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Montag, 22 Januar 2024 10:59

Der Oura-Ring auf dem Weg zum medizinischen Wearable

von
Geschätzte Lesezeit: 10 - 19 Minuten
Abb. 1: Prinzipdarstellung des Aufbaus des Oura-Rings Abb. 1: Prinzipdarstellung des Aufbaus des Oura-Rings Bild: Ōura Health Oy

Das Jahr 2023 ist im Wearables-Sektor durch zwei Jubiläen gekennzeichnet: Vor zehn Jahren erschien der erste kommerziell verfügbare Smart Ring und vor zehn Jahren wurde auch die Firma ‚Oura Health Oy' gegründet. Letztere hat in dieser relativ kurzen Zeitspanne Bemerkenswertes zur konstruktiven Entwicklung von smarten Ringen als auch zu deren wissenschaftlich begründeten Anwendung im Sport- und Medizinsektor geleistet.

Smarte Ringe (intelligente Ringe) zählen wie Fitness-Tracker und Smartwatches zu den sogenannten Wearables, wörtlich ‚tragbare' Elektronik (Abb. 1). Der Begriff Wearables steht für kleine vernetzte Elektronikgeräte, teilweise mit Computereigenschaften, die am Körper getragen werden. Sie sind das Ergebnis der Fortschritte in der Miniaturisierung der Bauelementbasis, insbesondere der integrierten Schaltkreise, Sensoren, Aktoren und Batterien. Zu letzteren muss erwähnt werden, dass manche Ringarten, beispielsweise mit NFC-Fähigkeiten (Nahfeldkommunikation), in bestimmten Fällen bereits keine Batterie mehr benötigen.

In smarten Ringen kommt der Trend zur Miniaturisierung auf allen Ebenen der Elektronik besonders gut zum Ausdruck:

  • wachsender Integrationsgrad und sinkender Stromverbrauch der ICs
  • kleinere als auch komplexere Sensoren mit zunehmender Empfindlichkeit
  • winzige Aktorik
  • flexible Leiterplatten mit weiter schrumpfenden L/C-Werten (Leiterbreite und -abstand)
  • Miniaturisierung der Batterien bei zunehmender Energiespeicherkapazität.

Die wachsende Funktionalität, die steigende Präzision der im Falle von Fitnessringen gemessenen Körperdaten und deren Weiterverarbeitung sind auch Ausdruck des stetigen Fortschritts im Gebiet von Software (Gesundheits-Apps) und Speichertechnik (Cloud-Computing). Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich in smarten Ringen die Vorwärtsentwicklung in der Elektronik, Software, Medizin und im Sport besonders deutlich widerspiegelt.

Smarte Ringe

Abb. 2: Unscheinbar: Der smarte Oura-Ring auf dem FingerEin typischer Smart Ring kann über Bewegungssensoren, haptische Aktuatoren, Batterie, je nach Einsatzrichtung einen Bluetooth- bzw. NFC-Chip, eine Antenne und andere Komponenten verfügen, aber nicht alle. Als Komponententräger dient oft eine flexible Leiterplatte. Die Ringe können mit Smartphones oder anderen Geräten kommunizieren, einige können unabhängig arbeiten, sich mit Cloud-basierten Systemen verbinden oder eigenständige Aufgaben ausführen. Obwohl sie aufgrund der Kleinheit keine traditionellen Displays haben, verfügen einige Typen über miniaturisierte Anzeigen, um minimalistisch Statusinformationen zu vermitteln (Abb. 2). Je nach Bestimmung reagieren manche Ringtypen auf kontextuelle Hinweise, z. B. die Nähe zu Zahlungsterminals oder bestimmte Gesten.

