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Donnerstag, 14 September 2023 11:59

TSMC kommt nach Dresden

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Geschätzte Lesezeit: 3 - 5 Minuten
Wafer-Fertigung in der TSMC ‚Fab 3‘ bei Baoshan, Taiwan Wafer-Fertigung in der TSMC ‚Fab 3‘ bei Baoshan, Taiwan Bild: Taiwan Semiconductor Manufacturing Co., Ltd.

In Gestalt eines technologisch und regionalpolitisch fein austarierten Joint Ventures mit Infineon, Bosch und NXP verschafft sich der am Weltmarkt führende Chip-Auftragsfertiger TSMC aus Taiwan einen ersten Stützpunkt in Deutschland.

Die Nachricht von der Ansiedlung einer neuen Fab der Taiwan Semiconductor Manufacturing Company in Dresden hat es in sich. TSMC verhilft damit der bereits gut bestückten Hightech-Region Dresden und ihrer Erfolgsmarke ‚Silicon Saxony' zu weiterer Bedeutung – und der zögerlichen Berliner Ampelkoalition zu einer grandiosen Wohltat nach dem Motto ‚Aufbau Ost'.

Technologisch und regional-politisch fein austariertes Joint Venture

Bundeskanzler Scholz und Sachsens Ministerpräsident Kretschmer begrüßten denn auch geradezu enthusiastisch die Ankunft von TSMC – wohingegen eine Reihe von Wirtschaftsexperten das Kosten-Nutzen-Profil der ausgeworfenen Fördermittel systemkritisch hinterfragt.

Die Taiwaner wollen etwa 3,8 Mrd. € an Eigenmitteln einbringen und Kredite in ähnlicher Höhe mobilisieren, um die vorgesehene Investitionssumme von mindestens 10 Mrd. € aufzubringen. Die drei Juniorpartner beteiligen sich mit je 500 Mio. € und werden dafür mit einem Minoritätsrang von je 10 % belohnt. ESMC will laut einer Pressemitteilung „fortschrittliche Halbleiterfertigungsdienstleistungen anbieten“, also auch in den Wettbewerb mit Intel, Globalfoundries, STMicroelectronics, Infineon, Bosch und NXP eintreten. Für das Werk ist eine 50 ha große Gewerbefläche beim Dresdener Flughafen vorgesehen.

Wettbewerber und Partner von Infineon

Damit erhält Infineon in Dresden einen kompetenten Nachbarn – zugleich Wettbewerber und Partner. Denn seit diesem Frühjahr errichtet der größte europäische Chiphersteller dort eine Fab für Leistungshalbleiter und will dafür 5 Mrd. € aufwenden. Eine staatliche Förderung von 1 Mrd. € ist im Gespräch. Vor zwei Jahren hatte Bosch eine Chipfabrik für 300-mm-Wafer ebenfalls nahe Dresden eingeweiht. Auch Auftragsfertiger Globalfoundries unterhält hier eine große Fertigung.

Die neue ESMC-Fab soll sich auf TSMCs bewährte 28/22-nm-Planar-CMOS- und 16/12-nm-FinFET-Prozesstechnologien beschränken, also ohne die teure EUV-Lithografie auskommen, wie sie für Prozessknoten bei und unter 7 nm erforderlich ist. Die Fab soll auf eine monatliche Produktionskapazität von 40 000 Wafern ausgelegt werden und etwa 2 000 direkte Arbeitsplätze im Hightech-Bereich schaffen. ESMC beabsichtigt, in der zweiten Hälfte des Jahres 2024 mit dem Bau der Fab zu beginnen. Die Produktion soll bis Ende 2027 anlaufen. Noch ist nicht bekannt, ob in Dresden auch das Backend, also Packaging und Test, lokalisiert werden soll.

Der Bund hat ESMC eine Förderung von 5 Mrd. € zugesagt, also fast die Hälfte der gesamten Investitionssumme – offenbar in Abstimmung mit der EU betreffend die Regeln des europäischen Chips Act. Damit kommen viele Monate beidseitig zäher Verhandlungen, vor allem über die Höhe der Subventionen und der Standortbedingungen, zu einem positiven Abschluss. Seitens der Regierung in Taiwan wird die (formelle) Zustimmung erwartet, die Volksrepublik China wurde gar nicht erst gefragt.

