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Mittwoch, 25 Oktober 2023 11:59

Auf den Punkt gebracht: Vom Weltmeister zum Schlusslicht? Ausstieg von Bosch und ZF bei LIDAR Sensoren

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Geschätzte Lesezeit: 3 - 6 Minuten

Macht es Sinn, wenn als einziges Land oder Staatenverbund weltweit nur die EU den Verbrennungsmotor ab 2035 verbietet? Ist die E-Mobilität die einzige Alternative ohne ausreichend Rohstoffe, ohne eine nennenswerte eigene Batterieproduktion? Nun steigen wir auch noch aus LIDAR, der Königklasse des ADAS (Advanced Driver Assistance System) aus.

Das Zukunftsthema ‚Hochautomatisiertes, vollautomatisches und autonomes Fahren (ab Klasse 3)' erfordert in der Regel eine Kombination aus Kamera, Radar und LIDAR zur vollständigen Umfelderfassung.

LIDAR (Light Detecting and Ranging) ist eine Form des dreidimensionalen Laserscannings mit hoher Auflösung und ist der komplexeste und teuerste Sensor im Auto (Abb. 1).

Der leise Ausstieg von Bosch und davor ZF aus der Entwicklung von LIDAR Sensoren ist ein weiterer Tiefschlag für die Automobilindustrie als deutsche Schlüsselbranche. Auch der Dritte im Bunde, Continental, ist bisher auf dem LIDAR Markt bedeutungslos.

Abb. 1: WeRide ist ein chinesisches Unternehmen für autonomes Fahren aus Guangzhou, China. Der WeRide SS 5.0 verfügt über zwölf Kameras und 7 Solid-State-LiDARs, d. h. sechs Sensoren an verschiedenen Stellen der Karosserie, so dass die maximale Form des Fahrzeugs erhalten bleibt und eine 360-Grad-Erfassung möglich ist

LIDAR, ein gewaltiger Wachstumsmarkt

Der Markt für Advanced Driver Assistant Systems (ADAS) soll sich laut dem französischen Hersteller von 2021 bis 2035 verachtfachen (Abb. 2).

Abb. 2: ADAS Markt weltweit 2021–2035 in Milliarden €

Mit zunehmender Automatisierung des Fahrens und dem Einsatz von Robotaxis von San Francisco bis Shenzhen explodiert der Markt. Wie in Tabelle 1 gezeigt, werden für die nächsten 5 Jahre Wachstumsraten von durchschnittlich 55 % p. a. erwartet. Der Markt für LIDAR Sensoren soll dabei weltweit von 317 Mio. $ auf 4,480 Mrd. $ wachsen. Die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate (CAGR) bei Pkw und Transportern liegt dabei bei 69 % p. a., bei Robotaxis bei 25 % p. a.. Amerikanische Anbieter von Robotaxis wie Waymo und Cruise und in China wie DiDi, AutoX und Baidu waren die initialen Anwender von LIDAR Sensoren. Zwischenzeitlich hat sich der Markt gedreht und vor allem chinesische Pkw-Hersteller sind die größten Abnehmer von LIDAR Sensoren, während in Europa und den USA diese zunächst nur in der Oberklasse (Mercedes S-Klasse, BMW 7, Audi A8) zu finden sind.

 Tab. 1: LIDAR Markt weltweit für Automobil Anwendungen (Daten: Yole 7/23)

(Mio. US$)

2022

2025

2028

CAGR 22 - 28

LIDAR Total

317

1180

4,480

55 %

Pkw + Transporter

169

820

3,920

69 %

Robotaxi

147

290

560

25 %

Die französische Zulieferer Valeo war bis 2022 klarer Marktführer mit einem Marktanteil von 79 % in 2021, gestützt durch Kooperationen mit Audi, Honda und Mercedes. Dann kam der chinesische Hersteller Innovusion und lieferte 56.000 LIDAR Sensoren an den chinesischen E-Auto-Hersteller NIO (Abb. 3/4) und wurde damit 2022 Marktführer. Platz 3 übernahm Hesai, gefolgt von RoboSense auf Platz 4, die zwischenzeitlich mit der Massenproduktion für chinesische Automobilhersteller gestartet sind. Es ist zu erwarten, dass Hesai und RoboSense in diesem Jahr die beiden größten LIDAR Hersteller werden. Die französische Valeo hat nach einem Milliarden Auftrag für sein LIDAR Scala 3 eine gute Chance mitzuhalten.

Abb. 3: LIDAR Sensor von Innovusion Typ Falcon für den Nio ET7Abb. 3: LIDAR Sensor von Innovusion Typ Falcon für den Nio ET7

Abb. 4: LIDAR Marktanteil weltweit 2022 in %Abb. 4: LIDAR Marktanteil weltweit 2022 in %

Die LIDAR Technologie

Etwa 84 % aller LIDAR Sensoren benutzen eine Wellenlänge nahe Infrarot (NIR), d. h. 905/940 nm. Die verbleibenden ca. 16 % benutzen kurzwellige Infrarot Laser (SWIR).

Was die Bildgebungstechnologie betrifft, so dominiert hybrides Festkörper-LiDAR auf der Basis eines Drehspiegels mit etwa 70 % des für 2023 erwarteten Volumens, gefolgt von MEMS-basiertem Solid State LIDAR mit 30 %. In den nächsten zehn Jahren dürfte der Anteil von LIDAR auf der Grundlage eines Drehspiegels immer noch 56 % des Volumens betragen. Der MEMS-Anteil wird voraussichtlich auf 7 % sinken, abgelöst durch Flash-LiDAR sein, für das in den nächsten zehn Jahren 32 % des Volumens vorhergesagt wird.