Obwohl smarte Ringe noch in den Kinderschuhen stecken, gibt es heute bereits bei ihnen eine Vielzahl von Angeboten auf dem Markt. Allerdings sind die Ringe bei den Verbrauchern (noch) nicht so beliebt wie Smartwatches und Fitnessbänder, obwohl sie für eine Vielzahl von Zwecken verwendet werden können. Am meisten verbreitetet sind gegenwärtig Anwendungen in den Kategorien Gesundheit und Fitness. Digitale Zahlungen, Internetsicherheit und Zugangskontrolle mittels NFC sind weitere praktische Anwendungen und im Vormarsch, weil sie im Rahmen der fortschreitenden Digitalisierung, Rationalisierung als auch Sicherheit eine bedeutende Zukunft haben. Konkrete Einsatzrichtungen sind beispielsweise Ersatz für Kreditkarten, Schlüssel, Autoschlüssel, mit etwas Fantasie auch ‚Personalausweise' oder ‚Führerscheine'.

10-jähriges Marktjubiläum

Abb. 3: Smarter Ring von MOTA mit kleinem digitalem DisplayDie Geschichte der smarten Ringe ist relativ kurz und intensiv [1]:

  • 2011 – erstes Smart Ring-Konzept: John McLear stellte 2011 das erste, auf dem NFC-Prinzip basierende Konzept für einen intelligenten Ring mit Informationsübertragung vor
  • 2013 – erste praktische Anwendung: Das britische Unternehmen Mc Lear brachte den ersten kommerziell erhältlichen intelligenten NFC-Ring offiziell heraus
  • 2014 – Funktionsexpansion: Die Luxusschmuck-Firma Ringly und die Firma Mota Doi führten smarte Ringe mit erweiterten Funktionen ein wie Benachrichtigungsübermittlung, Fitness-Tracking und mehr
  • 2015 – Mobiles Payment: Kerv und Token kreierten einen smarten Ring für das kontaktlose mobile Bezahlen
  • 2016 – globale Akzeptanz: Der Markt für intelligente Ringe expandierte weltweit. Marken wie Oura, Motiv und Logbar gewannen in verschiedenen Regionen an Popularität
  • 2018 – Integration von Wearables: Intelligente Ringe werden so konzipiert, dass sie in Verbindung mit anderen Wearables wie der Apple Watch und Fitbit-Geräten funktionieren
  • 2019 – Integration von künstlicher Intelligenz (KI): Entwickler begannen mit der Integration von KI- und Sprachassistenzfunktionen in intelligente Ringe und bieten erweiterte Funktionen und Interaktionsmöglichkeiten an

Hohe Steigerungsraten

Ein Blick in verschiedene Marktprognosen zur Zukunft der Smart Rings ergibt weit auseinanderklaffende Angaben bzw. Werte bezüglich des Marktumfangs. Dazu zwei Beispiele: In [2] wird eingeschätzt, dass in der Zeitspanne 2022-2027 ein Marktwachstum (CAGR) von 21,39 % pro Jahr möglich ist. Der globale Umsatz soll im Jahr 2027 gegenüber 2022 um 34,4 Mrd. $ zunehmen. Im Jahr 2017 lag der Markt noch bei 8,49 Mrd. $. In [3] wird von 2023 bis 2030 ein CAGR von 20,8 % angenommen. Für das Jahr 2021 wurde der Markt mit 4,10 Mrd. $ angegeben, während 22,49 Mrd. $ für 2030 prognostiziert wurden. Unklar ist, ob bei diesen Angaben nur die reine Hardware berücksichtigt wurde oder ob die Marktforscher auch die zur umfassenden praktischen Nutzung der Ringe ergänzend bereitgestellten erweiterten Analyse- und Datenspeichermöglichkeiten mit einbezogen. Letztere können bei manchen Anbietern als Pay-Zusatzdienstleistung abonniert werden, so die Apple-, Samsung- oder Oura-Gesundheits-App.

Allen Markteinschätzungen gemeinsam sind jedoch die über 20 % liegenden durchschnittlichen jährlichen Steigerungsraten. Hervorgehoben wird die entscheidende Rolle von IoT und der Cloud bei der Realisierung dieser Annahmen. Wichtig ist die einheitliche Aussage, dass intelligente Ringe „der Markt der Zukunft“ seien. Das Marktanteil-Wachstum des Segments der Bluetooth-fähigen intelligenten Ringe wird im Prognosezeitraum erheblich sein. Ein Bluetooth-fähiger Smart Ring kann jedoch kein eigenständiges Produkt sein und muss mit einem Smartphone gekoppelt werden, um seine Funktionen bzw. Aufgaben in vollem Umfang erfüllen zu können. Betriebssysteme wie Android, iOS und Windows sind mit Smart-Ringen kompatibel. Darüber hinaus dürften die Integration von KI und fortschrittlicheren Benachrichtigungsfunktionen das Wachstum dieses Marktsegments im Prognosezeitraum ankurbeln. Unter den in [2] aufgelisteten 20 wichtigsten Smart Ring-Herstellern der Welt wird auch die Oura Health Oy aufgeführt. Sie wird nachfolgend genauer vorgestellt.

