. Es gab zwar ein bestehendes System aus dem Vorjahr, aber wie entschieden uns für den kompletten Neuanfang. Zunächst mussten wir entscheiden, wie der elektrische Antriebsstrang des neuen Fahrzeugs aussehen soll. Nach der Erfahrung aus dem Vorjahr entschieden wir uns für ein Hybridsystem, und dann ging es in die präzisere Ausarbeitung einer Power Distribution Unit, um das Hybridsystem gut zu verwalten. Grundsätzlich zeichnen sich Hybridsysteme dadurch aus, dass sie auf mehrere Energiequellen zurückgreifen. In diesem Fall ist es die Brennstoffzelle als unidirektionale Energiequelle: sie kann nur Wasserstoff in Strom umwandeln. Hinzu kommt der Energiespeicher. Superkondensatoren hatten wir schon und wollten sie nicht neu kaufen. Da sie eine andere Spannung haben, braucht man DC-DC-Wandler, die Superkondensatoren auf- und entladen können. Wenn er angeschaltet ist und nichts macht, hat er einen Ruheverbrauch. Das will man natürlich nicht im Effizienzfahrzeug und deshalb braucht man die Power Distribution Unit. Sie leitet dann halt die Ströme entweder aus der Brennstoffzelle direkt in den Antriebsstrang, also an die Motoren, oder in die Superkondensatoren zum Laden, oder aus den Superkondensatoren zum Entladen in die Motoren.

Power Distribution UnitPower Distribution Unit

Eine sehr komplexe Sache, die Sie da entwickelt haben. Wir hatten auf der Preisverleihung des PAUL Award insgesamt viel über Wasserstoff gesprochen …

Für mich ist Wasserstoff grundsätzlich interessant. Jeder weiß, dass die Herstellung von Lithium-Ionen-Batterien ressourcenintensiv ist. Manche Leute, die nicht alle Daten kennen, halten deswegen E-Autos für noch klimaschädlicher als bestehende Verbrenner. Bei größeren Fahrzeugen als der normale PKW schlägt die Batterie wirklich zu viel ins Gewicht, zumindest aus meiner Perspektive. Da bietet Wasserstoff alternative Lösungen. Aufhalten können wir den Klimawandel sicher nicht, aber ihn vielleicht verlangsamen.

Welche Probleme stellten sich bei Ihrem Projekt?

Als Student oder grundsätzlich als Person, die nicht mit unendlichen Geldressourcen ausgestattet ist, ist es gar nicht so leicht, in Kontakt mit Wasserstoff zu kommen. Die Erzeugung braucht eben ziemlich komplizierte Laborumgebung. Aber bei Ecogenium ist es uns gelungen. Bei unserem Verein geht es nicht einzig und allein um das Fahrzeug, welches wir bauen. Eine weitere Mission von uns ist es, den Austausch zwischen der Wasserstoffindustrie und Studenten zu stärken. Eine Lötstation und ein paar Transistoren lassen sich leicht in den Keller stellen. Aber 200 bar-Wasserstoffstahlflaschen und Brennstoffzellen und naja, ein Leckstellenprüfgerät etc. anzuschaffen, ist halt nicht so einfach,

An der Wasserstoffverbrennung wird oft kritisiert, dass die Energieausbeute im Vergleich zu Elektrobatterien einfach nicht groß genug ist. Wie sehen Sie das?

Das ist grundsätzlich erstmal ein Fakt. Der Wirkungsgrad generell ist nicht besonders hoch. Ich kann von unserer Brennstoffzelle im Fahrzeug sagen, dass wir in der Spitze knapp über 60 % Wirkungsgrad erzielen. Wenn man noch einberechnet, dass die Elektrolyse des Wasserstoffs – wenn man Grünen Wasserstoff haben möchte – keinen allzu guten Wirkungsgrad hat. Es ist halt immer eine Abwägungsfrage. Meiner Meinung nach ist Wasserstoff eher bei größeren Fahrzeugen eine reale Option, weil Batterien mit ihrer Kapazität proportional schwerer werden. Bei E-Bikes ist die Batterie die schlauere Option, inzwischen ist man auch bei Autos an dem Punkt. Aber blicken wir auf den LKW-Bereich: dort gibt es schon Wasserstoffelektrische Modelle. Ein batterieelektrischer LKW braucht schon seine 800 kwH, da wird das Gewicht der Batterie schon heftig. Und weil LKWs ein Gewichtslimit haben, lohnt es sich auf eine energiedichtere Variante wie Wasserstoff zu setzen. Hyundai hat schon einige Wasserstoff-LKWs auf die Straße gebracht. Zu diesem Thema wurden wir von Ecogenium auch zum Dürener Wasserstoffpreis eingeladen.

Sehen Sie auch ein Potential beim Flugverkehr?