Im SWIR-Bereich können nur zwei Arten von Komponenten verwendet werden: ein Faserlaser bei 1.550 nm und eine Avalanche-Photodiode (APD). Die Vorteile dieser Wellenlänge liegen in der Sicherheit für die Augen und in der Möglichkeit, einen größeren Erfassungsbereich zu haben, was jedoch seinen Preis hat. Die Leistungsaufnahme liegt bei etwa 30 W, während NIR-LiDAR eine Leistungsaufnahme zwischen 10 und 15 W hat.

Der Preiskrieg hat begonnen

In diesem Jahr werden etwa 600.000 Fahrzeuge mit LIDAR ausgestattet sein. Hersteller wie Valeo/Frankreich sowie die chinesischen Hersteller Innovusion, Hesai, RoboSense oder Huawei haben bereits die Serienproduktion von LiDAR-Systemen begonnen. Andere LiDAR-Systeme, wie die von Luminar oder Innoviz, befinden sich noch in der Entwicklungsphase. Doch der Markt gewinnt an Dynamik. Hochrechnungen gehen von 10 Mio. Stück LIDAR Sensoren bis 2030 aus.

Die französische Valeo startete 2018 mit ihrer Scala 1 der 1. Generation, gefolgt von Scala 2 in 2021. Mit der 3. Generation ist die Reichweite auf über 250 m gewachsen, aber gleichzeitig hat der Preiskrieg begonnen, wie aus Abbildung 5 ersichtlich ist.

Während initial LIDAR Preise bei 10.000 $ starteten, ist heute ein Preisniveau von 500 bis < 1.000 $ üblich. Der US-Hersteller Velodyne hat mit dem VLP-32 einen LIDAR Sensor von < 500 $ im Angebot.

Hoch- und vollautomatisiertes Fahren wird schon sehr bald Realität werden. Angetrieben durch niedrigere Produktionskosten und das Aufkommen neuer Technologien wird LIDAR zu einer Schlüsselkomponente für diese autonomen Fahrzeuge.

Abb. 5: LIDAR Roadmap 2018-2025; Bild: YoleAbb. 5: LIDAR Roadmap 2018-2025; Bild: Yole

Auf den Punkt gebracht

  1. Der Markt für ADAS soll sich laut Valeo von 15 Mrd. € auf 120 Mrd. € bis 2035 verachtfachen.
  2. Innerhalb der ADAS prognostiziert Yole ein Wachstum von LIDAR Sensoren von 317 Mio. $ auf 4,480 Mrd. $ bis 2028. Dies entspricht einem CAGR von 55 % p. a.
  3. Der bisherige Marktführer für LIDAR Systeme Valeo ist von einem Marktanteil 79 % weltweit in 2021 auf 24 % in 2022 durch massiven chinesischen Wettbewerb zurückgefallen. Die Pole Position musste Valeo an die chinesische Innovusion mit 28 % Marktanteil abgeben.
  4. Preise für LIDAR Systeme sind von knapp 1000 $ in den Bereich 500 $ gefallen. Low Cost Versionen für 200 $ sollen in der Entwicklung sein.

Bereits vor zwei Jahren (PLUS 9/2021) titelte ich meine Kolumne: ‚LIDAR, der Schlüssel zum automatisierten Fahren. Nehmen uns die chinesischen Hersteller die Butter vom Brot?' Mit dem jetzigen Ausstieg von Bosch und ZF aus der LIDAR Entwicklung ist dies leider traurige Wahrheit geworden.

Ein Argument auch ohne LIDAR automatisiert zu fahren ist Elon Musk mit TESLA, der sich vehement weigert, aus Kostengründen LIDAR einzusetzen. Die Ungereimtheiten und Unfälle sind hinreichend publiziert worden.

Eine Alternative ist das 4D-Radar, dass nicht nur Geschwindigkeit, Distanz und Horizontalwinkel (Azimut) erfasst, sondern auch die vertikalen Elemente. An Automobilherstellern geht dieser Trend nicht spurlos vorbei: Die S32R-Plattform von NXP ist bereits die Chip-Grundlage für Nio. SAIC verbaut den Full-Range-Radar von ZF in seinen Elektro-SUVs, während Fisker den Sensorik-Reigen des neuen Ocean um fünf 4D-Radare ergänzen will.

Die Ergebnisse beim automatisierten Fahren in den nächsten Jahren werden zeigen, ob Bosch und ZF eine zukunftsweisende Entscheidung beim Ausstieg aus der LIDAR Entwicklung gefällt haben. Die Alternative wäre ein weiterer Rückschlag für die deutsche Automobilindustrie im weltweiten Wettbewerb.

Bleiben Sie optimistisch, aber wachsam und kämpfen Sie gegen eine Planwirtschaft und für die Rückkehr zur sozialen Marktwirtschaft, die Basis unseren Wohlstandes ist.

Es grüßt Sie herzlich
Ihr
Hans-Joachim Friedrichkeit

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  • Ausgabe: 10
  • Jahr: 2023
  • Autoren: H. J. Friedrichkeit

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