Oura Health Company

Die finnische ‚Oura Health Company' ist im Jahr 2013 gegründet worden und in Oulu ansässig. Weitere Standorte sind Helsinki und San Franzisco. Die Existenz der Firma und ihres wissenschaftlich-technischen Konzeptes ist drei Frauen zu verdanken: Petteri Lahtela, Kari Kivelä, Markku Koskela [4]. Die Firma schaffte in den zehn Jahren ihrer Existenz Außerordentliches:

  • Ihr gelang es, durch ihr Hauptprodukt, den intelligenten Oura-Ring, und die auf ihm basierenden umfangreichen Leistungen weltbekannt zu werden
  • Sie sorgte bei miniaturisierten elektronischen Wearables-Produkten für eine deutliche technologisch-konstruktiven Vorwärtsentwicklung
  • Sie leistete weltweit einen bedeutenden Beitrag in der individuellen Gesundheitsüberwachung als auch in der Gesundheitsforschung.

Das 10-Jahres-Jubiläum sowohl der Oura-Gründung als auch des Erscheinens des ersten marktfähigen Smart Rings von Mc Lear sind Anlass, das Unternehmen Oura, den Oura-Ring und die durch ihn inspirierte internationale Entwicklung im Design solcher Wearables genauer zu betrachten. Doch zunächst soll erläutert werden, warum der Oura-Ring faktisch in eine Marktlücke stieß und mit welchen Folgen.

Ausgangsbasis: Alles über den Schlaf

Schlaf ist die entscheidende Grundlage für geistige und körperliche Gesundheit. Aus diesem Grund hat das neu gegründete Unternehmen im Jahr 2013 begonnen, sich einerseits mit der Methodik der Erfassung von Schlafdaten, dem Schlaftracking und der Auswertung dieser Daten in einer speziellen App zu befassen, andererseits nach Möglichkeiten der technischen Realisierbarkeit der Erfassung mittels miniaturisierter körpernaher Elektronik zu suchen. Das technische Ergebnis war der Oura-Ring für den Finger, von dem die erfassten Daten auf die App im Smartphone übertragen werden.

Weil die Schlafqualität untrennbar mit der körperlichen Leistungsfähigkeit am Tage verbunden ist, stellte man sich das Ziel, einen Zusammenhang zwischen den gemessenen Schlafmerkmalen und den ebenfalls digital erfassten verschiedenen körperlichen Aktivitäten herzustellen, um daraus Schlussfolgerungen für die Leistungsbereitschaft des Körpers abzuleiten. Leistungs- und Ausdauersportler beispielsweise können daraus wichtige Hinweise für ihre Trainingsplanung entnehmen. Es erfolgte ein Aktivitätstracking für über 30 verschiedene körperliche Aktivitäten, darunter die wichtigsten volksüblichen Sportarten. Allgemein betrachtet ging das Unternehmen damit nicht anders vor als die große Anzahl von Smart Watch-Herstellern von Apple bis Fitbit.

Im Ergebnis der Zusammenführung aller mit dem Oura-Ring erfassten Daten in der App wird dem Probanden auf seinem Smartphone der Oura Readiness Score bereitgestellt, welcher ihm Hinweise gibt, welche körperlichen Belastungen man sich zu bestimmten Zeiten ‚leisten' kann, um den Körper optimal zu fordern bzw. ihn nicht zu überfordern. Auch in dieser Beziehung gleicht das Vorgehen der Oura Health Company prinzipiell manchen Smart Watch-Anbietern. Der Readiness Score berücksichtigt jedoch über 20 verschiedene Körpersignale – darunter Temperatur, Herzfrequenz, HRV (Herzfrequenzvariabilität) und Schlaf, und leitet daraus die Belastungsempfehlungen für den bevorstehenden Tag ab.