Ich weiß von Freunden, die beim DLR arbeiten, dass Wasserstoff in der Luftfahrt umstritten ist. Ich habe nicht das Gefühl, dass man in der Luftfahrt durch Wasserstoff eine komplette CO2-Neutralität erreichen kann. Es gibt aber Konzepte, den Verbrauch zu senken. Wenn man den Wasserstoff halbwegs effizient nutzen möchte, muss man ihn eben in Strom umwandeln durch Brennstoffzellen. Für Kurzstreckenflüge, t sehe ich durchaus eine Zukunft. Insgesamt aber lässt sich das klassische Kerosin nicht so einfach ersetzen – aber der Verbrauch durch Hybridkonzepte senken.

Und der Schiffsverkehr?

Auch dort ist das Problem wieder die Energiemenge, weil Schiffe eben wirklich sehr energieintensiv sind. Das lässt sich kaum mit aktuellen Brennstoffzellen decken.

Wie entstand der Verein Ecogenium?

Gegründet wurde er schon 2019, ich stieß später dazu. Grundsätzlich ging es darum, die Wasserstoffwelt zugänglicher zu machen. Aber es gab auch das Ziel, am Shell Eco Marathon teilzunehmen. Das ist eine Initiative von Shell, dem Ölunternehmen. Studenten und Schülern, generell jungen Leuten und Ingenieuren wird die Möglichkeit gegeben, Fahrzeuge mit einem möglichst geringen Kraftstoffverbrauch zu entwerfen. Ecogenium hat sich für die Urban-Kategorie beworben für Fahrzeuge, die etwas mehr mit einem praktischen Fahrzeug als in der Prototype-Kategorie, und jetzt visieren wir die Concept-Kategorie an. Weil es eben auch fahrdynamisch interessanter ist, an einem tatsächlichen Fahrzeug zu arbeiten. Informell nennen wir es einen fahrenden Sarg, weil man einfach drinnen liegt und gar nichts sieht. Das ist wirklich genau schulterbreit genau für einen Fahrer angepasst, der möglichst klein ist. Wir arbeiten lieber an realistischeren Konzepten 2024 werden wir zum dritten Mal am Eco Marathon teilnehmen.

Und wie kam es denn zum PAUL Award, wo ich Sie auch kennenlernen durfte?

Ich bin befreundet mit Paul Goldschmidt, dem ersten Preisträger des PAUL Award. Den kenne ich von ‚Jugend hackt'. Ich habe ihn von meinen Projekten bei Ecogenium erzählt, und er meinte, das sei perfekt für den PAUL Award. Ich habe mir überlegt, wie man die Vorgaben des Preises grundsätzlich erfüllen kann, und habe erklärt, wie ich mit einem Top Down Approach an das Design rangegangen bin. Im Prinzip habe ich alles auf Abstraktionsebenen aufgeteilt. Es besteht schnell die Gefahr, sich in Details zu verrennen. Grundsätzlich gilt wohl, dass man bei Beginn solch großer Projekte, wie es später in der Industrie wahrscheinlich der Fall sein wird, seine Aufgaben klar definiert. Das hilft, genau das zu machen, was man machen muss – und zwar gut –, aber eben nicht zu übertreiben.

Bestaunt und vieldiskutiert: die preisgekrönte Power Distribution UnitBestaunt und vieldiskutiert: die preisgekrönte Power Distribution Unit

Wie beurteilen Sie insgesamt den Award, die Ausrichtung, die Preisverleihung?

Verbesserungsvorschläge hätte ich hauptsächlich an das Wetter, das war wirklich sehr, sehr schlimm. Die Location an sich war erstaunlich formell, ehrlich gesagt, ich hatte mit etwas Informellerem gerechnet. Aber das meine ich keinesfalls negativ. Die Gastgeber waren sehr freundlich, haben sich alle Projekte angeschaut und interessierte Fragen gestellt, das fand ich sehr schön. Ich mag es immer, wenn sich Leute für meine Projekte interessieren. Wenn man Elektronikbastler ist, ist das im normalen Freundeskreis definitiv nicht normal. Auch die anderen Projekte fand ich sehr interessant. Es ist immer schön, sich mit anderen motivierten enthusiastischen jungen Bastlern vernetzen zu können … oder wie heißt es? Mit heranwachsenden Elektroingenieuren.

Ich glaube, es ist kein Geheimnis, dass der FED sich mit dem PAUL Award mehr an junge Leute richten will – Stichwort Fachkräftemangel. Sehen Sie bei einer solchen Ansprache noch Verbesserungspotential?

Der FED macht da schon einen ganz guten Job. Natürlich könnte die Publicity um den PAUL Award noch stärker sein – ich habe das jetzt auch nur über meinen Freund Paul mitbekommen. Der Award ist eine zu gute Initiative, um sie nicht mehr ins Licht zu stellen. Ich würde ihn stärker an Universitäten bewerben, besonders an technischen Universitäten. Dort denken die Leute so wie ich.

Weitere Informationen

  • Ausgabe: 2
  • Jahr: 2024
  • Autoren: Markolf Hoffmann

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