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Dienstag, 10 Oktober 2023 11:59

Kolumne Anders gesehen: Die Suppe auslöffeln ...

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Geschätzte Lesezeit: 4 - 7 Minuten
Junges Paar beim Genuss der vietnamesischen Suppe ‚Pho‘, einer kräftigen Suppe mit Reisnudeln, Rindfleisch und Kräutern, traditionell gewürzt mit Kardamom, Sternanis, Zimt und geröstetem Ingwer – ein Dauerbrenner in Hanois Straßenküchen Junges Paar beim Genuss der vietnamesischen Suppe ‚Pho‘, einer kräftigen Suppe mit Reisnudeln, Rindfleisch und Kräutern, traditionell gewürzt mit Kardamom, Sternanis, Zimt und geröstetem Ingwer – ein Dauerbrenner in Hanois Straßenküchen Bild: AdobeStock

In Vietnam wird die Suppe ‚Pho' mit Stäbchen gegessen. Man fragt sich natürlich, ob man die chinesisch-vietnamesischen Nudeln ‚einbrocken' kann, wie sich das für einen guten Deutschen so gehört, denn die Kunst mit Stäbchen zu essen, ist hierzulande nicht weit verbreitet. In der elektronischen Fertigung geht es weniger um Stäbchen oder dem Auslöffeln als eher ums Ausschöpfen. Dies ist nämlich eines der Probleme beim Pastendrucken in der Produktionslinie für oberflächig bestückte Platinen.

Der Pastendruck (und die Pasten) steht, wenn man den Angaben der verschiedenen Autoren Glauben schenkt, für etwa 50–70 % aller ‚Lötfehler', die an solchen Linien letztendlich beobachtet werden. Der Grund dafür ist eigentlich leicht entdeckt, denn die vielen Parameter, die in den Prozess des Druckens einfließen, sind beinahe beängstigend und wenige Einrichter beherrschen diese Vielfalt. Neben den sehr unterschiedlichen Pasten hat man es mit der Schablone und ihrer Herstellung, der Rakel sowie den vielen möglichen Einstellungen an der Maschine selbst zu tun.

Das Ausschöpfen ist unerwünscht, weil es den Vorrat an Lot auf vielen kritischen Flächen reduziert. Da Pasten ja eh nur aus ca. 50 Volumenprozent Metall bestehen – Pastenhersteller geben gerne Gewichtsprozente an, die eigentlich irrelevant sind, aber eben bei beeindruckenden 90 % liegen –, bleibt noch weniger für eine haltbare Lötung übrig.

Faktoren, die das Ausschöpfen, d. h. das Mitnehmen von Paste aus dem Inneren der Fläche, beeinflussen, reichen vom Rakel bis zur Streichrichtung über die Schablone. Gummi- oder Plastikrakel sind viel weicher als Metallrakel und lassen sich deswegen einfacher in die Öffnungen pressen. Das Resultat ist dann ein nicht mehr wirklich horizontaler Abstrich. Scharfe und dünne Kanten sind ebenfalls ungeeigneter als dicke und gerundete. Aber wohl genau deswegen hat sich die Mehrheit der Firmen inzwischen auf Metallrakel eingeschossen, die viel steifer und schwerer zu verformen sind. Grundsätzlich handelt es sich um eine leichte Verformung der Rakel im Bereich der Öffnung oder auch gelegentlich ein Mitschleppen von anhaftender Paste.

Ausgeschöpfte Druckbilder; Bild: OptimaTechAusgeschöpfte Druckbilder; Bild: OptimaTechAber auch unter diesen Metallrakeln gibt es inzwischen so viele Varianten – sozusagen ein olympischer Wettbewerb was man alles patentieren lassen kann – dass sie auch jeweils separat beurteilt werden müssen.