Auf dem wissenschaftlichen Weg

In Weiterführung der Erfassung und Auswertung der persönlichen Situationsdaten des Körpers hat das Unternehmen eine ganze Philosophie für die Bewältigung sowohl von geistigem als auch körperlichem Stress entwickelt, die ihren praktischen Kern in einer wachsenden Bibliothek von Audio-Wellness-Sitzungen hat. Gegenwärtig sind es über 50 unterschiedliche Audiositzungen für Meditation, Schlaf, Konzentration, Energieschübe und mehr [4]. Sie wurden in Zusammenarbeit mit wissenschaftlichen Einrichtungen und Content-Partnern in zahlreichen Ländern erstellt, darunter Schweden, Finnland, die USA und Israel. Die zahlreichen beispielsweise in der National Library of Medicine (USA) erfassten Veröffentlichungen zur Forschung mit dem Oura-Ring belegen, dass dieser mit seiner technischen Verwirklichung und darauffolgenden kontinuierlichen Weiterentwicklung faktisch den Boden für eine neuartige breite Anwendung miniaturisierter Ring-Wearables im privaten als auch institutionellen Gesundheitssektor entscheidend mitbereitet hat, deren Ende aufgrund von beispielsweise neuen noch präziseren Sensoren und Verfeinerung der Messmethoden selbst nicht absehbar ist. Beispiele sind unter [5] zu finden.

Selbst in wissenschaftlichen Forschungsarbeiten zu Voraussagemöglichkeiten (Real-time infection prediction) für Coronaerkrankungen, die in zivilen als auch öffentlichen Forschungseinrichtungen der USA (Defense Innovation Unit, Philips Research North America, The Guthrie Clinic, University of California u. a.) durchgeführt wurden, setzte man erfolgreich auf den Oura-Ring [6]. Das lässt vermuten, dass die Wissenschaftlichkeit der mit dem Oura-Ring ermittelten Ergebnisse die mit Smartwatches erzielten Aussagen inzwischen überflügelt [7]. Ein Grund dafür mag darin liegen, dass die Sensoren des Oura-Rings um den Finger herum verteilt sind, im Gegensatz zur Smart Watch, wo die Sensoren nur in einer Ebene auf dem Arm liegen. Trotzdem wird immer wieder darauf hingewiesen, dass der Oura-Ring bis jetzt kein validiertes medizinisches Gerät ist und nur vorausschauende Gesundheitshinweise liefert. In einer Veröffentlichung von März 2023 von Oura Healths USA Ltd. selbst wird jedoch gesagt, dass die Ergebnisse einer Studie darauf hindeuten, dass kommerzielle tragbare Technologie wie der Oura-Ring eine potenzielle Plattform ist, auf der Screening-Tools zur Früherkennung von Krankheiten, einschließlich COVID-19-Durchbruchsfällen, entwickelt werden können [8]. Das Unternehmen hat sich folglich für die Zukunft große Aufgaben ausgesucht.

Unglaublicher Höhenflug

Der Ring der ersten Generation konnte 2015 über Kickstarter (US-amerikanische gemeinnützige Körperschaft) vorgestellt werden, nachdem das Unternehmen eine erste Startfinanzierung in Höhe von 3,2 Mio. $ von Lifeline Ventures als Grundlage für seine Arbeit zur Verfügung gestellt bekommen hatte. Im Jahr 2018 folgte bereits die zweite Generation und 2021 die dritte – mit jeweils verbesserter Technik.

Im Jahr 2020 erhielt ‚Oura Health' die Auszeichnung ‚Best Consumer Wellness Company' der UCSF Digital Health Awards und die Auszeichnung ‚100 Best Inventions of 2020' des Time Magazine, wobei insbesondere seine COVID-19-bezogene Partnerschaft mit der NBA erwähnt wurde.