Präzedenzlose Beteiligung des Bundes

Die Abmachung mit TSMC folgt einer ähnlich strukturierten Vereinbarung über die Ansiedlung des führenden US-Halbleiterherstellers Intel auf der grünen Wiese in Sachsen-Anhalt bei Magdeburg. Im Falle Intel soll die Gesamtinvestition nach etlichen Diskussionen und Revisionen nun an die 30 Mrd. € heranreichen. Davon will der Bund einen bislang präzedenzlosen Anteil von 10 Mrd. € aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) beisteuern.

Weiteres Beispiel für aktuelle inländische Chipfertigung mit Zielrichtung Automobilindustrie: Der US-Konzern Wolfspeed will nach Deutschland und entschied sich für das strukturschwache Saarland als Standort für ein neues Werk. Investiert werden 2,75 Mrd. € zur Fertigung von Siliciumkarbid-Chips, wie sie in Elektroautos eingesetzt werden. Auch Samsung ist unter den Aspiranten für eine europäische Chipfabrik. Der US-Hersteller Vishay, Lieferant passiver Komponenten, plant ein Werk in Itzehoe.

TSMC diversifiziert sich strategisch natürlich auch in andere geografische Regionen. In den USA sind zwei Fabs in Betrieb oder im Bau, und zwar in Phoenix, Arizona. Insgesamt will TSMC dort 40 Mrd. $ investieren. Das ist ein Vielfaches der jetzt in Dresden aufgebotenen Mittel. Die erste Fab in Phoenix wird bereits mit dem passenden Fertigungs-Equipment bestückt. Sie soll ab 2024 Chips der Strukturgröße 4 Nanometer produzieren. Neuerdings ist allerdings von Verzögerungen bis 2025 die Rede – wie es heißt, wegen drohender Personal-Engpässe. Die zweite Fab, die 2026 in Betrieb gehen soll, ist für 3-nm-Chips ausgelegt.

Der Bund trägt fast die Hälfte der gesamten Investitionssumme

Die US-Regierung erachtet diese Ansiedlung als so wichtig, dass US-Präsident Biden Anfang Dezember 2022 dem TSMC-Standort in Arizona einen Besuch abstattete und bei der Gelegenheit wieder einmal auf die großen nationalen Aufwendungen zur Förderung der heimischen Hightech-Sparte in Form des ‚US Chips and Science Act' verwies. Die vom US-Kongress erlassene Gesetzgebung widmet ihr über zehn Jahre eine gewaltige Summe von 280 Mrd. $. Davon sind 52,7 Mrd. $ zur Subvention der Fertigung und fertigungsnaher F&E bestimmt.

Auch in Japan, in Kikuyo in der Präfektur Kumamoto, unternimmt TSMC seit 2022 intensive Anstrengungen zum Aufbau einer Chipfabrik, genannt Japan Advanced Semiconductor Manufacturing (JASM), zur Fertigung eher konventioneller Strukturgrößen (‚trailing edge') wie 28/22 nm und 16/12 nm,. Die Investitionen belaufen sich auf 8,6 Mrd. $. Als Fertigungskapazität plant TSMC Japan 55 000 Wafer pro Monat (300-mm-Wafer-Durchmesser-Äquivalent). Beteiligt sind Sony und Denso nach einem ähnlichen Modell wie in Dresden.

Das verdeutlicht, welche Anstrengungen die öffentlichen Hände auch in lange etablierten Hightech-Regionen unternehmen müssen, als Konsequenz der aktuellen Entwicklungen bei der Deglobalisierung einer seit Jahrzehnten eingespielten Arbeitsteilung im Hightech-Sektor. Nur so können sie beim Standortwettbewerb ihrer industriellen Basen Schritt halten und sensitive Lieferketten sichern.

 

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