Ein Vergleich ist leichter gesagt als getan, denn selbst die IPC-ler haben soweit noch keine Methode vorgelegt, die ein solches Vorgehen halbwegs wissenschaftlich auslegbar machen könnte. Alle technischen Artikel beschäftigen sich deswegen mit Einzelfällen aus denen man zwar gewisse Hinweise ableiten kann, die aber kein insgesamt brauchbares Vorgehen abzeichnen.

Zeit also sich mal einige der Faktoren zu beäugen, die einen Einfluss auf diesen Notstand haben können.

Das fängt bereits beim Entwurf der Leiterplatte an, der ja festlegt wie und wo die Bauteile angebracht werden. Hier kann bereits sichergestellt werden, dass später beim Schablonendruck die Rakel nicht unbedingt über die größte Distanz bei den Aussparungen fahren muss. Aber welcher Entwerfer denkt schon an den Produktionsprozess?

Das oft propagierte Unterteilen größerer Aussparungen muss überlegt werden, denn die zusätzlich eingebauten Stege brauchen Platz und reduzieren so die Auftragsmenge an Paste. Eventuell wäre das mehr als beim Ausschöpfen verloren geht.

Beim Kauf des Druckers kann man die Euros an die erste Stelle der Kriterien setzen oder aber darauf achten, dass die vielen möglichen Parameter möglichst genau eingehalten werden können. Neben der Streichgeschwindigkeit und dem Druck auf die Rakel sollte vielleicht auch die Streichrichtung wählbar sein.

Eine Entscheidung ist gefordert wenn man druckt: liegt die Schablone direkt auf der Leiterplatte oder wählt man ein ‚snap-off' (Absprung). Snap-Off ist ein Überbleibsel aus den Tagen des Druckens durch Siebe und wird hauptsächlich aus zwei Gründen verwendet: einerseits um die Freisetzung von Lotpaste aus den Öffnungen der Schablonenöffnungen und einen stärkeren Auftrag der Paste auf das Substrat zu hinterlassen.

Rakel mit Metallblatt (Yamaha squeegee); Bild: YamahaRakel mit Metallblatt (Yamaha squeegee); Bild: YamahaAllerdings ist ‚snap-off' kein wiederholbarer Prozess und wird nicht in jedem Fall funktionieren. Eventuell bei der Verwendung einer schlecht geschnittenen Schablone noch zulässig hat diese Einstellung jedoch speziell bei feinem Raster wesentliche Nachteile, denn das Abdichten des bedruckbaren Padbereichs durch die Schablone geht völlig verloren.

Hier ging‘s schief: Rakelblatt zu lang und schlecht eingestellt; Bild: IndiumHier ging‘s schief: Rakelblatt zu lang und schlecht eingestellt; Bild: IndiumSnap-off hat natürlich auch mit der Rakelgeschwindigkeit zu tun. Die wird gewöhnlich unterschiedlich gewählt, etwa von ca. 1 cm bis zu 30 cm pro Sekunde, wobei auch noch höhere Werte vorkommen. Bekannt ist, dass das Ausschöpfen öfter bei niedrigen Werten vorkommt als bei hohen. Dennoch sollte Vorsicht walten, denn ein zu schneller Rakelvorschub führt regelmäßig zu schlechten Drucken, was aus den Eigenschaften der Pasten resultiert. Pasten haben rheologische Eigenschaften,was bedeutet, dass sie sich bei Scherbelastung verdünnen. Dieser Viskositätsverlust ist teils gewünscht, aber wenn er zu hoch ist, beeinflusst er das Druckbild.

Ebenfalls einen Einfluss – und für diesen Druckfehler vielleicht einen noch kritischeren – hat auch der Rakeldruck, der typischerweise mit ca. 450 bis 600 g pro 2 oder 3 cm der Klingenlänge gewählt wird.Denn während des Zyklus' muss ein gleichmäßig verteilter Druck über die gesamte Länge der Rakelklinge ausgeübt werden, so dass alle Öffnungen der Schablone richtig ausgefüllt werden, wobei die Betonung auf ‚richtig' liegt.