Welches Ausmaß die Aktivität des finnischen Unternehmens im Rennen mit der wachsenden Konkurrenz erreicht hat, ist folgendem zu entnehmen: Oura Health kündigte im Mai 2021 eine Serie-C-Finanzierung in Höhe von 100 Mio. $ durch ein US-Konsortium an. Im Mai 2023 erwarb Oura Health Oy das Technologie-Startup ‚Proxy', das digitale Identifikationstools herstellt. Das Unternehmen scheint seine Ziele sehr ambitioniert anzugehen. Immerhin konnten bis März 2022 mehr als 1 Mio. Ringe verkauft werden.

Umfangreiche Patentgrundlage

Obwohl der Oura-Ring optisch gesehen das nicht vermuten lässt, sind zu seiner technischen als auch anwendungsspezifischen Realisierung zahlreiche technologische, physikalische als auch medizintechnische Probleme zu lösen gewesen. Das spiegelt sich in einer ganzen Reihe von Patentanmeldungen, die seit 2015 bis hin zur Gegenwart durch das Unternehmen getätigt wurden wider. Auf den Internetseiten der US-amerikanischen Justitia Company ist in der Rubrik Patents [9] eine Anzahl von Patenten der Oura Healths Oy aufgeführt, die in den Jahren 2015 bis 2022 in den USA angemeldet und 2018-2023 erteilt wurden [10]. Die Patente befassen sich sowohl mit technischen bzw. medizintechnischen Details der Realisierung einzelner Funktionen des Oura-Rings als auch mit Grundprinzipien seiner Konstruktion.

Patentbeispiele:

  • Ring - Patentnummer: D811260 (eingereicht Juli 2015)
  • Wearable electronic device and method for manufacturing thereof (Tragbares elektronisches Gerät und Verfahren zu seiner Herstellung) - Patentnummer: 9861314 (eingereicht August 2015)
  • Chargeable device and charger thereof (Aufladbares Gerät und Ladegerät dafür) – Patentnummer: 9997945 (eingereicht November 2015)
  • Method and system for defining balance between physical activity and rest (Methode und System zur Definition des Gleichgewichts zwischen körperlicher Aktivität und Ruhe) – Patentnummer: 10105095 (eingereicht November 2015)
  • Arrangement for a photodetector circuit for low power applications, and a corresponding method and a computer program product (Anordnung für eine Fotodetektorschaltung für Anwendungen mit geringem Stromverbrauch sowie ein entsprechendes Verfahren und ein Computerprogrammprodukt) – Patentnummer: 11152930 (eingereicht April 2019)
  • System and a method for indicating information representing battery status of an electronic device (System und Verfahren zur Anzeige von Informationen über den Batteriestatus eines elektronischen Gerätes) – Patentnummer: 11075538) (eingereicht April 2019)

Abb. 4: Grundform des Oura-Rings nach Patent D811260Interessant ist auch, in welche Patentklassen die beiden vorn zuerst genannten Patente (Basispatente zur Konstruktion des Rings) in den USA eingeordnet wurden:

  • U. S. Class: Casting Metal Introduced Into Mold As A Solid (164/80)
  • International Classification: A61B 5/00 (20060101); A61B 5/024 (20060101); B28B 1/24 (20060101); G06F 1/16 (20060101); A61B 5/01 (20060101);

Abbildung 4 zeigt den Ring in der damaligen Grundkonstruktion, wie er im Patent D811260 dargestellt wurde. Abbildung 1 enthält eine prinzipielle Explosions-Darstellung, die den Ringaufbau gut erkennen lässt.

Aufgrund der steten Weiterentwicklung der Bauelementbasis und der wissenschaftlich-medizinischen Grundlagen für die praktische Anwendung des Oura-Rings seit seiner erstmaligen Markteinführung im Jahr 2015 wurden die Fortschritte in weiteren Patenten gesichert, wobei insbesondere das US-Patent 10893833 zu nennen ist (eingereicht Dezember 2017, Patent erteilt Januar 2021) als Folgepatent von 9861314. Es trägt ebenfalls den Titel ‚Wearable electronic device and method for manufacturing thereof' wie das gleichnamige Patent von 2015 [11]. Hier ist jedoch zum Beispiel die Materialbasis für das Ring-Grundmaterial um ein formbares nichtkeramisches Material erweitert.

Die Oura Health Oy gibt auf [12] eine größere Übersicht über die Patentbasis zum Ring selbst als auch zu den entwickelten Apps, weist jedoch darauf hin, dass die dort aufgeführte Liste der Produkte und Patente von Oura auch nicht vollständig ist. So können beispielsweise in den USA, in Finnland oder anderen Ländern weitere Patente angemeldet oder erteilt sein.

Grundkonstruktion und Herstellung des Oura-Rings

Als Basis für die Beschreibung der Konstruktion des Oura-Rings dient das Patent 9861314 mit dem übersetzten Titel ‚Tragbares elektronisches Gerät und Verfahren zu seiner Herstellung' vom August 2015. Sowohl die verbale Beschreibung als auch die Bilder sind von dort entnommen [13]. Aus der dort enthaltenen ausführlichen Beschreibung können hier aus Platzgründen nur Auszüge wiedergegeben werden. Im Abstrakt wird der Ring in der übersetzten ‚Patentsprache' so beschrieben:

Tragbare elektronische Vorrichtung zur Analyse und Verarbeitung biologischer Signale, die ein geformtes Körperteil aus einem formbaren keramischen Material umfasst, mit einer Innenfläche, einer Außenfläche und mindestens einem Hohlraum mit einer Vertiefung, die auf der Innenfläche des Körperteils angeordnet ist, wobei sich ein elektronisches Teil in dem Hohlraum befindet, wobei der elektronische Teil eine Dicke aufweist, die kleiner ist als die Tiefe des Hohlraums, und eine Beschichtung aus einem Epoxidmaterial auf der Innenfläche des Gehäuseteils, die das elektronische Teil und den Hohlraum bedeckt.

Abb. 5: Zeichnerische Querschnittsdarstellung des Oura- Rings mit der eingesetzten elektronischen Baugruppe gemäß US-Patent 9861314Abb. 5: Zeichnerische Querschnittsdarstellung des Oura- Rings mit der eingesetzten elektronischen Baugruppe gemäß US-Patent 9861314

Abb. 6: Naturansicht eines Oura-Rings der dritten Generation von 2021Abb. 6: Naturansicht eines Oura-Rings der dritten Generation von 2021

Abb. 7: Prinzipdarstellung der elektronischen Baugruppe und deren Einbau im RingAbb. 7: Prinzipdarstellung der elektronischen Baugruppe und deren Einbau im Ring

Die zeichnerische Querschnittsdarstellung in Abbildung 5 lässt erkennen, wie die elektronische Baugruppe in die Kavitäten eingeordnet ist. Abbildung 6 enthält die Naturansicht eines Oura-Rings der dritten Generation von 2021, wo sehr gut auch ein Teil der verbauten Elektronik zu sehen ist. Abbildung 7 gibt eine Prinzipdarstellung der elektronischen Baugruppe und deren Einordnung in den Ring wieder, wie sie im Patent 9861314 enthalten ist. Vergleichsbilder von Konkurrenzprodukten zum Oura-Ring lassen – oberflächlich gesehen – deutliche konstruktive Ähnlichkeiten erkennen, aber auch Unterschiede (Abb. 8).

Oura-Ring: Gucchi

RingConn

Abb. 8: Vergleichsbilder von Konkurrenzprodukten zum Oura-Ring: Gucchi (links) bzw. RingConn (rechts); Bild: Ōura Health Oy / Gucci / RingConn

Der Gucchi-Schmuckring von Oura kostet übrigens um 950 $, der einfache Oura-Ring 330 bis 500 €, je nach Materialausführung der Ringoberfläche (von Silber bis Gold).

Im Weiteren werden in Kürze einige Patentdetails zu den eingesetzten Materialien sowie zum technologischen Ablauf der Einbringung des Elektronikteils beschrieben. Die Abbildungen 9 und 10 aus dem Patent untersetzen diese teilweise bildlich.