Ja und hier eröffnet sich ein weites Feld (in Anlehnung an Petrowski [1] – der das aber für Mathematiker formulierte) für die Damen und Herren an den Druckern, denn die Liste der Rakelblätter ist lang und voller Fallstricke. Zudem hängt die Wahl von der Paste, der Schablone und nicht zuletzt von der vom Management diktierten Maschine ab.

Wollen wir Ihnen aber noch etwas zur Seite stehen und ein mit Vorsicht zu genießendes Kochrezept vorlegen. Bei einem ‚richtigen Rakeldruck' erzielen Sie nämlich auch eine gleichmäßigere Pastenhöhe mit Auftragskontrolle. Als Nebenwirkung veringert sich der Rakelblatt- und Schablonenverschleiß, was Sie auf Dauer berücksichtigen sollten!

Optische Kontrolle indiziert ‚Ausschöpfen‘ (Benedek)Optische Kontrolle indiziert ‚Ausschöpfen‘ (Benedek)

Nehmen wir optimistigerweise an, dass Ihre Rakelblätter richtig installiert und eingestellt sind und dann geht es los:

  • Wählen Sie eine ihrer flachen Leiterplatten
  • Positionieren Sie sie unter die dazugehörende Schablone
  • Stellen Sie zuerst den Rakeldruck so ein, dass nach einem Druckzyklus noch überschüssiges Lot auf der Schablonenoberfläche verbleibt
  • Erhöhen Sie nun schrittweise den Druck durchlaufen Sie einen weiteren Zyklus
  • Wiederholen Sie diese Schritte bis auf der Schablonenoberfläche nur noch eine sehr dünne Schicht Lötpaste oder fast keine Paste zu sehen ist

Sollten Sie mit Poly-Rakelklingen gearbeitet haben, vergessen Sie nicht, dass einige Maschinenhersteller Nachrüstkits anbieten, mit denen Poly-Rakelblätter auf Metall umgestellt werden können, was meist zu besseren Ergebnissen beiträgt.

Zur Person

Prof. Rahn ist ein weltweit tätiger Berater in Fragen der Verbindungstechnologie. Sein Buch über ‚Spezielle Reflowprozesse' erschien beim Leuze Verlag. Er ist erreichbar unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, wohin auch Anfragen über In-Haus-Seminare gerichtet werden können.

Referenzen

[1] I.G. Petrowski: Vorlesungen über die Theorie der gewöhnlichen Differentialgleichungen, Leipzig, 1954, B.G. Teubner Verlagsgesellschaft

Literatur:

[1] S.H.Mannan; N.N. Ekere; E.K. Lo; I. Ismail: Predicting Scooping and Skipping in Solder Paste Printing for Reflow Soldering of SMT Devices, Soldering & Surface Mount Technology, Volume 5, Issue 3
[2] C. Benedek et al.: Solder Paste Scooping Detection by Multi-Level Visual Inspection of Printed Circuit Boards, IEEE Transactions on Industrial Electronics 60(6), June 2013
[3] C. Benedek: Analysis of Solder Paste scooping with hierarchical point processes, 18th IEEE International Conference on Image Processing, ICIP 2011, Brüssel, September 11-14, 2011
[4] G. Briceno: Optimization of Stencil Apertures to Compensate for Scooping During Printing, Qual-Pro Corporation, https://www.circuitinsight.com/pdf/optimization_stencil_apertures_scooping_printing_ipc.pdf (Abruf: 14.08.2023)
[5] R. Mohanty et al.: Effect of Squeegee Blade on Solder Paste Print Quality, smtnet.com/library/files/upload/EffectOfSqueegeeBlade.pdf (Abruf: 14.08.2023)

Weitere Informationen

  • Ausgabe: 9
  • Jahr: 2023
  • Autoren: Prof. Armin Rahn

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