  • Das formbare keramische Material wird aus einer Materialgruppe ausgewählt, welche aus Zirkonium, Aluminiumnitrid, Aluminiumoxid, Borkarbid, Siliziumkarbid, Siliziumnitrid, Titandiborid und Yttriumoxid besteht
  • Das elektronische Teil ist an dem Hohlraum durch ein Befestigungsmittel fixiert, welches am Boden des Hohlraums angeordnet ist
  • Das Befestigungsmittel ist aus einer Gruppe ausgewählt, die aus einem Aufkleber, einem Klebeband, Klebstoff und einer Befestigungsstruktur besteht, die in einem geformten Körperteil hergestellt ist
  • Das formbare Füllmaterial (für die Abdeckung des Hohlraums und des elektrischen Teils) wird aus einer Materialgruppe ausgewählt, die aus mindestens Epoxidmaterial, Polyethylen, Polyurethan, Niedertemperatur-Formmaterial, Loctite M-31CL, Alpha-Epoxid, 1,2-Epoxid, EpoxAcast 650, Bisphenol S-Epoxidharz, Novolac-Epoxidharz, Aliphatisch-Epoxidharz und Glycidylamin-Epoxidharz besteht
  • Das elektronische Bauteil umfasst eine Batterie, einen Infrarotsender, Mikrocontroller, Hochfrequenz-Transceiver, Temperatursensor und Infrarotempfänger
  • Zum Anordnen eines elektronischen Teils im Hohlraum wird dessen Innenfläche beschichtet und das Teil dann unter Anwendung eines Montageführungselementes fixiert. Weiterhin werden zwei weitere Kavitäten auf der Innenfläche des Körperteils erzeugt, wobei in der ersten die Batterie eingebracht wird und in der zweiten der Schaltungsträger
  • Im letzten Schritt wird der gesamte Hohlraum mittels UV-härtbarem Epoxidharz verschlossen

Abb. 9: Auszüge aus Patent 9861314 zu den Fertigungsschritten des Oura-Rings

Abb. 10: Formständer als Einbauhilfe für die elektronische Schaltung in den Ring

Abb. 9:
Auszüge aus Patent 9861314
zu den Fertigungsschritten des
Oura-Rings

Abb. 10:
Formständer als Einbauhilfe
für die elektronische Schaltung
in den Ring

Hier ist zu ergänzen, dass das vorn erwähnte Folgepatent 10893833 (eingereicht Dezember 2017, Patent erteilt Januar 2021) um nachfolgende Beispiele für nichtkeramische Materialien für den Grundkörper des Rings ergänzt wird: Kunststoff, Metall (wie Titan, Stahl, Platin, Gold, Palladium, Silber oder Bronze oder eine Legierung auf Goldbasis), Gummi oder eine beliebige Kombination davon. Dementsprechend wurden auch die Formgebungsverfahren zur Herstellung des Ringkörpers und der Kavitäten erweitert: Schneiden oder Fräsen. Unter Berücksichtigung dessen, dass sich smarte Ringe in den letzten Jahren aus juweliertechnischer Sicht zunehmend zu verzierten Schmuckelementen entwickeln, wurde im Patent hinzugefügt: Ferner kann die äußere Oberfläche durch Fräsen oder Polieren oder andere metallische Werkstattverfahren geformt oder fertiggestellt werden. Damit reagierte das finnische Unternehmen auf die sich international bei smarten Ringen diversifizierende Material- und Gestaltungsbasis.

Wachsende Funktionszahl

Abb. 11: Sensorelement im Oura-RingAbb. 11: Sensorelement im Oura-RingDie Funktionsweise des Oura-Rings basiert auf Infrarot-LEDs und NTC-Sensoren. Abbildung 11 zeigt etwas vergrößert die durchsichtig verkappten Sensoren im Oura-Ring. Das Licht der IR-Sensoren wird durch die Haut reflektiert und die Veränderungen der Reflexion werden durch die vom Unternehmen entwickelten Algorithmen analysiert. Damit lassen sich die Herzfrequenz und die Herzratenvariabilität bestimmen. Die Sensoren erfassen die biometrischen Daten des Trägers mit einer deutlich höheren Abtastfrequenz (250 mal pro Sekunde, 99,9 % konform zum herkömmlichen medizinischen EKG) als Wearables von Konkurrenten wie Apple und Fitbit. Das Gerät wurde in der im Oktober 2021 erschienenen dritten Ringgeneration mit weiteren Funktionen ausgestattet und umfass nun folgende Hardware:

  • Grüne und rote LED, zusätzlich zu Infrarot (IR)-LED. Dies ermöglicht Messungen der Tages- und Trainingsherzfrequenz
  • Extra negative Temperaturkoeffizienten-Sensoren (NTC) mit 0,1 °C-Genauigkeit zur Messung von Unterschieden in der Hauttemperatur. Das ermöglicht Zyklushinweise und eine verbesserte Erkennung von Krankheiten. Insgesamt werden sieben Temperatursensoren verwendet
  • Zusätzlicher IR-Sensor, der dem Algorithmus hilft, zu erkennen und zu kompensieren, wenn der Ring nicht optimal ausgerichtet ist, was genauere Messwerte ermöglicht
  • 3D-Beschleunigungssensor zur Messung der täglichen Aktivitäten und Schritte sowie zur Erkennung der gängigen Trainingstypen
  • Farbcodierte LED für eine verbesserte Anzeige des Ladezustands.

Hinzu kommt ein neuer hochmoderner Schlafzustand-Algorithmus (Sleep Staging Algorithm). Der Oura-Ring soll zusammen mit der vom Algorithmus erreichten hohen Qualität sogar eine Alternative zu PSG (Polysomnography)-Schlafstudien bieten. Dazu gibt es unter [15] eine wissenschaftliche Veröffentlichung über PSG-Studien in Gesundheitseinrichtungen, die auf Basis des Multi-Sensor-Ansatzes der Oura Health Oy mit deren neuen Ring durchgeführt wurden.

Der Ring kann die ermittelten Daten eine Woche lang ohne Kontakt mit dem Smartphone speichern. Eine vollständige Akkuladung erfolgt innerhalb von 20-80 Minuten, je nach Ausgangslage, und soll durchschnittlich eine Woche lang halten. Der Ring wiegt je nach Ringgröße 4 - 6 g. Weitere Details zu den technischen Daten und Materialien sowie zur Software-Ausstattung kann man unter [14] finden. Mit der Einführung des Oura-Rings Generation 3 ist Oura zu einer monatlichen Abo-Mitgliedschaft übergegangen. Benutzer dieses Rings ohne Mitgliedschaft können nur auf die Ergebnisse des aktuellen Tages zugreifen, ohne Einblicke oder zusätzliche Funktionen. Die Zukunft wird zeigen, ob sich solche Nutzungsmodelle trotz weiterer technischer Vervollkommnung der Ringe zukünftig durchsetzen werden, denn es gab zu dieser Verfahrensweise des Herstellers Kritik von Kunden.

Referenzen

https://asmartrings.com/history-of-smart-ring (Abruf: 10.12.2023).
www.technavio.com/report/smart-rings-market-industry-analysis (Abruf: 10.12.2023).
www.verifiedmarketresearch.com/product/global-smart-ring-market-size-and-forecast-to-2025/ (Abruf: 10.12.2023).
https://ouraring.com/ (Abruf: 10.12.2023).
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/28323455/ (Abruf: 10.12.2023).
https://osher.ucsf.edu/news/51m-awarded-tempredict (Abruf: 10.12.2023).
https://bmcmedresmethodol.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12874-023-01868-x (Abruf: 10.12.2023).
https://karger.com/dib/article/7/1/1/836574/Feasibility-of-Measuring-Physiological-Responses (Abruf: 10.12.2023).
https://company.justia.com/ (Abruf: 10.12.2023).
https://patents.justia.com/assignee/oura-health-oy?page=2 (Abruf: 10.12.2023).
https://patents.justia.com/patent/10893833 (Abruf: 10.12.2023).
https://ouraring.com/de/intellectual-property-notice (Abruf: 10.12.2023).
https://patents.google.com/patent/US9861314B2/en (Abruf: 10.12.2023).
https://support.ouraring.com/ (Abruf: 10.12.2023).
www.mdpi.com/1424-8220/21/13/4302 (Abruf: 10.12.2023).

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